Musical: „Sugar“ – Altes Schauspielhaus Stuttgart

Gangsterkomödie mit Damenkapelle 

– Musical-Adaption des Billy-Wilder-Film „Some like it hot“ (Manche mögen’s heiß) im Alten Schauspielhaus Stuttgart – 

von Klaus J. Loderer


Die Stimme kennt man doch. Es sind die eingespielten Lautsprecherdurchsagen am Bahnhof von Chicago, die aufhorchen lassen. Dieter Hallervorden hat sie eingesprochen. Der ist Intendant des Schlossparktheaters in Berlin, an dem im Herbst das Muscial „Sugar“ Premiere hatte. Nun ist die Produktion in Stuttgart zu sehen. Das Alte Schauspielhaus macht große Show.


Die Handlung von „Sugar“ ist eine der berühmtesten Komödien überhaupt. Es handelt sich um eine Adaption des 1959 entstandenen Billy-Wilder-Films „Some like it hot“ (Manche mögen’s heiß) für die Bühne. Mit neuer Musik von Jule Styne kam das Musical 1972 in New York heraus. So sind die Musiknummern gegenüber dem Film im Vordergrund, die gesprochenen Dialoge wurden stark reduziert, die Ensembles dagegen ausgeweitet, um Show-Effekte zu erzielen.


„Sugar“ im Alten Schauspielhaus Stuttgart: Julia Fechter, Maja Sikora, Samuel Schürmann, Maryanne Kelly, Björn Schöffer und Petra  Pauzenberger

Foto: Martin Sigmund


Kurzweilige Show

Samuel Schürmann als Joe bzw. Josephine und Björn Schäffer als Jerry bzw. Daphne liefern eine köstliche Travestie und sorgen als Mann wie als Frau und teilweise rasanten Kostümwechseln für viel Gelächter. Maja Sikora ist als Sugar, dem blonden Star der Damenkapelle ein adäquates Gegenstück zur Film-Sugar von Marilyn Monroe, setzt sich aber in der Spielweise vom übermächtigen Vorbild ab. Das Musical „Sugar“ ist dank Klaus Seifferts einfallsreichen Regie eine kurzweilige Show. Tom Grasshofs schlichtes Bühnenbild mit drei Türen im Hintergrund dient mit entsprechend wechselndem Licht und kleinen Umbauten für alle Szenen und kann Bahnhof wie Hotelhalle darstellen. Die Inszenierung lebt aber natürlich von den ebenfalls von Tom Grasshof entworfenen Kostümen im Stil der Zeit um 1930, etwa den rosa Charlestonkleidern. Dazu kommt eine effektvolle Choreographie von Mario Mariano, der auch mitspielt. Die von Matthias Binner einstudierte Musik war leider nur vom Band zu hören, der Gesang war allerdings live.


„Sugar“ im Alten Schauspielhaus Stuttgart: Björn Schöffer, Julia Fechter, Maja Sikora, Samuel Schürmann und Petra  Pauzenberger

Foto: Martin Sigmund


Verwicklungen im Zug

Die Handlung ist kurz erzählt. Joe und Jerry, ein Saxophonist und ein Kontrabassist, geben sich als Josephine und Daphne aus und reisen mit einer Damenkapelle nach Miami, nachdem sie in Chicago Zeuge eines Bandenkriegs geworden sind. Die strenge Sweet Sue (mit charmant amerikanischem Akzent die in New York geborene Maryanne Kelly) versucht ihrer Damenkapelle erfolglos den Alkohol zu verbieten (das Stück spielt während der Prohibition). Der wuselige Jens Krause versucht als Bienstock den Damenhaufen zusammenzuhalten. Die Verkleidung  sorgt schon im beengten Zug nach Miami für entsprechende Verwicklungen und noch mehr als Joe als angeblicher Millionär Sugar den Hof macht. Die Komödie spielt mit erotischen Anzüglichkeiten und Zweideutigkeiten.

Eine weitere Berühmtheit ist leibhaftig in Stuttgart auf der Bühne zu sehen. Ralph Morgenstern gibt zuerst burschikos und dann lässig elegant den Millionär Osgood Fielding den Dritten, der für das Happy End eine wichtige Rolle spielt, indem er Joe und Jerry auf seiner Jacht rettet. Dass die Gangster, die die beiden aus Chicago bis nach Miami verfolgten, sich schon längst gegenseitig abgemurkst haben, ist da schon nicht mehr wichtig. Im Film fahren Joe und Sugar und Jerry und Oswood mit dem Boot auf das Meer hinaus. Auf der Bühne sind sie beim Cocktail auf der Millionärsjacht. In Stuttgart lacht das Publikum herzlich über den berühmten Schlusssatz, den Ralph Morgenstern so herzlich trocken fallen lässt, nachdem Daphne ihm offenbart hat, dass sie gar keine Frau ist: „Nobody is perfect“.


Ein Ausstattungsstück dieser Jacht sorgt einige Szenen zuvor für großes Gelächter, nämlich die weiche Chaiselongue, von der Sugar und der sich als Millionär ausgebende Joe mehrmals zu kippen drohen. Sugars berühmte Kusstherapie ist natürlich auch im Musical enthalten. 


In weiteren Rollen sind als sich konsequent in Tanzrhythmen bewegenden und Stepdance-begabte Gangster Jan Reimitz (Gamaschen-Palazzo), Mario Mariano (Dude) und Marco Beck (Buck) zu sehen, die auch die Millionäre in Miami spielen. Diese Rollen sind im Musical durch die Tanzszenen aufgewertet. Zur Damenkapelle gehören noch Julia Fechter (Dolores) und Petra Pauzenberger (Mary-Lou), die schon in Berlin mitspielte.

 


Besuchte Vorstellung: 12. Januar 2023

Premiere: 9. Dezember 2022

Altes Schauspielhaus Stuttgart

(Koproduktion mit dem Schlossparktheater Berlin, Premiere 3. September 2022)


Weitere Besprechungen des Alten Schauspielhauses

Der kleine Horrorladen


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Skandal: Enrico Caruso und die spektakuläre Trennung von Ada Giachetti

Vor der Oper: das historische Café Rommel in Erfurt

Buchbesprechung: Paul Abraham, der tragische König der Operette – eine Biographie von Klaus Waller