Opfer der Nazis: Die Opernsängerin Magda Spiegel wurde in Auschwitz ermordet

Opfer der Nazis: die Altistin Magda Spiegel 

– Der Star des Frankfurter Publikums wurde in Auschwitz ermordet – 

von Matthias Woehl

Am 3. November 1887 in Prag geboren, studierte Magda Spiegel bei der Sopranistin Betty Frank Gesang, und debütierte am Deutschen Theater (heute Staatsoper) in Prag mit 19 Jahren bereits als Amneris in „Aida“. Ihr erstes Engagement hatte sie in Mährisch-Ostrau und gleich darauf gelang ihr der Sprung in ein festes Engagement nach Düsseldorf. Dort war sie von 1910 bis 1917. Schon in Düsseldorf sang sie in 34 verschiedenen Partien ihres Faches, und auch bereist schon Brangäne, Azucena, Erda, Marthe, Adriano in Rienzi etc. Nach einem Gastspiel an der Wiener Hofoper kam sie 1917 als erste Altistin an die Oper Frankfurt am Main. Dort war sie gleichzeitig mit Leonore Schwarz-Neumaier (lesen Sie dazu den eigenen Beitrag über sie). Hier wurde Magda Spiegel zum Star. Sie galt als Altistin mit einem sicheren C. Sie war der Liebling des Publikums und sang eine beachtliche Anzahl von über 60 Partien. Da war wirklich alles dabei.

Hörbeispiel: Ulrica in „Un ballo in maschera“


Von Frankfurt aus gastierte Magda Spiegel in der ganzen Welt, blieb ihrem Stammhaus in Frankfurt aber immer treu. Mit der Machtübernahme der Nazis allerdings änderte sich für sie die Situation in Frankfurt. Als man die Theater dann von jüdischen Sängern zu „reinigen“ begann, versuchten der Intendant und die Stadtoberen an ihr festzuhalten (sie hatte die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft). Sie konvertierte erst zum Protestantentum, später dann sogar zum katholischen Glauben, Im Gegensatz zu allen anderen jüdischen Sängern bekam sie 1933 kein Auftrittsverbot. Sie verschwand allerdings aus den Rezensionen in der Presse, man kürzte ihr Gehalt, doch ihr Publikum blieb eine treue Anhängerschaft (darunter auch der Frankfurter Oberbürgermeister Krebs). 1934 wurde ihr dann doch gekündigt. Magda Spiegel erlitt einen Nervenzusammenbruch, versuchte mit allen Mitteln an anderen Theatern unterzukommen, doch das half alles nichts. 1935 sang sie zuletzt in Frankfurt die Ortrud in Wagners „Lohengrin“ und verabschiedete sich von ihrem Publikum, das sie frenetisch gefeiert haben soll.

Da sie ja nichts anderes arbeiten durfte, beantragte sie mit 48 Jahren ihre Rente. Danach wurde es aber noch schlimmer. Sie musste aus ihrer Wohnung ausziehen, da das Haus ebenfalls „arisch“ bewohnt werden sollte, man setzte ihre Ersparnisse fest, sie konnte also nicht mal mehr über ihr Geld verfügen. Sie versuchte ihre Kontakte zu Stadtoberen spielen zu lassen, aber nichts half.

Hörbeispiel: „Ozean Du Ungeheuer“


Man lockte sie mit dem Angebot sich im „Judenparadies“ Theresienstadt mit ihren Ersparnissen um einen Alterswohnsitz einzukaufen. Inzwischen hatte der Frankfurter Oberbürgermeister Krebs ihre Ausreise organisiert. Doch es war zu spät. Magda Spiegel wurde zusammen mit ihrem Lebenspartner am 1. Oktober 1942 nach Theresienstadt gebracht, im festen Glauben, dort wieder ein annähernd „normales“ Leben führen zu können. Die Ankunft in Theresienstadt muß ein Schock gewesen sein. Dort war sie ihren Mitgefangenen eine Stütze und eine Quelle der Hoffnung, so wird berichtet. Als dann 1944 das Lager aufgelöst wurde, wurde sie am 19. Oktober 1944 ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Dort wurde sie in der Gaskammer des Krematoriums 3 wohl direkt nach der Ankunft ermordet.

Im Foyer der Oper Frankfurt erinnert eine Büste an sie. Vor ihrer Wohnung in der Holzhausenstraße 16 in Frankfurt wie der Hamburgischen Staatsoper liegen „Stolpersteine“. Außerdem gibt es einen Magda-Spiegel-Weg im Frankfurter Stadtteil Kalbach-Riedberg.

Hörbeispiel: Erda in „Das Rheingold“: Weiche Wotan weiche


Hörbeispiel: Fidès in „Le prophète“



Weitere Folgen der Reihe finden Sie unter dem Schlagwort Opfer der Nazis


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