Vor 125 Jahren: erstmals Wagners „Tristan und Isolde“ in Amsterdam – das Opernjahr 1896

„Die Meistersinger von Nürnberg in englischer und französischer Sprache 

– Aus der Chronik des Neuen Theater-Almanachs – 

von Klaus J. Loderer 

 

Der Januar 1896 stand im Zeichen des Jubiläums der Reichsgründung. Fünfundzwanzig Jahre zuvor hatte am 18. Januar 1871 die Gründung des Deutschen Reichs mit der sog. Kaiserproklamation im Spiegelsaal des Schlosses zu Versailles stattgefunden. Den Termin hatte man bewusst in Erinnerung an die Krönung des ersten preußischen Königs am 18. Januar 1701 in Königsberg gewählt.


Was tat sich vor 125 Jahren im Bereich der Oper an deutschen Theatern. Dazu geben die Chroniken in den jährlich erscheinenden Jahrbüchern Neuer Theater-Almanach eine gute Übersicht. Wenn man sich die Aufführungsjubiläen anschaut, fallen die hohen Aufführungszahlen bei Meyerbeer auf. Andererseits fanden in vielen Städten Erstaufführungen von Wagneropern statt. Es ist eine Zeit mit zahlreichen Eröffnungen von Theaterneubauten. Und wie heute wechseln die Theaterdirektoren.

Theatergebäude und Theatereröffnungen

Am 14. Mai 1896 wurde mit einer Vorstellung von Webers „Der Freischütz“ das Neue Kgl. Operntheater im vormaligen Krollschen Etablissement eröffnet. Das Theater diente der Kgl. General-Intendantur als zweite Spielstätte für das Kgl. Opernhaus.


Am 29. Mai 1896 erfolgte die erstmalige Anwendung der neuen Drehbühne durch den kgl. Maschinendirektor Karl Lautenschläger im Residenztheater in München. Zweck der neuen Drehbühne war die Beschleunigung des Szenenwechsels. „Lautenschlägers Idee bewährt sich heute bei dem nach der ursprünglichen Partitur neu eingeübten „Don Juan“ (zugleich in neuer Gewandung nach den Zeichnungen des Professors Josef Flüggen).“ Es handelte sich um ein Theater an der Stelle des jetzt vom Staatsschauspiel München genutzten Residenztheater. Allerdings bildete den Zuschauerraum damals das heute als Cuvilléstheater bekannte Interieur, das sich damals noch am alten Platz befand.


Den fünfundsiebzigsten Jahrestag der Eröffnung feierte das Kgl. Schauspielhauses in Berlin 26. Mai 1896. Die Eröffnungsvorstellung am 26. Mai 1821 wurde eingeleitet durch Glucks Iphigenien-Ouverture. Die bekannteste Uraufführung im Schauspielhaus war Webers Oper „Der Freischütz“ am 18. Juni 1821.


Am 26. September erfolgte die Eröffnung des neuen Deutschen Theaters in der Schwanthaler-Passage in München mit dem Ballett „Das Mahl des Nero“ mit Musik von Raida. Am 27. September war die Eröffnung des umgebauten, verschönerten und mit elektrischer Beleuchtung versehenen Stadttheaters in Ulm mit „Wilhelm Tell“.


Das Theater des Westens in Berlin wurde am 1. Oktober 1896 eröffnet mit dem Musikdrama „Tausend und eine Nacht“ von H. Drachmann. Architekt war Bernhard Sehring, der auch die Theater in Cottbus, Halberstadt und Bielefeld, das Schauspielhaus Düsseldorf und die Stadthalle Görlitz entwarf.


Am 3. Oktober fand die Eröffnung des nach Entwürfen des Architekten Heinrich Seeling errichteten neuen Stadttheaters in Bromberg (heute Bydgoszcz) statt. Direktor war Oskar Lange. Das früher Stadttheater, 1840 erbaut, brannte am 24. März 1890 ab. Von Seeling stammen auch das Deutsche Opernhaus Berlin, Schauspielhaus Frankfurt am Main, das Opernhaus Nürnberg, die Theater in Rostock, Essen, Kiel und Gera.



