Eine andere Komische Oper: 1905 eröffnete Hans Gregor in Berlin sein privates Opernhaus an der Friedrichstraße
Der „Schornstein“
– Sein Theater hatte sich Operndirektor Hans Gregor anders vorgestellt –
von Klaus J. Loderer
Die Komische Oper Berlin ist heute als Theater in der Behrensstraße bekannt. Den Namen Komische Oper trug früher aber schon ein anderes Opernhaus. Dieses Theater ist heute weitgehend vergessen. Die Geschichte dieses Theaters an der Friedrichstraße ist aber durchaus interessant und eng mit dem Namen Hans Gregor bekannt, der vor allem als Direktor des k.u.k. Hofopernhauses in Wien (heute Staatsoper) zwischen Gustav Mahler und Richard Strauss bekannt ist. Musikhistoriker rümpfen über ihn zwar gerne die Nase, aber das ist nicht gerechtfertigt.
Hans Gregor plant ein Opernhaus
Bis zur Eröffnung des Deutschen Opernhauses in Charlottenburg, der späteren Deutschen Oper, dominierte den Opernbereich in Berlin vor allem das königliche Opernhaus unter den Linden. Das war renommiert, in den Darbietungen durchaus konservativ-verstaubt und bot Opernstars, hatte aber einen relativ kleinen Zuschauerraum. Immer wieder versuchten sich auch private Theater mit Opernaufführungen – wie das Theater des Westens. Aber kein privates Theater schaffte es einen dauerhaften Opernbetrieb zu etablieren. Anders war es mit Operetten. Dieses Genre pflegten mehrere Berliner Theater sehr erfolgreich. So war es durchaus ein gewisses Abenteuer, als Hans Gregor Anfang des 20. Jahrhunderts auf die Idee kam, in Berlin mit einem privaten Opernhaus eine Alternative zur Hofoper zu bieten. Ihm schwebte ein Haus für anspruchsvoll inszeniertes Musikdrama mit durchdachten Inszenierungen und neuen Bühnenbildern vor. Der Schauspieler und Regisseur Hans Gregor (1866-1945) wurde 1896 Direktor des Stadttheaters Görlitz und 1898 der vereinigten Bühnen Elberfeld und Barmen (heute Wuppertal). Von 1911 bis 1918 war er als Nachfolger Gustav Mahlers Direktor der k.u.k. Hofoper in Wien.
Die Komische Oper Berlin hieß in den 1940er-Jahren Künstlertheater bzw. Lustspieltheater
Foto: Max Missmann, Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin |
Für sein Berliner Opernhaus wollte Hans Gregor eine zentrale Lage. In der Friedrichstraße gab es an der Weidendammer Brücke nahe dem Bahnhof Friedrichstraße noch ein unbebautes Eckgrundstück. Das Stadtviertel war stark verdichtet, sehr belebt und hatte sich als Einkaufs- und Ausgehviertel etabliert. Die Weidendammer Brücke ist übrigens Schauplatz von Erich Kästners Geschichte „Pünktchen und Anton“. Schräg gegenüber stand schon das Neue Theater am Schiffbauerdamm. Später entstand ein paar Häuser weiter der Admiralspalast. Auch das Deutsche Theater und das Metropoltheater in der Behrensstraße waren nicht weit entfernt.
Am 14. Juni 1904 ging bei der Baubehörde ein Baugesuch ein für ein Opernhaus auf dem unbebauten Grundstück Friedrichstraße 104, das dem Bauunternehmer Louis Lachmann gehörte. Am 27. Juli 1904 schloss Hans Gregor mit Lachmann einen Kaufvertrag ab. Die Baufirma Lachmann & Zauber sollte den Bau als Generalunternehmer durchführen und das Opernhaus schlüsselfertig an Gregor übergeben. Um die geforderten zwei Millionen Mark aufzubringen, dachte sich Gregor ein kompliziertes Finanzierungskonzept aus, indem er das Opernhaus an eine Betriebsgesellschaft verpachtete, die dann ihn als Geschäftsführer und Direktor einsetzte. Louis Lachmann und seinen Sohn Jacques Lachmann band er als in die Betriebsgesellschaft Komische Oper GmbH mit ein. Die Gesellschafter brachten 600000 Mark zusammen. Letztlich bildeten aber Hypotheken von mehr als zwei Millionen Mark die Basis des Finanzkonzepts.
Ein weiteres Problem war die für ein Opernhaus geringe Größe des Grundstücks mit nur 1343 Quadratmetern, die fast vollständig überbaut werden mussten. Zum Vergleich: das ungefähr zeitgleich errichtete Schillertheater besaß eine Grundfläche von mehr als 4000 Quadratmetern. Ging es bei dessen Zuschauerraum als Reformtheater um eine Weiterentwicklung des Bayreuther Festspielhauses bzw. des Prinzregententheaters in München, konnte auf dem kleinen Grundstück in der Friedrichstraße nur ein Zuschauerraum mit mehreren Rängen in Frage kommen, um die geforderte Zahl von mehr als tausend Sitzplätzen unterzubringen. Wegen der geringen Tiefe des Grundstücks musste auf eine Hinterbühne verzichtet und der Zuschauerraum eher breit als tief werden. Gregor träumte von einem intimen Zuschauerraum, es musste aus Renditegründen aber einer mit großer Kapazität werden.
