Mozarts „Così fan tutte“ – Hessisches Staatstheater Wiesbaden – 2018

Wer liebt, der hat auch zu leiden – der ewige Traum der monogamen Liebe 

– Eine (fast) geniale Inszenierung von Mozarts „Così fan tutte“ am Staatstheater Wiesbaden – 

von Matthias Woehl 

Eigentlich gibt es keine Bühne. Der Zuschauerraum spiegelt sich auf der Bühne wieder, dort sitzt ebenfalls Publikum, in der Mitte wird um den umbauten Orchestergraben herum gespielt. Die Protagonisten sitzen im Zuschauerraum, wie wir, das Publikum, und dort entsteht der Streit zwischen Ferrando, Guglielmo und Don Alfonso. Alle Vorgänge entwickeln sich aus dem Publikum, und das passt einfach zu diesem Stück, das nicht umsonst „die Schule der Liebenden“ als Untertitel trägt, und die einfach Alle etwas angeht, die jemals geliebt haben. Im Gegensatz zu vielen anderen Opern handelt das Stück ja von Problemen, die auch heutzutage allgemeingültig sind, nämlich vom Traum der Monogamie und dessen Unmöglichkeit. Wer hat nicht, und sei es nur in der Phantasie, mal an jemand anderen gedacht? Interessant ist, dass man sich das selbst entschuldigt, dem anderen aber nicht ebenfalls zugesteht. Klar hat man zu leiden, wenn es um Liebe geht, denn die Eifersucht, ob nun berechtigt oder unberechtigt, kann schon die Hölle sein.

Regisseur und Hausherr Uwe Eric Laufenberg siedelt das Stück also unter uns an, es entsteht geradezu im Moment und in unserer Mitte, was ich wirklich toll finde. Doch es gibt ein Problem: man versteht nichts. Man schaut auf den Rücken des Protagonisten, der eine Reihe vor einem sitzt, aber er sing ja italienisch. Um zu wissen worum es geht, schaut man auf die Übertitel, kann aber nicht zusehen, was gerade im Zuschauerraum passiert. Es gibt so eine wundervolle Übersetzung auf Deutsch, man hätte zuhören können, verstanden, und so mancher Blick nach oben wäre nicht nötig gewesen. Es war schade, denn man hat sich einen Wolf gespielt, man hat nur nicht verstanden, nach oben geschaut, dabei wieder etwas verpasst. Für alle, die jetzt sagen: aber man hat die Musik auf den italienischen Text komponiert, und es passt so schön, und deutsch ist so eine schreckliche Sprache nur noch mal zur Erinnerung: man beneidet uns um unsere Dichtkunst, und die deutsche Sprache ist eine der schönsten die es gibt. Das kann man auch singen, ohne dass es peinlich ist oder schlecht klingt, auch oder gerade auf die Mozartsche Musik. Das ist, mit dem nicht ganz stimmigen Schluss eigentlich sie einzige Kritik, die ich an der Produktion habe.

Auch musiziert wird auf höchstem Niveau. Bester Sänger des Abends ist Kammersänger Thomas de Vries als Don Alfonso. Nicht nur, dass er seine Stimme auf das Herrlichste zu führen weiß, er ist auch, gerade in dieser Inszenierung, ein grandioser Darsteller und ein herrlicher Verführer und Intrigant. Ihm zur Seite Christina Pasaroiu als Fiordiligi, die ebenso herrliche Töne zum Besten gibt, und eine großartige Silvia Hauer als Dorabella. Ideal besetzt auch Alexander Knight als Guglielmo und Ioan Hotea als Ferrando. Großartig auch Stella An als Despina. Allen muss man eine unglaubliche Spielfreude attestieren, wie man sie lange im Theater nicht mehr erlebt hat, und das entschuldigt auch vielleicht den einen oder anderen falschen Ton, der bei aller Schönheit des Gesangs leider auch vorkam. Konrad Junghänel dirigiert dazu ein hervorragendes Staatsorchester. Ein wirklich unterhaltsamer, nachdenklich machender, trauriger und wunderschöner Opernabend.

Besuchte Vorstellung: 21. Januar 2018
(Premiere 1. November 2015)


Szenenfoto der Premiere „Così fan tutte“ am Hessischen Staatstheater Wiesbaden 2015
Foto: Karl & Monika Forster

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