Das 1896 eröffnete Theater des Westens in Berlin

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Mozartdenkmal in Wien

Am 19. April 1896 fand die Enthüllung des Mozartdenkmals in Wien statt. Der Bildhauer Viktor Tilgner, der Schöpfer desselben, starb wenige Tage vorher am 16. April 1896. Von ihm stammt auch der Ganymedbrunnen vor dem Theater in Preßburg (Bratislava), das Denkmal für Carl Friedrich Petersen in Hamburg, das Denkmal für Johann Nepomuk Hummel in Preßburg und das Denkmal für Anton Bruckner im Stadtgarten in Wien. Die Architektur wurde von Karl König entworfen. Das Denkmal stand damals auf dem Albrechtsplatz (heute Albertinaplatz). Das im Zweiten Weltkrieg beschädigte Denkmal wurde restauriert und 1953 an seinem jetzigen Standort im Burggarten aufgestellt.

Direktorenwechsel in Elberfeld und Zürich

Ernst Gettke, Direktor des Stadttheaters in Elberfeld (heute Wuppertal) seit Eröffnung des neuen Hauses am 6. September 1888, trat zum Ende der Spielzeit „von der Leitung jener Bühne zurück, die er in achtjähriger Führung durch unermüdlichen Fleiß auf eine angesehene Stufe gehoben hat. Nach dem Schluß der „Tannhäuser“-Vorstellung wird der scheidende Direktor, der an die Spitze des Raimund-Theaters in Wien berufen ist, in Anerkennung seiner Verdienste um die Elberfelder Bühnenkunst durch Hervorruf, Blumen- und Kranzspenden ausgezeichnet; der Theaterverein hatte reiche Abschiedsgeschenke gespendet und ließ durch den Vorsitzenden Rudolf Schlieper dem Scheidenden seine Anerkennung aussprechen.“ Gettke war ab dem Sommer am Raimundtheater. In Elberfeld wurde Richard Balder sein Nachfolger, der die Spielzeit am 13. September mit „Fidelio“ eröffnete.


Paul Schroetter, Direktor des Stadttheaters in Zürich, verabschiedete sich nach dreizehnjähriger Leitung der Züricher Bühne, um an Stelle von Moritz Ernst die Direktion des Stadttheaters in Aachen zu übernehmen. Schroetter war 1883 als Nachfolger Wilhelm Schlegels in die Direktion des alten, am 10. November 1834 eröffneten Aktien-Theaters eingetreten, das am 1. Januar 1890 durch Brand zerstört wurde. Am 30. September 1891 wurde unter Paul Schroetters Direktion das neue Stadttheater, das heutige Opernhaus, mit „Don Carlos“ eröffnet. Das Schiller-Drama war 29. April 1896 die letzte Vorstellung des Schauspiels. Am 30. April 1896 fand zum Schluss der Spielzeit nach der Tannhäuser-Aufführung auf offener Bühne eine Abschiedsfeier statt mit einem von Schauspieler Müller-Hausen verlesenen Gruß. „Der Verwaltungsrath, der kostbare Geschenke an Herrn und Frau Schroetter gespendet hatte“, entbot durch seinen Vorsitzenden Kißling die letzten Abschiedsgrüße.“ Schroetter wurde im Sommer Direktor des Stadttheaters Aachen, an der Stelle von Moritz Ernst, der nach dreizehnjährigem Wirken ausschied. Direktor des Stadttheaters Zürich wurde Ludwig Treutler, der vorher Direktor des Stadttheaters Freiburg im Breisgau war.


Das 1891 eröffnete Stadttheater (heute Opernhaus) in Zürich

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Jubiläen

Am 17. Januar 1896 sang Franz Betz den Hans Sachs am Kgl. Opernhause in Berlin zum 100. Male. Seine erste Vorstellung in dieser Rolle war am 1. April 1870.