Hans Gregor, Direktor der Komischen Oper Berliner Leben, 1907, 3 |
Lachmann & Zauber und Arthur Biberfeld planen die Komische Oper
Vom November 1904 datiert ein neues Baugesuch mit dem ausgeführten Entwurf. Im Dezember 1904 begannen die Bauarbeiten. Geplant war eine Fertigstellung des Theaters bis zum 1. September 1905. Diese verzögerte sich allerdings um mehr als zwei Monate bis Mitte November. Trotzdem ist die Bauzeit von elf Monaten beachtlich. Planung und Ausführung lagen in den Händen des Baugeschäfts Lachmann & Zauber mit Sitz in der Weinmeisterstr. 9. Inhaber waren der Baumeister Louis Lachmann (1860-1910), der Sohn Jacques Lachmann und der Maurermeister Carl Zauber. Die Baufirma errichtete z.B. 1899/1900 das Kaufhaus Tietz in der Leipziger Straße, 1901 das Haus Neumann in der Manetstr. 82, 1903/1904 das Warenhaus Jandorf in der Brunnenstraße, 1905 eine Schwankhalle für die Berliner Bock-Brauerei, 1908/1909 die Villa des Fabrikanten Siegfried Salomon in der Teutonenstraße 15, 1910 das Bioskop-Kino in der Wilmersdorfer Straße (später Germania-Palast). Das Familienmausoleum Katz-Lachmann auf dem jüdischen Friedhof Weißensee ist erhalten.
Außerdem war der Architekt Arthur Biberfeld (1874–1959) beteiligt. Über seine Rolle an der Planung scheint es zur Zeit der Eröffnung zu Unstimmigkeiten gekommen zu sein. Jedenfalls veröffentlichte die Vossische Zeitung am 17. November 1905 eine von ihm gewünschte Korrektur, in der es u.a. heißt: „Richtig ist vielmehr, daß ich mich nur dagegen verwahrt habe, daß ich unter einem ganzen Haufen von Mitarbeitern versteckt werde, während ich doch die ganze Architektur der Komischen Oper entworfen habe.“ Damit meinte Biberfeld die von ihm entworfene Fassade. Die innere Konzeption stammte wohl von der Baufirma. Ob Biberfeld an der Gestaltung des Zuschauerraums beteiligt war, bleibt unklar. Weitere Werke Biberfelds waren 1912 die Umgestaltung einer Ausstellungshalle zum Cines-Kino am Zoo, das 1919 zum Ufa-Palast erweitert wurde und 1923 eine Villa in Heringsdorf. Erfahrungen mit Theatergebäuden und deren besonderen Anforderungen wie Sichtverhältnissen und Akustik scheinen weder Lachmann & Zauber noch Biberfeld gehabt zu haben.
Modell des Zuschauerraums der geplanten Komischen Oper Berliner Leben 1905, 4 |
Barocker Fassadenschwung
„Das [...] Haus der Komischen Oper schließt sich den modernen Berliner Monumentalbauten würdig an“ – findet man als kurze Charakterisierung im Neuen Theater-Almanach von 1907, der die Eröffnung des neuen Opernhauses in der Chronik ausführlich behandelt. Zwischen den sehr kleinteilig angelegten Neorenaissancefassaden der umgebenden Häuser fiel die neue Komische Oper durch ihre große Geste einer leicht vorschwingenden und oben in einem breiten Giebel endenden Fassade auf. Auch an den Ecken ging die Fassade der Friedrichstraße in Schwüngen in die Seitenfassaden über. Und auch das ungewöhnlich hohe Dach interpretierte das Mansarddach in einer geschwungenen Version. Um die Fassade nicht so kleinteilig erscheinen zu lassen, waren die Fenster des ersten und zweiten Stock zusammengefasst, die Fenster des dritten Stock zu Mezzaninfenstern degradiert und so in barocker Tradition durch eine Kolossalordnung der Pilaster zusammengefasst.
