Opfer der Nazis: Leonore Schwarz-Neumaier

Opfer der Nazis: Leonore Schwarz-Neumaier 

Die Ausreise aus Deutschland gelang nicht mehr 

von Matthias Woehl

Die 1889 in Wien geborene Altistin Leonore Schwarz-Neumaier begann ihre Karriere 1912 in Graz. Nach Stationen in Nürnberg und Magdeburg wurde sie 1917 dann an der Oper in Frankfurt am Main engagiert. Dort sang sie alle Partien ihres Fachs: Hänsel, Prinz Orlowsky, Amneris, Carmen, Brangäne und viele mehr. 1921 beendete sie ihre Operkarriere nach der Hochzeit mit dem Kaufmann Otto Neumaier, gab aber weiterhin Konzerte. Nach 1935 trat sie nur noch bei Konzerten des Jüdischen Kulturbunds auf.


Die Familie plante nach der Pogromnacht ihre Emigration nach Amerika. Nachdem Otto Neumaier die Ausreise mit seinem Sohn gelang, verweigerte ihr der amerikanische Konsul das Visum. Das bekam sie später dann zwar, durfte aber nicht nach Portugal einreisen, und kam somit auf kein Schiff. Erhalten sind herzzerreißende Briefe von ihr an ihren Mann und ihren Sohn. Sie musste in Frankfurt dann ihre Wohnung verlassen, zog in ein kleines Zimmer, und versuchte mit einem Bankangestellten ihre mittlerweile auch finanziell missliche Lage zu klären. Da dieses Treffen privat in ihrer Wohnung stattfand, wurde er nach einer Denunziation von der Gestapo verhaftet. Um die Situation zu klären, dass er sie nur wegen ihrer Finanzen beraten wollte, ging sie zur Gestapo. Dort wurde sie selbst sofort verhaftet. Eine Freundin konnte ihr gerade noch einen kleinen Koffer bringen, dann wurde sie deportiert. 1942 wurde sie im Konzentrationslager Majdanek in Polen ermordet.


Von Leonore Schwarz-Neumaier erfuhr ich erst 2003 in einer Ausstellung im jüdischen Museum in Frankfurt. Dort gab es nicht nur einen liebevoll gestalteten Katalog, sondern es wurden auch Aufnahmen gespielt. Seit der Zeit versuche ich diese Aufnahmen zu bekommen. Jetzt ist es endlich so weit. 14 Jahre später kann ich endlich auch Leonore Schwarz-Neumaier vorspielen. Hier mit Kienzles „Oh schöne Jugendtage“ aus der Oper „Evangelimann“ und „Höre Gott mein Flehen“ von Antonin Dvorak. Ihre Geschichte ist neben der von Magda Spiegel sicher eine der berührendsten.



Weitere Folgen der Reihe finden Sie unter dem Schlagwort Opfer der Nazis


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