Eduard Köhler, Sänger und Schauspieler am Stadttheater in Reval, der seit 25 Jahren unter der Direktion Eduard Berent an dieser Stätte sang, spielte an seinem Ehrenabend am 21. Januar 1896 den Kantschukoff in „Fatinitza“ von Franz von Suppé und wurde „als beliebtes Mitglied von seinen zahlreichen Freunden durch Beifall und Festgeschenke erfreut“.


Ein Jubiläum feierte Theodor Schmidt, kgl. Opernsänger und Regisseur am 24. Mai. Er ist 25 Jahre zuvor, nachdem er ein dreimaliges Probegastspiel als Luna (7. Mai 1871), Valentin (8. Mai) und Nevers (10. Mai) vollzogen hatte, in der Debutrolle des „Barbiers von Sevilla“ zum ersten Mal als Mitglied der Kgl. Oper aufgetreten. Der Jubilar, geboren in Altona am 1. Oktober 1840, genoss Gesangsunterricht bei Josef Wurda in Hamburg und Friedrich Rebeling in Leipzig; er begann die Sängerlaufbahn 1862 als Mitglied der Deutschen Oper in Göteborg, wirkte in Dortmund, Stralsund, Kiel und Neustrelitz und war 1868-71 erster lyrischer Bariton am Stadttheater in Leipzig. In Berlin ist der Künstler etwa 3000 mal aufgetreten.


August Harlacher, Hofopernsänger und Oberregisseur der Oper im Hoftheater Stuttgart, erfreute sich zur Feier seiner 25jähriger Bühnentätigkeit der herzlichen Anteilnahme der Kunstgenossen; Intendant Freiherr Joachim zu Putlitz überreichte ihm am 28. Mai mit ehrender Ansprache ein Geschenk des württembergischen Königs. Der am 29. Oktober 1842 geborene Jubilar begann seine Laufbahn am Hoftheater in Karlsruhe und ging im Sommer 1893 nach Stuttgart.


Karl Tetzlaff, Oberregisseur der Königlichen Oper in Berlin, konnte am 28. August 1896 auf eine vierzigjährige Bühnentätigkeit zurückblicken. Geboren wurde er in Erfurt am 28. Januar 1837. Er war Schauspieler, dann 1879-81 Regisseur am Hoftheater in Dresden, 1881-1890 an der Hofoper in Wien und ab 1890 an der Kgl. Oper in Berlin.

Ruhestand

Kammersänger Hermann Schroetter, seit 1873 Hofopernsänger in Braunschweig, trat am 31. Mai 1896 in den Ruhestand; geboren in Berlin am 28. November 1842, ausgebildet durch den Kgl. Chordirektor Josef Elßler und Direktor Julius Hein, wirkte in Neustrelitz 1869/70, seit 23 Jahren als angesehener Heldentenor in Braunschweig.


Am 1. Oktober 1896 trat  Hermann Levi, kgl. Generalmusikdirektor am Hoftheater in München, von Prinzregenten Luitpold zum Ehrenmitgliede der Kgl. Hofkapelle ernannt, in den Ruhestand. Geboren wurde Levi in Gießen am 7. November 1839. Er war Schüler Vincenz Lachners in Mannheim und des Konservatoriums in Leipzig. Als Kapellmeister tätig war er an der deutschen Oper in Rotterdam 1862-64, am Hoftheater in Karlsruhe 1864-72. Dann in München. Dirigent des Parsifal in Bayreuth 1882, 1883, 1884, 1886 und 1889.


Die königliche Opernsängerin Bertha Pierson-Brethol, Gemahlin des Direktors der General-Intendantur, hatte am 14. November 1896 in der 200. Aufführung von „Cavalleria Rusticana“ als Santuzza ihren letzten Bühnenauftritt und nahm Abschied von der Bühne.


