Opernkritik: Gioacchino Rossinis „La Cenerentola“ – Oper Köln

Happy End im Palace 

– Cecilia Ligorio inszeniert Gioacchino Rossinis „La Cenerentola“ an der Oper Köln als Hollywoodfilm – 

von Klaus J. Loderer


Der Traum vom Glück. Wo wird er uns besser vorgegaukelt als im Film. Bühnenbildner Gregorio Zurla entführt uns im Kölner Staatenhaus in eine Hollywoodproduktion, in eine Welt von Glitter und Glamour. Dazu hat er ein aus kleinen Einzelteilen zusammensetzbares Bühnenbild gebaut, das ebenso schnell entstehen wie es verschwinden kann. Zu den 1930er-Jahren passen auch die sehr eleganten Kostüme von Vera Pierantoni Giua. Regisseurin Cecilia Ligorio hat eine kleine Rahmenhandlung erfunden und erzählt anschaulich die eigentliche Aschenputtel-Geschichte entsprechend der Musik mit quirligen Einfällen und einer Freude an vielen schönen Details. Was da Schein und was Wirklichkeit ist, das bleibt bewusst in der Schwebe – Film eben. 


Charlotte Quadt, Wolfgang Stefan Schwaiger, Jennifer Zein
Foto: Matthias Jung

Ein Opernbesuch, der Vergnügen bereitet

Große Show also. Doch zunächst muss Alidoro erst einmal eine Handlung einfallen. Der Zauberer ist hier ein Drehbuchautor, der verzweifelt in seinem Wohnzimmer an der Schreibmaschine sitzt, denn es fällt ihm nichts ein. Welch ein Glück, dass gute Geister da sind, die ihn auf die Idee zu einer Geschichte bringen. Die guten Geister sind sechs Tänzer, die immer wieder über die Bühne wirbeln und die Handlung voranbringen und auch eingreifen, wenn sie sich falsch entwickelt. So taucht denn Aschenputtel auf, die unter ihren eitlen Schwestern leidet. Natürlich träumen diese davon, Filmstars zu werden und es scheint sich ja auch schon bald eine Gelegenheit zu geben, als Rudolph Valentino äh Don Ramiro persönlich auftaucht. Die durch das Fenster hereinknipsenden Paparazzi sind eines der vielen passenden Details. Dass der Chauffeur der echte Don Ramiro ist, wissen sie nicht. 


Herrenchor der Oper Köln, Tänzer, Omar Montanari 

Foto: Matthias Jung


Jennifer Zein als Clorinda und Charlotte Quadt als Tisbe liefern sich einen herrlichen Zickenkrieg. Omar Montanari hört man die Rossini-Schule des Konservatoriums von Pesaro an. Der Bariton beherrscht den speziellen Duktus der für die Rolle des Don Magnifico notwendig ist und jongliert in atemberaubender Geschwindigkeit mit Silben und Tönen. Dass er auch die humorige Seite der Rolle auf köstliche Art und Weise auslebt, kommt noch dazu. Dem steht auch Wolfgang Stefan Schwaiger in der höheren Baritonpartie nicht nach, der mit jugendlichem Elan, in Stimme und Darstellung beweglich, den Buffo Dandini als Dandy à la Fred Astaire gibt, der sich schließlich in den Chauffeur zurückverwandeln muss. Die teilweise sehr rhythmischen Partien lebt Dirigent Matteo Beltrami mit dem Gürzenich-Orchester vergnüglich und mit lebendigen Tempi aus. Doch auch die lyrischen Stellen dürfen ihre Geltung entfalten.


Als Don Ramiro kann Dmitry Ivanchey mit hellem Tenor aufwarten. Warm ist der Mezzosopran der katalanischen Sängerin Anna Alàs i Jové als Angelina, was besonders am Schluss zur Geltung kommt. Sie beherrscht das einfache Lied des Aschenputtel ebenso wie die Koloraturarie.


Riesige Buchstaben bilden zusammen das Wort PALACE und schaffen ein Art-Deco-Ambiente. Don Ramiro kann vor einer Pyramide aus Sektgläsern dem Überangebot an Champagnerflaschen nicht widerstehen, was ja zu seiner Kellermeisterarie gut passt. Der Herrenchor bildet den Rahmen als Kellnerheer (gut einstudiert von Rustam Samedov). Die Tänzer, die mal Herren im Frack, mal Kellner, mal Paparazzi sind, bekommen ein kurioses Putzballett und geben dieser Aufführung eine besondere Note. Damit wird in solistischen Szenen  die breite Bühne mit optischen Akzenten versehen (Choreographie Daisy Ransom Philips). Der Sturm im zweiten Akt wirbelt hier wörtlich alles durcheinander, nämlich Alidoros Manuskriptseiten. Erwartungsvoll umstehen die Darsteller den an seinem Schreibtisch arbeitenden Alidoro. Doch das Drehbuch kann wieder in die richtige Reihenfolge gebracht werden. So kann das Happy End stattfinden. 


Herrenchor der Oper Köln, Tänzer, Anna Alàs i Jové

Foto: Matthias Jung


Der insdisponierte Christoph Seidl widmete sich am 6. Januar nur dem Spiel. Als sängerischer Ersatz sprang Pawel Konik ein, der die Rolle in Stuttgart sang. Man muss ihm zwar dankbar sein, dass er die Vorstellung gerettet hat, allerdings klang er stimmlich überfordert mit der Partie.


Die das Geschehen als gute Geister voranbringenden Tänzer sind Giovanni Buttacavoli, Leon di Domenico, César José Gutiérrez Salas, Spyros Ntogas, Kyle Patrick und Álex Vasquez Gala.

 

Premiere: 17. Dezember 2022

Besuchte Vorstellung: 6. Januar 2023

Staatenhaus Köln

 


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