E. Carlotta fand diese Fassadengestaltung in seiner Architekturkritik in der Vossischen Zeitung (19. November 1905) löblich: „Man muß erstaunt sein darüber, mit welchem Geschick die Architekten und Baumeister der „Komischen Oper“, […] die naheliegende Versuchung umgangen haben, einem in den Dienst der Euterpe zu stellenden Gebäude auch äußerlich durch prunkvolle Fassaden-Ornamentik den Charakter dieser Kunst lautrednerisch aufzuprägen. Dadurch, daß dies durch eine Anzahl von Flachreliefs geschah, welche fast mit dem Gemäuer verschmolzen sind und mehr dazu dienen, die strenge Einfachheit in der Durchbildung der Fassade zu unterbrechen, haben sie der Goethe’schen Charakteristik des Meisters genug getan, ohne in den Fehler reizloser Nüchternheit zu verfallen.“
Zum Stil schreibt Carlotta: „Die Architektur des Gebäudes ist ein moderner Barockstil.“ Es war eben kein orthodoxer Neobarock, den Biberfeld verwandte, sondern eine im Geist des Jugendstils entwickelte Fassade. Es war der französische Art Nouveau, bei dem sich Biberfeld inspiriert hat. Das ist in Berlin einerseits erstaunlich, da man mit französischer Kunst dort damals ein gewisses Problem hatte, andererseits war gerade die Pariser Opéra-Comique namensgebendes Vorbild des neuen Opernhauses. Überragt wurde der Bau vom in mehreren Kurven geschweiften Giebel des Bühnenhauses, der von der Friedrichstraße aber nicht sichtbar war und erst beim Blick vom gegenüberliegenden Schiffbauerdamm hinter dem Hauptdach zu erkennen war. Auch in der Berliner Architekturwelt findet man eine Beschreibung der Fassade: „Die Architektur im Barockcharakter war zunächst durch die geschwungene Linie des Grundrisses angedeutet. Dieses Grundmotiv ist durch breite Bänder an Unterbau und Dachfirst, dann durch die Zargen der Fenster bis zum starkgeschwungenen Giebel derart beibehalten, daß die ganze Architektur in gewisser Beziehung in Schwingung gerät. Die in sich arbeitenden Linien sind nur eine Verkleidung des Eisengerippes. Im allgemeinen lag es nahe im Bau einer „Komischen Oper“ auch in der Architektur der Komik gerecht zu werden. Dass vielfach geschwungene Linienwerk erfährt eine novellistische Verdeutlichung. Pegasus zieht den Thespiskarren über eine Bodenerhöhung die durch eine Fensterwölbung verkörpert wird. Kleinere Plaketten stellen einzelne Momente aus der Musikgeschichte dar: ein Hirt, der eine Panpfeife bläst, Orpheus dem Hades zueilend, die heilige Cäcilia an der Orgel, das Menuett des Rokoko, die Kammermusik der Biedermeierzeit mit Harfe und Cello. Die Flächen kontrastieren in verschiedener Materialbehandlung, auch in der plastischen Durchbildung ist der Kontrast den ruhigen Flächen gegenüber rein gedanklich festgehalten. In den großen Fenstern ist nach außenhin die Trennung zwischen Parkett und erstem Rang durch kupferne Brüstungen betont. Eine besondere Bedeutung beansprucht die Füllung des Giebels mit Genien des Gesanges, des Saitenspiels, des Tanzes und einem großen Lyramotiv, eine Komposition, die in auseinander gezogener Symmetrie den Giebel belebt, ohne die Vorstellung einer Stütze zu erwecken.“ (Berliner Architekturwelt; VIII. 1905/1906, 11, S. 406f). Diese Relief entwarf der Hofbildhauer Albert Kretzschmar, von dem auch die bildhauerischen Arbeiten am Geschäftshaus Graumann und Stern in der Mohrenstraße stammten.
Komische Oper Friedrichstr. 104 in Berlin: Grundriss erster Stock (Parkettebene)
Lichtpause um 1940, Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin |
Die innere Struktur
Im Inneren der Komischen Oper musste aus Platzgründen die Organisation der Räume in die Höhe erfolgen. Fünf Portale führten an der Seite der Friedrichstraße in die große Eingangs- und Garderobenhalle, die auch als Foyer diente. An den beiden Seitenfronten waren die Treppen in die Obergeschosse angeordnet. Die Treppen für den zweiten und dritten Rang waren ineinandergeschachtelt. Die Treppenhäuser waren aus Brandschutzgründen massiv ausgeführt, ansonsten war die innere Konstruktion aus einem von der Firma Steffen & Nölle gelieferten Stahlskelett. Die Berliner Architekturwelt schreibt dazu: „Das Theater faßt 1230 Sitzplätze, ferner ein Orchester für 60 Musiker mit Stimm- und Garderobenzimmer, eine ausreichend geräumige Bühne mit seitlicher Hinterbühne, 25 Ankleideräume für Sänger und Sängerinnen, die notwendigen Probesäle und den Raum für Requisiten, Prospekte usw. Sechzehn Treppenhäuser vermitteln den Zugang nach oben, und 6 von obigen vollständig getrennte Kellertreppen den Zugang nach dem Untererdgeschoß Von ersteren dienen dem Publikum 8 Treppen, den Künstlern 6, den Bühnenarbeitern 2. Außer dem Theater enthält das Gebäude noch zwei Eckläden. […] Die Hauptfassade ist nach der Friedrichstraße gelegen, wohin sich fünf Eingänge für Fußgänger öffnen; dem Wagenverkehr dienen die nach dem Weidendamm und der Privatstraße liegenden Seitenfronten, wo sich auch die Ein- und Ausgänge befinden, welche zu den einzelnen Rängen, sowie zu den Garderoben der Künstler und dem Bühnenhause führen. Eine unterhalb der Bühne gelegene Durchfahrt verbindet Weidendamm und Privatstraße, sodaß man frei das ganze Gebäude umfahren kann. Das gesamte Erdgeschoß dient dem Verkehr des Publikums, welcher sich im großen Vestibül zentralisiert. Dort befinden sich auch die Kassen, ein kleinerer Erfrischungsraum und die Garderobe für das Parkett.“