Am 30. Dezember verabschiedete sich Antonie Schläger, verehelichte Theumer, Hofopernsängerin in Wien, als Valentine („Hugenotten“), in derselben Partie, worin sie vierzig Jahre zuvor am 29. Oktober 1882 ihre Stellung an der Hofoper angetreten hatte.


Das Königliche Opernhaus (heute Staatsoper) unter den Linden in Berlin

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Todesfälle

Am 13. Januar 1896 starb die Opernsängerin Sofie Wlezek geb. Witt. Sie wurde am 13. Februar 1823 in Neapel geboren, war 1847-79 am Hof- und Nationaltheater in Mannheim, zuerst als Soubrette und jugendliche Sängerin, später in Opern- und Schauspielalten.


Im Februar starb Adolf Auerbach, geboren am 15. Juni 1826 in Karlsruhe. Studien bei Anton Haizinger und Heinrich Sontheim sowie an der kgl. Musikschule in München. Gesangskarriere als Heldentor von 1849-1862. Stadttheater in Zürich, Mainz und Danzig, 1852 in Graz, 1853-55 Frankfurt am Main, 1855-57 München und Wien, 1857-58 Hamburg, 1858-61 Wiesbaden, dann in Graz. Bei einem Gastspiel in Nürnberg 1859 erntete er großen Beifall als Raoul, Eleazar, Manrico, Tannhäuser und Otello. In Frankfurt am Main war er am 12. April 1854 der erste Lohengrin, in München am 12. August 1855 der erste Tannhäuser. Weitere Partien waren Max, Masaniello, Tybalt, Prophet usw.


In Bremen starb am 13. Februar 1896 der Komponisten Karl Martin Reinthaler, geboren am 13. Oktober 1822 in Erfurt. Nach Musikstudien in Berlin, Paris, Rom und Neapel kam er 1853 als Gesangslehrer an das Konservatorium in Köln. 1858 ging er als Organist der Domkirche nach Bremen. An geistlichen Werken ist das Oratorium „Jephta“ zu nennen. In Bremen wurde 1875 die Oper „Edda“ uraufgeführt. Die Oper „Käthchen von Heilbronn“ entstand infolge eines Preisausschreibens der Frankfurter Intendanz. Sie wurde am 8. Dezember 1881 in Frankfurt uraufgeführt. Es folgten Aufführungen in Braunschweig, Altona, Leipzig, Breslau, Kassel und Berlin.


Am 7. Mai 1896 starb in München Dr. Franz Graudaur, Hofopernregisseur und Schriftsteller. Er wurde am 7. März 1822 in Karlstadt in Unterfranken geboren. 1869-87 war er an der kgl. Hofoper in München. Er war als Übersetzer und Neubearbeiter von Operntexten tätig, so von Isouards „Joconde“, „Don Juan“, Gounods „Arzt wider Willen, „Oberon“. Außerdem schrieb er das Libretto von Perfalls „Junker Heinz“. Außerdem verfasste er die 1878 erschienene Chronik des Königl. Hof und Nationaltheaters in München.


Gustav Sieht
Neuer Theater-Almanach 1897


Gustav Siehr, kgl. Kammer- und Hofopernsänger in München starb am 18. Mai 1896. Er wurde am 17. September 1837 in Arnsberg geboren. Seine Jugend verbrachte er als Sohn eines Geheimen und Oberregierungsrats in Gumbinnen. An den Universitäten Königsberg, Jena und Berlin studierte er Medizin. Dann begann er mit Gesangsunterricht bei Domsänger Schäffer, Kapellmeister Heinrich Dorn und Julius Krause. Basspartien übernahm er in Neustrelitz 1863-64, Göteborg 1864-65, Prag 1865-70, Wiesbaden 1870-81 und ab 1881 in München. In den Sondervorstellungen vor König Ludwig II. sang er Gurnemanz. Diesen und Hagen sang er auch in Bayreuth. Weitere Rollen waren Sarastro, Kaspar, König Heinrich, Landgraf, Bertram, Waffenschmied, Bombardon („Goldenes Kreuz“), Falstaff usw.


