Vortrag „Szenographie und Bühne – Achsen im faschistischen Rom“ von Ralph-Miklas Dobler

Demonstration von Herrschaft und Macht  

– Vortrag „Szenographie und Bühne – Achsen im faschistischen Rom“ von Ralph-Miklas Dobler in der Reihe „IFAG um sieben“ – 

von Klaus J. Loderer


An zwei Straßenachsen stellte Prof. Ralph-Miklas Dobler in einem online gehaltenen Vortrag des Instituts für Architekturgeschichte der Universität Stuttgart am 6. Dezember 2021 faschistischen Stadtumbau in Rom vor. Es handelt sich um zwei bekannte Straßenachsen, mit denen sich Dobler beschäftigte. Die Via dell’Impero, die heutige Via dei Fori Imperiali, die unter Mussolini angelegt wurde, um die Piazza Venezia mit dem Kolosseum zu verbinden, wird von vielen heutigen Touristen sicher nicht als Achse des faschistischen Städtebaues erkannt. Ein ebenso beliebtes Fotomotiv ist die Via della Conciliazione.


Historische Postkarte: Die Via dei Fori Imperiali in Rom hieß unter Mussolini Via dell’Impero

Noch 1922 war der Bereich zwischen dem Nationaldenkmal und dem Kolosseum dicht bebaut. Zwar hatte man schon vor dem Ersten Weltkrieg über die Freilegung der Kaiserforum nachgedacht, die Sache aber als undurchführbar zurückgestellt. Mussolini wollte ein monumentales modernes Rom neben die monumentalen Bauten der Antike stellen. 1930 ließ Mussolini mit dem Bau zweier Straßen beginnen. Von der Piazza Venezia sollte eine Straße auf die Konstantinsbasilika zuführen und umgekehrt eine zweite Straße vom Kolosseum zum Monumento Vittorio Emanuele zuführen. Dann erfolgte eine Planänderung, bei der die Verkehrsbedürfnisse in den Hintergrund traten. Nun sollte der Palazzo Venezia als Amtssitz Mussolinis in einer direkten Achse mit dem Kolosseum verbunden werden. Dafür wurde sogar ein Hügel abgetragen. 1932 erfolgte die festliche Einweihung. „Mussolini hatte eine Prachtstraße geschaffen, die in Europa einzigartig war,“ wertete Dobler. Sie konnte dabei viele Straßenzüge in anderen Städten übertreffen durch die Nachbarschaft der Antike: „Die Straße machte sich die Präsenz der kaiserlichen Bauten zu Nutze.“


Im Regulierungsplan aus dem Jahr 1931 war der Durchbruch von der Engelsburg zum Petersplatz noch nicht vorgesehen. 1935 gab Mussolini den Auftrag zu diesem Straßenzug. Als Begründung für den Abbruch des Stadtviertels wurde deren angebliche Unbewohnbarkeit behauptet. Als damals geplanter Übergang zwischen der Straße und dem Petersplatz war damals eine quergestellte Kolonnade vorgesehen. Der Vorplatz entstand erst in den Fünfzigerjahren. Mit der neuen Achse wurde massiv in die Umgebung des Vatikans eingegriffen. Dobler sieht den Bau als Machtdemonstration, mit der St. Peter an das faschistische Italien angebunden werden sollten. Die geplante einheitliche Randbebauung wurde nicht durchgeführt.


Die als Laternenhalter dienenden Obelisken wurden erst nach dem Zweiten Weltkrieg ausgeführt, um den Straßenraum zu vereinheitlichen. Allerdings wurden für Hitlers-Italienbesuch ganz ähnliche ephemere Straßendekorationen entworfen. Mit temporären Mitteln wurden monumentale Straßenachsen gerahmt. Entsprechende, zum Beispiel mit Fahnenmasten gebildete Monumentalachsen wurden für Großveranstaltungen angelegt. Mit Pfeilern, Pylonen und Flammenschalen konnte man Traditionsbezüge zum Ausdruck bringen. Dadurch konnte eine Überhöhung erreicht werden. Gleichzeitig wurde die Stadt als Bühne inszeniert. Dieser szenographische Höhepunkt diente zur Demonstration von Herrschaft, Macht und Tradition und zur Schaffung von Emotionen. Man kann dabei ein Denken in Sichtachsen erkennen. Außerdem darf nach Dobler ein cineastischer Blick auf die Achsen nicht vergessen werden.

 

Als Diskussionspartner erinnerte Prof. Piero Bruno am Institut für Wohnungsbau und Entwerfen der Universität Stuttgart an den starken Stadtumbau, der in den meisten Zentren italienischer Städte in den 1920er- und 1930er-Jahren erfolgte. Dobler ergänzte zum Thema der Wahrnehmung, dass die Via dei Fori Imperiali nach seiner Meinung nicht für das Verweilen geschaffen wurde, sondern für den Blick beim Vorbeifahren, etwa auch bei Filmaufnahmen. In der von IFAG-Institutsdirektor Prof. Dr. Klaus Jan Philipp geleiteten regen Diskussion ging es neben Bildwirkungen und Sehwesen um Hygiene als Metapher der Moderne.

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