Der Opernstar wurde ein Opfer der Nazis: Ottilie Metzger-Lattermann

Opfer der Nazis: Ottilie Metzger-Lattermann 

– Selbst der frühere Kaiser Willhelm II. konnte den Opernstar nicht retten – 

von Matthias Woehl

Ottilie Metzger-Lattermanns Gesang ist durch zahlreiche Schallplattenaufnahmen dokumentiert, darunter frühe Wagner-Aufnahmen. Ihre Opernkarriere zog sich über immerhin 25 Jahre hin. Neben den Auftritten in deutschen Theatern wurde sie mit internationalen Auftritten Anfang der 1920er Jahre auch in den USA bekannt.

Hörbeispiel: Ottilie Metzger-Lattermann mit ihrem zweiten Ehemann Theodor Lattermann in Siegfried


Am 15. Juli 1878 wurde sie in Frankfurt am Main als Ottilie Metzger geboren, besuchte zunächst in Frankfurt am Main und Oberursel die Schule. Ihre Gesangsausbildung erfuhr sie dann am Stern’schen Konservatorium in Berlin, eine der Star-Schmieden der damaligen Zeit. 1898 debütierte sie in Halle an der Saale, von 1900 bis 1903 war sie dann in Köln engagiert. 1903 wechselte sie nach Hamburg, 1915 bis 1921 wirkte sie in Dresden. Von 1901 bis 1912 trat sie regelmäßig in Bayreuth auf, und gastierte in Wien, Barcelona, St. Petersburg, Prag, Zürich, Budapest, Oslo, London, New York und Chicago.

Sie sang besonders ihr dramatisches Alt- und Mezzofach, viel Wagner, z.B. Adriano in Rienzi, Brangäne in Tristan und Isolde, Ortrud in Lohengrin, Magdalena in den Meistersingern, aber auch Magdalena im Evangelimann von Kienzl, Amneris in Aida, Carmen und später auch das Charakterfach mit Strauss’ Herodias in Salome oder Klytämnestra in Elekta.

Hörbeispiel: Ottilie Metzger-Lattermann singt "Oh schöne Jugendtage" aus Evangelimann


Sie wirkte außerdem in Uraufführungen wie der Oper „Bruder Lustig“ von Siegfried Wagner und Leo Blechs „Versiegelt“ als auch an Eugene d’Alberts „Izyel“ mit. Sie sang Carmen und Amneris an der Seite von Enrico Caruso. Als ihr Ehemann, der Bassbariton Theodor Lattermann, mit dem sie in zweiter Ehe verheiratet war, 1925 starb, beendete sie ihre Opernkarriere, trat aber noch in Liederabenden auf.

Parallel dazu begann sie zu unterrichten – übrigens auch am Sternschen Konservatorium in Berlin. Ihre letzten Konzerte sang sie unter Otto Klemperer und Bruno Walter in Berlin. 1939 verließ sie Deutschland, und versteckte sich bei ihrer Tochter in Brüssel. Dort unterrichtete sie am Königlichen Konservatorium (Conservatoire royal de musique de Bruxelles), das bis heute im historischen Gebäude mit dem schönen Konzertsaal in der Rue de la Régence seinen Sitz hat.

Hörbeispiel: Ottilie Metzger-Lattermann in Rienzi


Nach der Besetzung Belgiens durch deutsche Truppen 1940 bot auch dieses Land für eine Jüdin keinen Schutz mehr. Sie wurde in Brüssel auf offener Straße verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Der im niederländischen Exil lebende frühere deutsche Kaiser Wilhelm II. versuchte kurz vor seinem Tod noch, sie frei zu bekommen, aber das gelang nicht. Im Februar 1943 wurde Ottilie Metzger-Lattermann, einer der größten Opernstars ihrer Zeit, im Konzentrationslager ermordet.

Hörbeispiel: Ottilie Metzger-Lattermann singt die Weihnachtshyme





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