Am 22. September 1896 starb die dramatische Wagner-Sängerin Katharina Lohse-Klafsky (vorher Greve-Klafsky) in Hamburg. Sie wurde am 19. September 1855 in Sankt Johann (heute Mosonszentjános) in Ungarn geboren. „Elf Tage nach ihrem letzten Auftreten als Fidelio ist die Kammersängerin Frau Lohse-Klafsky in Folge einer schweren Gehirnerkrankung bewußtlos hinübergeschlummert, drei Tage nach ihrem 41. Geburtstage, in der vollen Blüthe ihrer herrlichen Gesangskunst, in der üppigsten Kraft ihres Stimmvermögens, auf der glänzenden Höhe eines selbsterrungenen Weltrufes. Das erschütternde Ereigniß hat überall die innigste Theilnahme hervorgerufen; in Hamburg insbesondere, wo sie seit zehn Jahren den Schauplatz und die Heimstätte ihres ruhmvollen Wirkens gefunden hatte, wurde der Verlust der genialen Künstlerin tief empfunden und schmerzlich beklagt. Am Vormittage des 25. September strömten die Massen wie bei einer Völkerwanderung nach der (außerhalb des Dammthors, beim Grindel gelegenen) Klosterallee, zu dem Wohn- und Sterbehause der Unvergeßlichen, um ihrer Bahre wenigstens noch einen Abschiedsblick zu schenken; auch der Ohlsdorfer Friedhof, wo die feierliche Bestattung stattfand, hatte noch niemals eine so zahllose Menschenmenge bei einer Beerdigung versammelt. Im Sterbehause gab Oberregisseur Franz Bittong den Gefühlen der Trauerversammlung ergreifenden Ausdruck; in der Kapelle des Friedhofes ehrte Professor Josef Sittand, der so oft mit der Feder die Kunst Katharinas gepriesen hatte, noch einmal in bewegten Worten ihre Sangesherrlichkeit. Sie ruht in der Erde, einer früher ausgesprochenen Willenserklärung zufolge, im Gewande der Elisabeth aus dem letzten Akte des „Tannhäuser“.“ – so der Neue Theater-Almanach.

Aufführungsgeschichte

Am 5. Januar 1896 wurde die selten gespielte Oper „Die Loreley“ von Max Bruch am Stadttheater in Köln wieder aufgenommen. Sie wurde am 14. Juni 1863 in Mannheim uraufgeführt. Die Geibelsche Dichtung hatte sich schon Felix Mendelsohn-Bartholdy zur Vertonung vorgenommen, der jedoch nur ein Ave Maria, einen Winzer-Chor und das Finale des ersten Aktes komponierte.


„Winkelried“, Oper in drei Akten von Louis Lacombe, deren Text Dr. Hugo Riemann (Wiesbaden) verdeutscht hat, kam am 9. Januar 1896 am Stadttheater in Koblenz in Gegenwart der Witwe des Komponisten (der ehemaligen Sängerin Andréa Favel) zum ersten Mal auf eine deutsche Bühne.


Mozarts Oper „Cosi fan tutte“ wurde am 3. Februar 1896 als Festvorstellung am Stadttheater Hamburg gegeben zur Erinnerung der ersten Aufführung, die 100 Jahre zuvor  unter dem Titel „Weibertreue oder: Die Mädchen sind von Flandern“ stattgefunden hatte. Am 29. Mai 1896 hatte Mozarts „Don Giovanni“ in neuer Ausstattung im Residenztheater in München Premiere. Der Neue Theater-Almanach schrieb dazu: „Die Ankündigung des „Don Juan“ lautet in München: „Don Giovanni oder der bestrafte Wüstling“, heiteres Drama in zwei Akten von Lorenzo da Ponte, Musik von Wolfgang Amadeus Mozart; diese Ankündigung und insbesondere die Bezeichnung „heiteres Drama“ ist die Übersetzung des auf dem Prager Zettel vom 29. Oktober 1787 verzeichneten Wortlaut: Oggi per la prima volta Don Giovanni, ossia il Dissoluto punito. Drama giocosa in due atti con balli analoghi. Parole del Sign. Abbate da Ponte, musica de celebre maestro Sign. Amadeo Mozart.“ Der italienische Titel war im 19. Jahrhundert nicht üblich.