Komische Oper Friedrichstr. 104 in Berlin: Schnitt durch das Gebäude
Lichtpause um 1940, Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin |
Der Zuschauerraum mit drei Rängen
Der Zuschauerraum befand sich über der Eingangshalle. U-förmig legten sich Umgänge um den Zuschauerraum. Damals war es normalerweise üblich, daß sich auf Höhe des ersten Rangs ein Foyer an der Hauptfassade befand. Das war hier durch das kleine Grundstück nicht möglich. So sind hinter den Fenstern der Fassade nur die Umgänge um den Zuschauerraum. Das Parkett hat eine Tiefe von 15 Stuhlreihen. Der erste Rang kragt so weit vor, dass davon sechs Reihen unter dem Rang liegen. Durch die geringe Entfernung zur Bühne sind die Sitzreihen in den Rängen sehr steil angeordnet, was zu einer großen Höhe des Zuschauerraums führte. Hans Gregor beim Anblick des fertigen Zuschauerraums ziemlich erschrocken sein. „Schornstein“ nannte er den Raum verächtlich. Die Sichtverhältnisse von den seitlichen Rangplätzen waren vermutlich katastrophal. Ob die positive Beschreibung im Neuen Theater-Almanach von 1907 bewusst beschönigend verfasst ist, sei einmal dahingestellt: „Von jedem der 1250 Sitzplätze kann der Zuschauer dank der eigenartigen Kurve, die die Ränge bilden, die Bühne vollkommen übersehen.“
Die Berliner Architekturwelt beschreibt: „Der Zuschauerraum mit tiefliegendem Orchester hat im Parkett 15 Reihen mit 464 Sitzen, welche ein freier Mittelgang trennt. Der erste Rang weist außer den Proszeniumslogen 6 Seitenlogen, 4 Reihen mit Balkonplätzen, 16 nach hinten gelegene Balkonlogen, im ganzen 280 Plätze auf; in seinem breiten, geräumigen Couloir haben Garderoben und hat auch ein Büfett Platz gefunden. Die übrigen beiden Ränge enthalten je 255 Plätze; die Ansteigung ihrer hintereinander gelegenen Reihen ist eine sehr hohe, damit von jedem Platze aus die Bühne möglichst voll zu übersehen ist. Auch in diesen oberen Rängen sind Garderoben und Büfetts in die Wandelgänge plaziert, die sich auf beiden Seiten bis zu 8 m Breite erweitern. Um akustischen Zwecken zu dienen, wurden Proszeniums- und Zuschauerraumdecken parabelförmig zugewölbt. Jeder glatte Putz ist vermieden; die Wände des gesamten Zuschauerraums sind mit Stoff bespannt.“
Sitzplan der Komischen Oper Berlin: Sitzplan
Berliner Adressbuch 1907 |
Auf dem Eisernen Vorhang war ein Ziergitter aufgemalt. Einige Angaben zur Farbgestaltung des Zuschauerraums sind überliefert. Der Saal hatte weißen Stuck mit Bronzeverzierungen. Die Wandbespannung war in mattem Gelb, der Vorhang in Altgold gehalten. Die Angaben über die Stuhlpolster differieren zwischen orange und grün. Ein Relief an der Decke stellte die Geburt der Venus dar. Der Künstler adaptierte dazu Gemäldevorlagen von Arnold Böcklin. Durch den Zeitdruck der verspäteten Fertigstellung unterliefen wohl bei der Gestaltung der Decke ein paar Fehler. Die Berliner Architekturwelt gibt Hinweise: „Im Innern sind an der Decke verschiedene „Druckfehler“ mit unterlaufen, die bei zweifacher Abrüstung hätten vermieden werden können, wie denn überhaupt aus finanziellen Gründen manches mit in Kauf genommen werden mußte.“
Die Komische Oper kam nicht überall gut weg. Durch die Enge der Räume sprach der Kritiker der Architekturzeitschrift Der Profanbau von einer „Mausefallenarchitektur“, der auch das Fehlen eines richtigen Foyers beklagte. Dagegen schwärmte der Kritiker der Vossischen Zeitung: „Zum Schluß darf nicht unerwähnt bleiben, daß der Komischen Oper eine mit originellem, künstlerischem Geschick eingerichtete „Opera-Bar“ und ein opulentes Theater-Restaurant angegliedert worden ist, für deren Einrichtung die Berndorfer Metallwaren-Fabrik Arthur Krupp die gesamte Silberausstattung geliefert hat. Vom Inhaber beider Betriebe, Herrn Albert Reinhardt, der auf eine ersprießliche gastronomische Tätigkeit zurückblicken kann, darf eine korrekte Erfüllung aller Ansprüche des Publikums und eine vorzügliche Bewirtung mit voller Sicherheit erwartet werden.“
Die Weidendammbrücke und die Komische Oper Berliner Leben, 1907, 10 |
Grundwasser und Brandschutz
Ausführlich geht die Berliner Architekturwelt auf technische Details ein: „Als besonders schwierig erwies sich die Fundamentierung des Baues. Auf dem gesamten Grundstück mußte das Grundwasser noch um 5 m tiefer als die Sohle der vorbeifließenden Spree ausgepumpt werden, um den untauglichen Baugrund beseitigen und das Fundament errichten zu können. Um möglichst viel Raum zu sparen, wurden die massiven Mauern durch Eisenkonstruktionen verstärkt und die tragenden Pfeiler durch eiserne Stützen ersetzt; auch die Ränge, obgleich sie bis 8 m ausladen, sind vollständig freie Balkenkonstruktionen ohne irgend welche Stützen.
