Gute Geister – Hist(o)erisches Theater Hanau – 2017

„Wenn der Schutzengel zweimal klingelt“ 

Hist(o)erisches Theater Hanau zeigt Pam Valentines Komödie „Gute Geister“ 

„Wenn der Schutzengel zweimal klingelt“ oder fulminante Premiere von Pam Valentines „Gute Geister“ des Hist(o)erischen Theaters Hanau am 3. November im Olof-Palme Haus. Es handelt sich um eine zauberhafte Komödie über den fiktiven Schriftsteller Mark Zimmermann und seine Frau Martha, die leider viel zu früh abgelebt sind und denen von Petrus der Zutritt zum Himmel verwehrt wurde. Sie leben nun als Geister in ihrem ehemaligen Haus und halten den Makler Otto Weber, der versucht es zu vermieten als auch die Mieter mit ihrem Späßen ordentlich auf Trab. Als dann aber Simon Küppers, ein junger aber noch erfolgloser Schriftsteller mit seiner schwangeren Frau Lili einzieht, mischen sie sich etwas mehr als üblich in die Geschicke des Paares ein.

Britta Wessel als Martha und Jürgen Kolb als Mark in Gute Geister“ in Hanau
Foto: Matthias Woehl


Mit wundervollen Ideen gestaltet Regisseur Hans-Otto Bienau daraus einen zauberhaften Abend. Wie man schon von seinen Inszenierungen von „Glorious“ und „Gott des Gemetzels“ weiß, besitzt er dafür den nötigen Witz und das richtige Gespür für sensible Momente, die eine gute Komödie eben auch ausmachen. Jürgen Kolb spielt den Geist des Krimiautors Mark Zimmermann. Er weiß schon als einer der besten Sprecher die ich kenne, die Rolle allein mit der Stimme zu gestalten. Aber wenn man sieht mit wie viel „verve“ er körperlich seine Partie darstellt, wie er agiert, und auch in Momenten, in denen er nichts zu sagen hat, allein mit dem Gesicht das Geschehen verfolgt, zuhört und mitgestaltet, bedauert man, dass er über die Jahre nicht viel mehr Schauspiel gemacht hat. Sein Monolog am Ende des Stücks treibt einem die Tränen in die Augen. Ihm zur Seite die kongeniale Britta Wessel als seine Frau Martha. Auch sie versteht es genau, die witzigen und auch die innigen, gar sentimentalen Teile ihrer Partie glaubhaft und vor allem charmant zu spielen. Beide zusammen ergeben ein ideales „Gute-Geister-Paar“. Markus Kröll als Simon Küppers versteht es ebenfalls, den verzweifelten jungen Schriftsteller, der an seinem ersten Roman feilt, glaubwürdig darzustellen, und mit ihrer wunderschönen sanften und einfühlsamen Stimme, als auch mit ihremGespür für Rollengestaltung ist Katrin Bange die Idealbesetzung seiner schwangeren Ehefrau Lili.

Wolfgang Breiter überzeugt als ängstliches Geister-Opfer und dadurch extrem verwirrter Makler Otto Weber. Eine wirkliche „Type“, eine „Grande Dame“ wie es sie auf den Bühnen dieses Landes eigentlich kaum noch gibt, ist Susanne Betz als Lilis Mutter Agnes Neumann. Es ist unglaublich wie sie die böse Schwiegermutter mimt, nach Sickergrube oder Abwasserleitungen schnüffelt, und ihre Szene mit Wolfgang Breiter als Makler wird zum „Lacher“ des Abends. Dass es keine kleinen Rollen gibt, das beweist Konrad Höhler-Helbig als Schutzengel, der mit seiner witzigen Darstellung größten Eindruck beim Publikum hinterlässt.Ich habe so viele Proben miterlebt, auch die Generalprobe am Donnerstag, aber am Premierenabend haben alle noch eine Portion extra draufgelegt, mit Energien, von denen ich nicht weiß, wo sie die hergenommen haben.

Noch ein Wort zum „kleinen Theater“: ich sitze in so vielen Produktionen an Stadt- und Staats-Theatern herum, schaue was „hochsubventionierte“ Theater, eben „Berufstheater“ so über die Bühne jagen. Das Hist-o-erische Theater bietet hingegen eine über ein halbes Jahr geprobte Aufführung, und schafft es mit kleinsten Mitteln, höchstmöglichen Effekt zu erzielen. Da werden von der wunderbaren Maskenbildnerin Helga Turban Perücken hergestellt, da näht die Hauptdarstellerin ihr eigenes Kostüm, da stellt der Regisseur gar sein eigenes Sofa auf die Bühne, und auch die Technik und der Bühnenbauer, das Team um Wolfgang Marozsan, arbeiten weit über das normale Maß hinaus, das der Abend für das Publikum ein großer Spaß wird. Das ist Teamarbeit und ein Zusammengehörigkeitsgefühl, wie man es an anderen Bühnen vermisst. Wann haben wir zuletzt erlebt, dass sogar eine Souffleuse (Christine Schäfer), vor der Vorstellung ganz nervös und danach völlig beglückt ist und ausruft „Wir haben es geschafft, es war ein Erfolg“... und das war es!

Matthias Woehl

Besuchte Vorstellung: Premiere 3. November 2017

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Skandal: Enrico Caruso und die spektakuläre Trennung von Ada Giachetti

Vor der Oper: das historische Café Rommel in Erfurt

Buchbesprechung: Paul Abraham, der tragische König der Operette – eine Biographie von Klaus Waller