Cherubinis „Wasserträger“ (Les deux journées) wurde am 4. Februar 1896 zum hundertsten Male in Kassel aufgeführt. Die Oper wurde am 16. Januar 1800 in Paris uraufgeführt. In Deutschland war die Oper überhaupt sehr populär. Es gab u.a. Aufführungen in München 1801, in Mannheim am 6. Januar 1802, in Hamburg am 20. August 1802, in Weimar am 17. Dezember 1803, in Berlin am 15. März 1804. In Kassel war die erste Vorstellung am 3. März 1814. Cherubinis heute bekannteste Oper, „Medea“, wurde im 19. Jahrhundert in Deutschland nicht gespielt. Insofern war die Premiere am 20. Oktober am Stadttheater in Hamburg mit Rezitativen von Franz Lachner eine Besonderheit.


„Hänsel und Gretel“ gab es am 24. Februar 1896 zum 100. Male am Kgl. Opernhause in Berlin. Die erste Aufführung war am 13. Oktober 1894. Zur Feier des Tages hatte die Leitung der Komponist Engelbert Humperdinck, der von Kaiser Wilhelm II. besonders ausgezeichnet wurde. Am 18. März 1896 war die 200. Aufführung von „Hänsel und Gretel“ durch das Gastspiel-Unternehmen des Kapellmeisters Georg Richard Kruse.


Am Stadttheater in Hamburg war am 20. März 1896 die 100. Aufführung von „Cavalleria Rusticana“. Die Premiere war am 3. Januar 1891, die auch die deutsche Erstaufführung war.


Am Hoftheater in Schwerin wurde am 12. April 1896 erstmals „Benvenuto Cellini“ aufgeführt. Das langsam an den deutschen Opernbühnen zur Aufnahme gelangte Tonwerk von Hektor Berlioz, das in Paris am 3. September 1838 ohne Erfolg uraufgeführt wurde, ist in Deutschland zuerst durch Franz Liszt am Hoftheater in Weimar 20. März 1852 zur Aufführung gekommen. Es folgten Aufführungen in Hannover (unter der Leitung Hans von Bülows) am 2. Februar 1879, in Leipzig am 3. August 1883, in Mannheim am 21. Februar 1886, in Karlsruhe am 21. März 1886, in München am 5. Mai 1889, in Hamburg am 30. September 1889, in Bremen am 8. Januar 1890 und in Stettin am 6. April 1890). Am 21. November 1896 war erste Aufführung am kgl. Opernhaus in Berlin.


Am 19. Apri 1896 wurde „Genesius“, Oper in drei Akten des Kgl. Kapellmeisters Felix Weingartner unter Leitung  des Komponisten erstmals am Hof- und National-Theater in Mannheim aufgeführt. Am 15. November 1892 kam die Oper zum ersten Mal im Kgl. Opernhaus in Berlin.


Gounods „Margarete“ (Faust) wurde am 11. Juni in der Hofoper in Wien zum 350. Male seit dem 8. Februar 1862 aufgeführt.


Drei geschichtliche Opernabende gab es am 20., 22. und 24. September 1896 am Hoftheater in Karlsruhe mit je drei kleinen Werken: Italien-Abend: „Magd als Herrin“, „Der portugiesische Gasthof“ und „Liebestrank“; Frankreich-Abend: „Die beiden Geizigen“, „Die kleinen Savoyarden“ und „Djamileh“; Deutschland-Abend: „Die Maienkönigin“, „Der Apotheker“ und „Abu Hassan“.


