Musical: „Tschitti Tschitti Bäng Bäng“ – Staatstheater am Gärtnerplatz München

Abenteuer mit einem fliegenden Auto 

– Musical „Tschitti Tschitti Bäng Bäng“ (Chitty Chitty Bang Bang) am Gärtnerplatztheater in München – 

von Klaus J. Loderer


Wenn das wundersame Fahrzeug am Ende des ersten Teils gar noch abhebt und in den Sternenhimmel schwebt, dann ist das Publikum des Gärtnerplatztheaters nicht mehr zu halten und klatscht und jubelt. Natürlich schwebt Tschitti Tschitti Bäng Bäng, wie das fahrende, schwimmende und fliegende Fahrzeug heißt, nicht wirklich, es wird hinaufgehoben, aber der Effekt überrascht. Die zauberhafte Produktion von „Tschitti Tschitti Bäng Bäng“, die 2014 im damals als Ausweichquartier des Staatstheaters am Gärtnerplatztheaters bespielten Prinzregententheater Premiere hatte, sorgt mit vielen Szenenwechseln (Bühne: Judith Leikauf und Karl Fehringer) und den schönen Kostümen im Stil des frühen 20. Jahrhunderts (Kostüme: Alfred Mayerhofer) immer noch für eine kurzweilige und unterhaltsame Aufführung.


Peter Lesiak als Caractacus Potts und Katja Reichert als Truly Scrumptious  (Spielzeit 2015/2016)

© Christian POGO Zach


2014 landete Intendant und Regisseur Josef E. Köpplinger mit der Erstaufführung des 2002 im Palladium in London uraufgeführten Musicals auf dem europäischen Kontinent einen besonderen Coup. Seither sorgt das Musical in München für ein volles Theater. Die Basis des Musicals von Jeremy Sams und Ray Roderick ist natürlich der bekannte Film von 1968, der übrigens auf Geschichten des James-Bond-Erfinders Ian Fleming basiert. Die Brüder Richard M. Sherman und Robert B. Sherman ergänzten für das Musical ihre Filmmusik um neue Songs.


Peter Lesiak als Caractacus Potts, Katja Reichert als Truly Scrumptious und Ensemble  (Spielzeit 2015/2016)

© Christian POGO Zach


Aus einem schrottreifen Rennwagen macht der Erfinder Caractatus Potts (verträumt Peter Lesiak) wieder ein fahrbares Auto, das allerhand besondere Eigenschaften hat. Er erfüllt damit seinen Kindern Jeremy (Raphael Pallawiks) und Jemima (Liliana Hausmann) einen Wunsch, denn diese lieben den Rennwagen als Spielplatz. Bis Potts den Rennwagen erwerben kann, dauert es etwas, denn seine Versuche das Geld zu beschaffen, enden alle in Katastrophen. Sowohl die Szene beim Bonbonfabrikanten Lord Scrumptious (Alexander Franzen) wie auf dem Jahrmarkt sind effektvolle Ensembleszenen, bei denen Chor, Ballett und Statisterie wirkungsvoll eingesetzt sind. Die von den Kindern phantasierte Geschichte um die drohende Entführung des Rennwagens scheint aber allzubald wahr zu werden. Peter Neustifter und Gunnar Frietsch zitieren als tolpatische Spione Boris und Goran die beiden Detektive aus „Tim und Struppi“, die versehentlich Großvater Potts (als alter Soldat, der gerne erzählt: Frank Berg) in einem Toilettenhäuschen entführen. Bei der Rettungsaktion nimmt auch Truly Scrumptious (als emanzipierte Motorradfahrerin Katja Reichert) teil, mit der sich eine Liebesgeschichte anbahnt. Auftraggeber der Entführung sind Baronin und Baron Bomburst, zwei eher kuriose Ausgaben der Spezie Bösewicht, die Kinder abgrundtief hassen. Entsprechend gefährlich ist für Jeremy und Jemima der Aufenthalt im Lande Vulgarien, wohin der Großvater entführt wurde. Doch obwohl der Spielzeugmacher (Christian Schleinzer) hilft, gelingt es dem Kinderfänger (perfide und bedrohlich: Alexander Franzen), der beiden habhaft zu werden. Zwischendurch tröstet sich die Baronin (ganz Femme Fatale: Sigrid Hauser) mit ihren Bunnies, während der Baron (ganz degenerierter Uniformliebhaber: Erwin Windegger) von seinem Geburtstagsgeschenk träumt. Am Geburtstag stürzen die befreiten Kinder des Landes schließlich Baron und Baronin und natürlich gibt es ein Happy End für Caractacus und Truly.


Sigrid Hauser als Baronin Bomburst, Erwin Windegger  als Baron Bomburst mit Ensemble (Spielzeit 2013/2014)

© Thomas Dashuber


Das Publikum feiert das Reprisenfinale mit viel Beifall und zeigt: Die spannende Geschichte wirkt auch auf der Bühne. Witz und Einfallsreichtum machen die Produktion aus. Viele Ideen und Gags sorgen für Kurzweiligkeit, Slapstick für zahlreiche Lacher. Andreas Partilla sorgt mit dem Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz für flotte Musik aus dem Orchestergraben. Die Werkstätten des Theaters statteten die Produktion mit liebevoll und reich an Details hergestellten Bühnenbildern und aufwändig geschneiderten Kostümen aus. 

 

Besuchte Vorstellung: 23. November 2023

Staatstheater am Gärtnerplatz (Gärtnerplatztheater München)

42. Vorstellung seit der Premiere am 30. April 2014 im Prinzregententheater München

 

 

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