Die Beheizung des Zuschauerraums erfolgt durch Öffnungen in der Decke, denen vermittelst regulierbaren Drucks die erwärmte Luft entströmt; entwertete kalte Luft wird durch Öffnungen unter den einzelnen Rängen abgeführt. Die herabströmende Luftrichtung, verhindert bei einem etwaigen Brande auf der Bühne das Aufsteigen der Rauchgase nach den Rängen, eine Gefahr, welche übrigens durch eine in der Mitte der Prosceniumsdecke angebrachte Riesenöffnung, durch welche aufsteigende Gase unmittelbar ins Freie befördert werden, fast vollständig beseitigt ist. Im Falle eines Brandes wird die dünne Schnur, welche diese Klappen schließt, durch das Feuer zerstört, welches so das Öffnen der Klappen und gleichzeitig den automatischen Schluß aller anderen Abzugsöffnungen in der Decke des Zuschauerraumes bewirkt, sodaß die Rauchgase auch auf die im III. Rang befindlichen Zuschauer nicht zuströmen können.
Zwei Feuermelder, der eine zur Benutzung für das Publikum im Hauptvestibül, der andere für die Künstler im Bühnenhause angebracht, stehen mit der nächsten Feuerwache in direkter Verbindung, während im Theater selbst durch 13 elektrische Feuersignalknöpfe die Meldung irgend welcher Gefahr vollzogen werden kann. 150 Notlampen im Falle des völligen Versagens aller elektrischen Flammen, die bekannte Regenvorrichtung, welche die Bühne unter Wasser setzt, eine Anzahl Hydranten zum Anschluß von Schläuchen usw. bilden einen Sicherheitsapparat, für dessen tadelloses Funktionieren jede nur erdenkliche Vorsorge getroffen ist. Das Dach des Bühnenhauses ist derartig konstruiert, daß es leicht auseinandergleitet, und so bei einem Bühnenbrande der Abzu des Feuers direkt in die freie Luft ermöglicht ist; außerdem ist aber dadurch, daß sämtliche, um den Zuschauerraum führenden, mit Fenstern versehenen Gänge direkt an der Straße liegen, dem Publikum bei Feuersgefahr eine Möglichkeit geboten, die von außen nahende Hilfe in Ruhe abzuwarten, und damit die Gefahr einer Panik vollständig beseitigt.
Die Proszeniums-Öffnung ist 9,20 m breit und 8,80 m hoch. Die Bühne hat eine Breite von 17 m bei einer Tiefe von 12 m und einer Höhe von 40 m vom Bühnenkeller bis zum Giebel. Es sind 3 Arbeitsgalerien, 1 Schnürboden, 3 Unterbühnen vorhanden mit 5 elektrisch angetriebenen Versenkungen. Die Bühnenmaschinerie erhielt alle Einrichtungen, die eine neuzeitliche Opernbühne braucht. Die Beleuchtung der Bühne ist elektrisch im Vierfarbensystem. […] Zu den technischen Mitarbeitern zählen Herr Ingenieur Kuhn, sowie die Bühnentechniker Herren Direktor Brandt, Carl Beuster und Carl Schmitt, ferner die Architekten Herren Clemens und Dommisch. Die Bildhauerarbeit ist von Herrn Bildhauer Kretzschmar ausgeführt worden, das Heizprojekt hat Herr Dr. Marx bearbeitet.“ Ergänzend kann man noch erwähnen, dass die Ornamentverglasung der Fenster von der Firma J. Salomonis stammte. Die Drehbühne stammte von der Firma Fr. Gebauer, die Heizungs- und Ventilationsanlage von Joseph Funk.
Finale erster Akt „Tosca“ an der Komischen Oper Berlin Berliner Leben, 1907, 2 |
Eröffnung mit „Hoffmanns Erzählungen“
Das Programm der neuen Komischen Oper stellte der Neue Theater-Almanach von 1907: „Die Berliner Komische Oper gedenkt wie die Pariser „Opéra-Comique“ Musikdramen aller Art zur Aufführung zu bringen und selbst mit der Königlichen Oper in Konkurrenz zu treten, insoweit gewisse Werke, deren Eigentum der Kgl. Oper bis vor kurzem gesichert war, frei geworden sind. Richard Wagner wird nicht vertreten sein, es wird vielmehr das Bestreben vorwalten, Werke anderer, leichterer Stilarten, die in den letzten Jahren zurückgedrängt waren, dem Publikum vorzuführen.“
Mitte November stand die Eröffnung der Komischen Oper an. Die Vossische Zeitung kündigte am Montag 13. November 1905 an: „Die Eröffnung der Komischen Oper findet, wenn nicht noch unerwartete Hindernisse eintreten, Sonnabend, den 18. d. M., mit „Hoffmanns Erzählungen“ statt. Am Freitag Abend wird eine nichtöffentliche Vorstellung (Generalprobe) vor nur geladenem Publikum vorangehen. In den Hauptpartien sind an beiden Abenden beschäftigt: die Damen Harriet Behnée, Hedwig Kauffmann-Franzillo, Hedwig Weingarten, sowie die Herren Theodor Bertram, Stephan Delwary, Ludwig Mantler, Jean Radolowitsch, Hans Thomaschek.“
Die erste Vorstellung vor Publikum war die sog. Generalprobe am Freitag 17. November. Die Premiere von „Hoffmanns Erzählungen“ war am 18. November 1905. Oberregisseur war Maximilian Moris. Kapellmeister waren Hugo Kienzler, Fritz Cassirer, Franz Rumpel und Egisto Tango. Franz Frenzel war Chordirektor. Das Ensemble bestand aus 19 Sängern und 15 Sängerinnen. Das Ballett bestand aus 25 Schülerinnen der Ballettschule. Das Orchester hatte 60 Mitglieder. Der Chor hatte 23 Herren und 22 Damen. Bereits 1906 gab es Veränderungen am Gebäude. Im ersten Rang wurden die Seitenlogen und Damentoiletten umgebaut.
