Köstliche Komödie – Der Florentiner Hut, komische Oper von Nino Rota – Musiktheater im Revier Gelsenkirchen – 2016


Tour de force einer Hochzeitsgesellschaft quer durch Paris

Köstliche Inszenierung von „Der Florentiner Hut“, komische Oper von Nino Rota im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen

Eine köstliche Komödie hat das Musiktheater im Revier mit Nino Rotas „farsa musicale“ „Der Florentiner Hut“ (Il cappello di paglia di Firenze) aufbereitet. Nino Rota ist eher als Komponist der Musik zu berühmten italienischen Filmen bekannt. Filmen wie „La Strada“, „La dolce vita“, „Casanova“, „Der Leopard“ oder „Der Pate“ geht allerdings die komische Oper „Der Florentiner Hut“ voran, die auf dem amüsanten französischen Theaterstück „Ein Florentiner Hut“ (Un chapeau de paille d’Italie) von Eugène Labiche basiert, das man in Deutschland vor allem durch den köstlichen Film „Der Florentiner Hut“ mit Heinz Rühmann von 1939 kennt. Dem steht die 1945 komponierte Oper, die aber erst 1955 in Palermo uraufgeführt wurde, mit ihrer verspielten und sehr melodischen Musik nicht nach.

„Der Florentiner Hut“ am Musiktheater im Revier: Bele Kumberger und Ibrahim Yesilay
Foto: Malinkowski
In Gelsenkirchen hat man dem Florentiner Hut das Öperchen „Die Fahrschule“ (La scuola di guida) vorangestellt. Das ist eine schöne Idee und erklärt dann auch gleich, warum Monsieur Fadinard eigentlich heiraten muss, weil er eben eine Fahrschülerin verführt hat. Bühnenbildner Dirk Becker hat für dieses Vorspiel ein Auto hergestellt, das sich dann gleich in ein Bett verwandelt. Mit einem Szenenwechsel geht es dann nahtlos in den Florentinerhut über.

Im Florentiner Hut geht es darum, dass Fadinards Pferd den Strohhut einer Dame gefressen hat, die sich gerade mit ihrem Liebhaber in einem Gebüsch vergnügt hat und er nun an seinem Hochzeitstag nicht nur die Hochzeitsgesellschaft aus der Provinz in Paris zu versorgen hat, sondern auch noch gezwungen wird, einen neuen Strohhut zu besorgen, da Madame Beaupertuis und ihr Lover Emilio seine Wohnung besetzt halten. Die Strohhüte sind inzwischen ausverkauft, doch erfährt Fadinard von der Modistin immerhin, dass die Baronin Champigny einen solchen besitzt. Diese hat gerade die Highsociety zu einem Konzert mit einem berühmten italienischen Geiger aus Florenz in ihrem Haus versammelt, in das nun Fadinard mit der Hochzeitsgesellschaft im Schlepptau hineinschneit. Da man ihn für den Geiger hält entwickeln sich viele komische Szenen. Der Hut ist inzwischen weiterverschenkt, nämlich an eine Mme. Beaupertuis. Allerdings ist nur der mürrische Ehemann daheim, den Fadinard da recht unsanft überfällt. Ihm erzählt Fadinard auch die kuriose Geschichte, nicht ahnend, dass Mme. Baupertuis eben jene Dame ist, die bei ihm daheim im Schlafzimmer sitzt. Nun ist Fadinard nicht nur von der Hochzeitsgesesellschaft gejagt, sondern auch noch von einem eifersüchtigen Ehemann, der seine untreue Frau erschießen möchte. Die von einem Gewitter überraschte Hochzeitsgesellschaft rettet sich schließlich in einen Bahnhof, wo sich nach vielen weiteren Verwicklungen herausstellt, dass eines der Hochzeitsgeschenke der gesuchte teure Strohhut aus Florenz ist. Ganz so einfach kommt es aber noch nicht zum Happy End. Einer der Hochzeitsgäste mopst sich den Hut. Da die Hochzeitsgesellschaft nun aber auch noch im Gefängnis landen, kann nur der Offizier Emilio den Hut beschaffen. Fast fliegt er dann noch davon. Doch schließlich kann sich dann Mme. Beaupertuis mit dem Hut ihrem Ehemann präsentieren. Und Fadinard kann mit seiner Elena endlich ins Ehebett sinken.

„Der Florentiner Hut“ am Musiktheater im Revier
Foto: Malinkowski
Regisseurin Sonja Trebes hat daraus am Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen eine zauberhafte Komödie gestaltet mit netten Kostümen von Julia Reindell und einen praktisch verschiebbaren Bühnenbild von Dirk Becker. Und auch musikalisch war das eine gute Gesamtleistung. Entsprechend der quriligen Inszenierung dirigierte Thomas Rimes die Neue Philharmonie Westfalen mit dem passenden Schwung. Ibrahim Yesilay (Fadinard) und Bele Kumberger (Elena) als Paar mit kompliziertem Hochzeitsfest.

Allerdings sollte man sich doch fragen, ob es sinnvoll ist, eine solche Komödie in Gelsenkirchen in italienischer Sprache zu bringen. Der Orginalsprachenfetischismus einiger Opernfans in allen Ehren, aber wenn praktisch niemand den Text versteht, geht die Sache doch am Publikum vorbei. Man würde das Schauspiel bei uns ja auch nicht im französischen Original aufführen. Und man hat ja auch bemerkt, daß es auf die textlichen Pointen wenig Reaktion im Publikum gab. Das Publikum ergötzte sich dann eher am wedelnden Schwanz eines Riesenhunds. Nichtsdestotrotz eine wunderbare Vorstellung.

Klaus J. Loderer

Besuchte Vorstellung: Premiere am 19. November 2016
Musiktheater im Revier Gelsenkirchen

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