Schauspiel Gute Geister – Hist(o)erisches Theater im Olof-Palme-Haus Hanau – 2017

Wenn der Schutzengel kommt 

Hist(o)erisches Theater Hanau bringt „Gute Geister“ von Pam Valentine in kurzweiliger Inszenierung auf die Bühne des Olof-Palme-Hauses 

Im Olof-Palme-Haus in Hanau, einem historischen Landhaus in der Nähe von Schloß Philippsruhe, würde man keinen Platz für eine Theaterbühne erwarten. Aber durch die Zusammenfassung dreier Salons ist ein schönes intimes Theater entstanden. Das Hist(o)erische Theater Hanau ist dort mit seinen Produktionen zu Gast. Nun brachte es eine schöne Produktion mit der Komödie „Gute Geister“ (Spirit Level) der englischen Autorin Pam Valentine auf die Bühne.

Das Ensemble von „Gute Geister“ mit Regisseur Hans-Otto Bienau
Foto: Klaus J. Loderer

Vor Beginn ist die Bühne kahl, eine dunkle, schwarz verhangene Spielfläche. Dann öffnen sich überraschend zwei Flügel und geben den Blick frei auf ein Wohnzimmer. Links und rechts hängen Bücherregale, ein rotes Ledersofa im Zentrum, Natursteinwand im Hintergrund. Ein etwas altmodisches Wohnzimmer eben. Ein Mann döst auf dem Sofa oder versucht es, denn seine Frau erzählt ihm, ohne dass er sich dafür interessierte, mit Blick in den Zuschauerraum, also durch ein imaginäres Fenster in den Garten, vom Zustand des Efeus, das wohl nicht so gedeiht, wie sie es wünscht. Wir erleben ein Ehepaar, das schon lange hier zu leben scheint. Dann scheinen beide im Garten etwas zu sehen, was sie nicht erfreut. Ein Mann platzt herein, eindeutig unerwünscht. Um ihn zu ärgern, verschieben die beiden die Bilder, die nun schief hängen. Er korrigiert entnervt. Für das Paar scheint er sich nicht zu interessieren. Es ist der Makler Otto.

Natürlich kann er die beiden auch gar nicht sehen, denn es handelt sich um Geister, die Geister der früheren Bewohner, dem Schriftsteller Mark Zimmermann und seiner Frau Martha, die bei einem Unfall ertrunken sind. Da Mark Atheist ist, wurde er von Petrus nicht in den Himmel gelassen und Martha ging aus Solidarität auch nicht in den Himmel. Nun möchten sie in ihrem gerade unbewohnten Haus ihre Ruhe haben. Damit das so bleibt, treiben sie die Mieter aus dem Haus. Doch nun bringt der Makler neue Mieter. Seine merkwürdigen Andeutungen versteht das Paar nicht. Zu Anfang denken sich Mark und Martha schon aus, wie man die beiden mit mysteriösen Erscheinungen vertreiben könnte, doch dann wird der potentielle Mieter Simon Mark plötzlich ganz sympathisch, als er von Marks Krimis schwärmt. Und Martha empfindet plötzlich Sympathie für die schwangere Lili. Nachdem der Mietpreis noch etwas nach unten verhandelt ist, können Simon und Lili einziehen.
Simon ist Schriftsteller, genauer gesagt erfolgloser Krimiautor, was Mark sehr bemängelt. Das bemängelt auch Lilis steife und snobistische Mutter Agnes, die zum Besuch hereinschneit. Da die Geister dem Paar helfen möchten, ruft Martha ihren Schutzengel herbei, der tatsächlich auch erscheint. Er schlägt vor, dass Mark Simon den Plot einsagt. Allerdings gibt es dabei ein Problem: Mark ist Atheist. Die geistige Leitung funktioniert nicht. Bei Martha geht das. Also souffliert Mark den Plot, den Martha dann Simon per Telepathie eingibt. Das sorgt natürlich auch für manche Verwirrung.

Die beiden Geister sind zu guten Geistern geworden. Es ist Weihnachtszeit. Immer stärker ist Martha um Lili besorgt. Dann kommen bei Lili die Wehen. Mark ist eher entnervt vom drohenden Kindergeschrei. Doch der drohende Tod des Frischgeborenen formt ihn völlig um. Ich verrate nicht wie es ausgeht, aber das Hist(o)erische Theater Hanau hat sich dafür eine effektvolle und wunderbar kitischige Szene ausgedacht.

Bis es soweit kommt, erlebt das Publikum eine verwickelte Komödie, die Regisseur Hans-Otto Bienau mit vielen köstlichen Ideen kurzweilig auf die Bühne gebracht hat. Aber es sind auch die unterschiedlichen Charaktere, die die Aufführungso lebendig machen. Da ist der Makler Otto, herrlich steif gespielt von Wolfang Breiter, der sich von den beiden Geistern immer wieder irritieren lässt, besonders wenn vor ihm die Kugeln des Weihnachtsbaums herumschweben. Dann gibt es die Schwiegermutter Agnes: herrlich versnobt Susanne Betz. Eine der köstlichsten Szenen ist, wenn Martha ihr eingibt, sie sei in den Makler verliebt und sich geradezu auf ihn stürzt. Das Publikum biegt sich vor Lachen über dieses Kabinettstückchen. Markus Kröll und Katrin Bange spielen Simon und Lili als etwas naives Paar. Komödiantisches Talent beweist Konrad Höhler-Helbig als aufgedrehter Schutzengel. Und dann sind natürlich die beiden guten Geister zu nennen. Die Stimme von Jürgen Kolb, der den Mark spielt, ist dem Publikum des Hessischen Rundfunks durch das Radio vertraut. Auch als Schauspieler überzeugt er. Britta Wessel spielte die Martha einfühlsam.

Sehr kurzweilig. Sehr unterhaltsam. Eine schöne Bereicherung des Hanauer Kulturlebens. Wir sprechen hier übrigens von einer Laientheatergruppe. Das merkt man der Produktion allerdings nicht an. Denn die sieben Darsteller sind mit Begeisterung bei der Sache.

Klaus J. Loderer

Besuchte Vorstellung: 4. November 2017
(2. Vorstellung nach der Premiere am 3. November 2017

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Skandal: Enrico Caruso und die spektakuläre Trennung von Ada Giachetti

Vor der Oper: das historische Café Rommel in Erfurt

Buchbesprechung: Paul Abraham, der tragische König der Operette – eine Biographie von Klaus Waller