Operntitel waren „Mademoiselle de Belle Isle“, „Iris“, „Veilchenfest“, „Etoile“, „Toreador“, „Auferstehung“, „Der polnische Jude“, „Veilchenfest“, „Tal der Liebe“, „Zigeunerliebe“, „Robinsons Ende“, „Abbé Mouret“, „Das vergessene Ich“. Und es liefen populäre Opern wie „Der Wildschütz“. Mit zeitgenössischen Opern bekam die Komische Oper schon bald ein eigenes Profil. Am 21. Februar 1907 kam es zu einer Uraufführung von „Romeo und Julia auf dem Dorfe“ von Frederick Delius. Am 21. März 1907 war die erste szenische Aufführung von Berlioz’ „Fausts Verdammnis“. In diesem Jahr wurde Gregor auch alleiniger Eigentümer der Betriebsgesellschaft des Opernhauses. Zwar war die Komische Oper ein künstlerischer Erfolg, aber nicht unbedingt ein finanzieller. Die Theaterlandschaft Berlins veränderte sich im Laufe der Jahre. Neue Operntheater kamen dazu: die Kurfürsten-Oper, 1908 die Berliner Volksoper, 1912 das Deutsche Opernhaus.
1911 verließ Hans Gregor die Komische Oper, um die Direktion des k.u.k. Hofoper in Wien anzutreten. Er blieb aber weiterhin Eigentümer der Komischen Oper. Die Leitung übernahm für kurze Zeit die Sängerin Aurelie Révy-Chapman (1879–1957). In dieser Zeit wurde „Sibirien“ von Umberto Giordano und „Adrienne Lecouvreur“, „Der Vampyr“ und „Nordstern“ gespielt.
„Romeo und Julia auf dem Dorfe“ von Frederic Delius an der Komischen Oper Berliner Leben, 1907, 3 |
Deutsches Schauspielhaus eröffnet mit „Egmont“
Mit dem Direktor Adolf Lantz (1882-1949) wechselte die Ausrichtung auf Schauspiel. Am 31. August 1912 wurde das Theater als Deutsches Schauspielhaus wiedereröffnet. Die Eröffnungsvorstellung war Goethes „Egmont“, zu dem die Berliner Philharmoniker unter der Leitung seines neuen Dirigenten Camillo Hildebrand Beethovens Schauspielmusik spielten. Es war der erste derartige Auftritt des Orchesters. Im Herbst 1912 und im anschließenden Winter wurde „Egmont“ mit großem Erfolg gespielt, Adolf Lantz, der später als Autor zahlreicher Filmdrehbücher bekannt wurde, führte die Regie, das Bühnenbild stammte von Alfred Roller. Es spielten mit: Helene Fehdmer, Paula Somary, Friedrich Kayßler, Hermann Nissen, Alfred Abel, Ludwig Hartau, Alexander Ebert, Oskar Grotesk, Richard Leopold und Guido Herzfeld. Der Schwerpunkt des Deutschen Schauspielhauses scheint auf Klassikern gelegen zu haben.
„Egmont“, Skizze von Alfred Roller für die erste Szene Der Welt-Spiegel, 70 (1912) |
Theater an der Weidendammer Brücke
Ab 1914 war der Name Theater an der Weidendammer Brücke. Im März 1914 trat die französische Tänzerin Adorée Villany auf, die 1905 durch ihren von Oscar Wildes Stück „Salomé“ inspirierten „Tanz der sieben Schleier“ bekannt wurde. Wegen ihrer Freizügigkeit wurden immer wieder Gerichtsverfahren wegen unmoralischen Verhaltens gegen sie eingeleitet. Im April 1914 lief das Theaterstück „Der müde Theodor“ von Max Neal und Max Ferner (heute noch bekannt durch den Film mit Heinz Erhardt). Zu Beginn des Ersten Weltkriegs liefen im Theater Stücke wie „Vater zieht ins Feld“, „Regimentsbefehl“ und „Anfang gut – alles gut!“
Operetten
1915 wurde die Komische Oper nach einem Umbau unter der Direktion von Gustav Charlé als Operettentheater wiedereröffnet. Die Anzahl der Sitzplätze war inzwischen auf 1100 reduziert. Das Orchester bestand nur noch aus 31 Musikern. Im Herbst 1915 lief „Jung muss man sein“ von Jean Gilbert. Am 25. August 1917 fand die Uraufführung von „Schwarzwaldmädel“ von Leon Jessel statt. Auch sein musikalisches Lustspiel „Wer zuletzt lacht“ soll in der Komischen Oper uraufgeführt worden sein. Hans Gregor blieb bis Anfang der 1920er-Jahre Eigentümer des Gebäudes.
