Konzert: Double Jazz Night mit Steve Cathedral und Alma Naidu in Backnang

Meeresbrise und Waberla 

– Double-Jazz-Night mit Steve Cathedral und Alma Naidu im Backnanger Bürgerhaus – 

von Klaus J. Loderer


Mit ihrer Stimme zog Alma Naidu bei der Double-Jazz-Night das Publikum im Backnanger Bürgerhaus schnell in ihren Bann: Ob mit raumfüllender Stimme oder sensibel mit einer stimmungsvollen Ballade. Bei der Double-Jazz-Night durfte das Publikum richtig viel Musik erleben: immerhin drei Stunden Musik wurden bei diesem Doppelkonzert mit zwei Bands geboten. Dass es trotz der Länge im zweiten Teil nicht langatmig wurde, lag vor allem an der guten Show von Alma Naidu. Abwechslungsreich war das Konzert allemal. Und die Klangbilder waren trotz der vergleichbaren Grundbesetzung mit Klavier, E-Gitarre, E-Bass und Schlagzeug überaus unterschiedlich, zumal bei Alma Naidu noch die Singstimme dazu kam.

Steve Cathedral Group: Jazz mit Rock- und Pop-Anklängen

Als „Local Heroes“ gestaltete die Steve Cathedral Group den ersten Teil des Konzerts. Tatsächlich haben die Musiker einen regionalen Bezug. Ihre Musik ist deshalb nicht weniger interessant. Ganz nebenbei erlebte man übrigens einen der berühmtesten deutschen Jazz-Saxophonisten. Bei Matthias Anton konnte man ein Höchstmaß an Virtuosität und Beherrschung des Instruments erleben. Immer wieder ging er bis an die Grenzen der möglichen Tonhöhe. 


Hinter dem englischen Namen Steve Cathedral verbirgt sich der 1987 geborene Bandleader und Absolvent der Staatlichen Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Stuttgart Steffen Münster. Als Komponist und Arrangeur hat er seine ganz eigene Richtung im Jazz entwickelt, in die er auch Motive aus Rock und Pop einbaut, um besondere Effekte zu erzielen. Im Backnanger Programm bot die Gruppe die ganz Bandbreite von sphärisch entrückt bis zu hart und laut rockend. Da spielte er an der E-Gitarre wild im Duo mit dem E-Bassisten Sebastian Nöcker. Zwischendurch gab es eine Cover-Version von „Fields of Gold“. Doch die meisten Stücke stammten von Steffen Münster selbst. „One More“ und „The Book of Love“ gehörten dazu. Landschaftliche Referenzen boten „Meeresluft“ und „Aarhus“. Für den Beat sorgte Dominik Müller am Schlagzeug. „Distant Lights“ wirkte psychedelisch entrückt mit einem großen Solo für den Pianisten. Bei diesem gab es einen besonderen regionalen Bezug. Für Felix Meyerle war der Auftritt ein Heimspiel. Als Lehrer an der Jugendmusik- und Kunstschule Backnang kennt er den Saal und den Flügel. Umso interessanter war es ihn hier als Teil einer Formation zu erleben. Er entlockte dem Flügel mit Zupfen und Bearbeiten der Saiten ungewohnte Klänge. Seine effektvollen Soli wurden vom Publikum mit großem Beifall bedacht.


Alma Nandu und ihre Band
Foto: Klaus J. Loderer

Alma Nandu: berührende Balladen

Damit war das Publikum in Stimmung gebracht für den Aufritt des „Raising Stars“ Alma Naidu. Diese bemerkenswerte junge Sängerin verzauberte das Publikum schon mit dem einleitenden Song. Ihre warme und gefühlvolle Stimme umschmeichelte die Liedtexte, die übrigens genau wie die Musik von ihr stammen. Bei den Balladen begleitete sie sich selbst am Flügel. Da rückte die Band dezent in den Hintergrund. Doch konnte sie auch die große Jazz-Diva im goldenen Hosenanzug sein. Da drehte sie die Stimme auf ins Fortissimo und ihre fast an Koloraturen erinnernden Vokalisen erfüllten den Saal. Man ist nicht erstaunt, dass die Mutter Opernsängerin ist.


Mit Zitaten aus der mittelalterlichen Musik war „Walberla“ unterlegt, ein Song, den sie einem mystischen Berg bei Forchheim gewidmet hat. E-Bassistin Lisa Wulff wechselte dazu auf den klassischen Kontrabass. Mit „Trust in me“ probierte Alma Naidu ein neues Lied aus. Auch das Publikum bezog sie mit ein. Das intonierte wohlklingend den Refrain „There is love everywhere“. Doch es ging in ihren Liedtexten nicht nur um die Liebe. Mit „How come“ erinnerte Alma Naidu an die Frauenemanzipation und daran, dass der Jazz immer noch sehr männerdominiert ist. Bewusst disharmonisch unterlegte Lisa Wulff dies am Kontrabass.


Bei „Blue“ hatte E-Gitarrist Lukas Häfner seinen großen Auftritt. Das Lied begleitete er solo. Es entspann sich ein wirkungsvolles „Zwiegespräch“ zwischen Singstimme und E-Gitarre, wenn Häfner gewissermaßen als Echo melodische Motive aufgriff. Und das Publikum stimmte dann auch noch mit ein: „So blue“. Zu den wenige Coverliedern des Programms gehörte „And so it goes“ von Billy Joel. Tosenden Beifall erhielt Valentin Renner für sein Schlagzeugsolo in „Back to live“. Der Schlagzeuger gab jedem Song seine eigene Note vom harten Klang mit Sticks bis zu sanft gehauchten Beckenanschlägen mit befilzten Schlägeln.


Mit einer Jazz-Version von Gloria Gaynors Disco-Hit „I will survive“ von 1987 als erste Zugabe drehte Alma Naidu noch einmal so richtig auf. Doch der krönende Abschluss erfolgte dann besinnlich mit dem berührenden Liebeslied „Just a word“. Dazu war die Bühne in leuchtendes Rot getaucht, wie überhaupt die Techniker des Backnanger Bürgerhauses wieder eine eindrucksvolle Lichtshow gestalteten.

 

9. Dezember 2022

Backnanger Bürgerhaus

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