Große Revuen mit nackter Haut unter James Klein
Das Bühnenjahrbuch 1922 nennt als Eigentümer und Direktor James Klein, der auch Direktor des Apollo-Theaters war. Er begann seine erste Spielzeit Ende September 1921 mit einer großen Ausstattungsrevue. Die Berliner Börsenzeitung kündigte an: „Direktor Klein hat u.a. Franz Groß vom Theater des Westens, Lotte Werkmeister und Paul Westermeier sowie die bekannte Filmschauspielerin Sascha Gera verpflichtet. Neu für Berlin ist der italienische Tenor Martini von der Budapester Oper.“ (Berliner Börsenzeitung 5.8.1921)
Eine Operettenuraufführung war am 15. April 1924 „Die tanzende Prinzessin“ von Walter Kollo. Bekannt wurde James Klein aber durch die großen Revue-Produktionen. Diese wurden schon in den Zeitungsanzeigen als großartig angekündigt. So las man im Frühjahr 1923: „Die große Revue Europa spricht davon übertrifft an Pracht selbst die Revuen in Paris und London“. 1923/1924 kündigte die Komische Oper „Die Welt ohne Schleier“ als „die größte Revue des Kontinents“ an. „Die gewaltigste und größte Revue aller Zeiten“ war im Frühjahr 1925 die reißerische Werbung für „Das hat die Welt noch nicht geseh’n“ – mit dem Hugo-Hirsch-Schlager „Was guckst Du mir denn immer in die Bluse?“. Mit Erotik und nackter Haut lockten Revuen. Berühmt waren die Show-Girls der Komischen Oper. Diese Programme waren nun eher Folies-Bergère als Opéra-Comique. Eine Besonderheit dieser Revuen war aber neben aufwändigen Bühnenbildern, Ausstattungen und Choreographien, dass sie als „Revue-Stück“ einen Handlungsfaden besaßen. Entsprechend waren die Solonummern, Duette und Tableaux zusammengebunden. In der Revue „Zieh’ Dich aus“, in der übrigens Hans Albers als Baron Felix mitspielte, geht es um einen Fürsten Nebukadnezar LXXXIII. von Pleitanien, der mit einem ungewöhnlichen Wettbewerb die Population seines Landes vermehren möchte. Für „Berlin, Du Stadt der schönen Frauen“ schrieb James Klein die Musik, die Texte schrieb von Fritz Rotter (dem Autor bekannter Schlager wie „Veronika, der Lenz ist da“). Von den üblichen Namen stechen im im Deutschen Bühnen-Jahrbuch von 1925 die Namen der Ballettsolisten ab: Casanova, Fosca-Fosca, Juli et Fernau, Maud et Harry. Beachtlich war demnach auch das Ballett: „Deutsches Ballett: 70 Damen. Französisches Ballett: 15 Damen. Englisches Ballett: 12 Damen. Spanisches Ballett: 10 Damen. 90 Liliputaner und Kinder.“ Zu den Gaststars gehörte auch der berühmte Tenor Leo Slezak, der natürlich standesgemäß im Hotel Adlon logierte.
Es scheint zwischendurch einen Eigentümerwechsel gegeben zu haben, denn das Deutsche Bühnen-Jahrbuch 1927 vermerkt die Internationale Neuheiten-Vertr. Gmbh. Einer deren Vorstände, Hanns Otto Boyen, hatte die Theaterdirektion. Im Herbst 1926 lief wieder eine Operette, die 1926 in Hamburg uraufgeführte Operette „Adrienne“ von Walter Wilhelm Goetze. „Der große Operettenerfolg“ annoncierte die Komische Oper. Allerdings produzierte James Klein weiterhin seine Revuen. Im Frühjahr 1927 lief die „weltstädtische James-Klein-Revue „Sünden der Welt“. 1927 wurde im ersten Rang ein Bildwerferraum eingebaut. Von Herbst 1927 bis Frühjahr 1928 lief mehrere Monate lang „Alles nackt“, eine weitere Revue von James Klein. Es folgten die Revuen „Zieh Dich aus“, im Herbst 1928 „Tausend nackte Frauen“ und im Frühjahr 1929 „Paradies der süßen Frauen“.
Neugestaltung durch Martin Punitzer
1929 fand eine Umgestaltung der Innenräume durch den Architekten Martin Punitzer (1889-1949) statt. Zu seinen Bauten gehört die Villa Schönbach, Gebäude für die Robert Abrahamsohn GmbH, der Roxy-Palast in Berlin-Friedenau. Außerdem plante er Fabrikgebäuden wie die Werkzeugmaschinenfabrik Herbert Lindner, die Hellas Zigarettenfabrik und die Maschinenfabrik M. E. Queitzsch KG. Um der Verfolgung als Jude im Dritten Reich zu entgehen, emigrierte er nach Chile. Die Komische Oper wurde von ihm an den modernen Zeitgeschmack angepasst. Die Fassade blieb zwar unverändert, wurde aber mit Leuchtwerbung versehen. Dazu wurden über dem Eingang weiße Opalglas-Leuchtkästen angebracht. Die Anzahl der Eingangstüren wurde von fünf auf drei reduziert. Dafür wurden zwei weitere Läden eingefügt. In den Innenräumen wurden die Ornamente entfernt. Eine völlig neue Gestaltung erhielt die Eingangshalle, deren Stützen nun als oberen Abschluss Lichtkästen erhielten. Auch im Zuschauerraum wurden alle Ornamente entfernt. Punitzer veränderte auch die Form des Bühnenportals, das nun einen Korbbogenabschluss erhielt. Das neue Farbkonzept war: braune Rangbrüstungen, Wandbespannungen aus goldfarbenem Velvet, Bühnenvorhang und Stuhlpolster zartlila.
Zuschauerraum der Komischen Oper Berlin nach dem Umbau durch Martin Punitzer (um 1940)
Foto: Max Missmann, Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin |
Am 8. April 1929 kündigte die Vossische Zeitung die Versteigerung der Komischen Oper im Juli an. „Dem Einheitswert von 2025000 Mark steht eine Belastung von rund 1,7 Millionen Mark gegenüber.“ Die Hypothekengläubiger waren die Bayerische Vereinsbank und Kommerzienrat Scharr. Es scheint sich kein Bieter gefunden zu haben. Die Bayerische Vereinsbank war nun die alleinige Eigentümerin.
Operettenuraufführungen
Es folgten Verpachtungen an verschiedene Theaterdirektoren. Unter Direktor Martin Zickel, der auch das Lustspielhaus betrieb, fand am 21. Dezember 1929 die Uraufführung des Schwanks „Hulla di Bulla“ von Franz Arnold und Ernst Bach statt. Dann wurde die Operette zum Programmschwerpunkt. Am 5. April 1930 hatte die Operette „Majestät lässt bitten“ von Walter Kolo ihre Uraufführung in der Komischen Oper. Im Sommer 1930 lief „Die Frau ohne Kuss“ von Walter Kollo, ab dem 16. September mehrere Wochen „Das Mädel am Steuer“ von Jean Gilbert. Weitere Uraufführungen waren am 4. Juni 1931 „Frauen haben das gern“, am 4. Januar 1935 „Heirat nicht ausgeschlossen“ von Walter Kollo und am 22. März 1935 „Die Frau im Spiegel“ von Will Meisel. Nach dem Bühnenjahrbuch von 1936 war Kurt Spickrodt Direktor, Victor Eckert Spielleiter der Operette und Herbert Walter erster Kapellmeister. Das Ensemble bestand aus 14 Herren und 14 Damen. Neun Damen bildeten das Ballett. Der Chor hatte 6 Herren und 6 Damen, das Orchester 15 Mitglieder. Im Adressbuch von 1940 findet man den neuen Namen Künstlertheater. Es folgte die Übernahme durch die Generalintendanz der preußischen Staatstheater Berlin. Im Adressbuch 1942 ist der neue Name Lustspielhaus zu finden. Der Name wurde vom 1939 geschlossenen Lustspielhaus in der Friedrichstraße 236 übernommen.
Die Komische Oper Berlin hieß in den 1940er-Jahren Künstlertheater bzw. Lustspieltheater
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Letzter Akt: Kino und Abbruch
Man kann gelegentlich lesen, dass das Gebäude im Zweiten Weltkrieg zerstört worden sei. Das stimmt nicht. Das Theater wurde zwar beschädigt, überstand aber die Bombardements. In der Nachkriegszeit wurde das Gebäude noch genutzt. Die Läden im Erdgeschoss wurden weiter betrieben. Es existiert ein Foto, auf dem man Werbung für den 1950 herausgekommenen Film „Melodie des Lebens“ über den Komponisten Modest Mussorgski sieht. Das Dach war zwar beschädigt, doch hatte man wohl im Inneren ein Notdach eingezogen, um den Saal als Kino nutzen zu können. Insofern wäre eine Wiederherstellung und Weiterführung möglich gewesen. 1952 erfolgte der Abbruch. Allerdings blieb das Grundstück über Jahrzehnte unbebaut. Erst nach der Wende erfolgte der Bau des 2006 eröffneten Hotels Meliá. Der Name Komische Oper wurde nach dem Zweiten Weltkrieg für das als Opernhaus wiedereröffnete ehemalige Metropoltheater in der Behrensstraße übertragen.
„Hoffmanns Erzählungen“ und „Der Gaukler unserer lieben Frau“ (Le jongleur de Notre-Dame) – über die ersten beiden Premieren an der Komischen Oper 1905:
Literatur
Der Neubau der „Komischen Oper“. In: Berliner Architekturwelt; VIII. 1905/1906, S. 406-412.
Fritz Jacobsohn: Hans Gregors Komische Oper 1905-1911. Berlin 1911.
Hans Gregor: Die Welt der Oper, die Oper der Welt. Berlin 1931.
Peter Güttler: Liste der Opernhäuser und Theater. In: Berlin und seine Bauten, V, Bauwerke für Kunst, Erziehung und Wissenschaft, A, Bauten für die Kunst. Berlin 1983, S.112-113.
Ruth Freydank [Hrsg.]: Theater als Geschäft, Berlin und seine Privattheater um die Jahrhundertwende. Berlin 1995, S. 172-187.
Monika Bauert, Ulf Buschmann: Berliner Theater. Berlin 2014, S. 117.
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