Ein Jubiläum bot der 30. Mai: „Der Waffenschmied von Worms“, komische Oper in drei Akten von Albert Lortzing wurde 50 Jahre zuvor im Theater an der Wien unter Leitung des Komponisten zum ersten Mal auf der Bühne gezeigt.


Am 15. November war die 100. Aufführung von Webers „Oberon“ am kgl. Theater in Kassel aufgeführt seit dem 28. Juli 1827. In London uraufgeführt am 12. April 1826, kam das Stück am 24. Dezember 1826 in Leipzig auf die Bühne. Das Theater in der Josephstadt in Wien spielte „Oberon“ am 20. März 1827.


„Die lustigen Weiber von Windsor“ von Otto Nicolai wurden am 1. Dezember 1896 zum 200. Male am Kgl. Opernhaus in Berlin seit 9. März 1849 gespielt.


Am 30. Dezember 1896 wurde „Der Prophet“ von Meyerbeer am kgl. Opernhaus in Berlin zum 250. Mal aufgeführt seit dem 28. April 1850. Die Uraufführung war am 16. April 1849. Hamburg spielte die Oper am 24. Januar 1850 und Dresden am 30. Januar 1850.


„Fra Diavolo“ von Auber wurde am 31. Dezember 1896 zum 200. Male seit dem 3. August 1830 im kgl. Opernhaus Berlin gespielt. Die Uraufführung war am 28. Januar 1830. Die ersten Aufführungen in Deutschland waren in Hamburg am 11. September 1830 und in Dresden am 29. Oktober 1830.


Das Neue Königliche Operntheater (vormals Kroll) am Königsplatz (heute Platz der Republik) in Berlin

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Wagner-Aufführungen 1896

Richard Wagners Oper „Tristan und Isolde“ wurde am Stadttheater Lübeck erstmals am 22. Januar 1896 gespielt. In Posen war die erste Aufführung der „Die Meistersinger von Nürnberg“ am 3. März 1896. „Die Meistersinger von Nürnberg“ wurden am 23. April 1896 von der Karl-Rosa-Gesellschaft in Manchester zum ersten Mal in englischer Sprache aufgeführt. Am 4. Mai wurde Wagners „Rheingold“ zum ersten Mal am Kgl. Theater in Kassel gezeigt. Am 8. und 10. Mai waren die ersten Aufführungen von Wagners „Tristan und Isolde“ in Amsterdam, initiiert vom dortigen Wagner-Verein. Die beiden Vorstellungen mit deutschen Sängern, geleitet von Dr. Henri Viotta, hatten als Besetzung: Tristan – Max Alvary, Isolde – Rosa Sucher, Brangäne – Gisela Staudigl, Kurwenal – Franz Betz, Marke – Josef Staudigl. Am 30. Dezember 1896 wurden „Die Meistersinger von Nürnberg“ in Lyon zum ersten Mal in Frankreich aufgeführt. Die französische Übersetzung stammte von Alfred Ernst.

 

„Die Meistersinger von Nürnberg“ wurden 16. Mai zum 100. Male am Stadttheater in Hamburg unter der Direktion von B. Pollini aufgeführt. Die erste Aufführung in Hamburg war am 9. April 1871. Am 1. November 1895 war die hundertste Aufführung von „Lohengrin“ am Kgl. Theater in Kassel seit der ersten Aufführung am 5. April 1868.

 

Der Wagner-Zyklus mit zehn Abenden begann am 8. Mai 1896 am Stadttheater in Hamburg.  Vom 12. bis 30. Juni fand am Kgl. Opernhause in Berlin ein Wagner-Zyklus statt mit den damals üblichen zehn Abenden mit den Werken von „Rienzi“ bis zur „Götterdämmerung“. Das königliche Opernhaus in Budapest gab vom 11. Juli bis 27. August aus Anlass der Millenniumsfeier zum Gedenken an die sog. ungarische Landnahme vor tausend Jahren einen zweimaligen Wagner-Zyklus ohne „Rienzi“ und „Tristan und Isolde“.  Nach dem Jahr 1895 ohne Festspiele begannen am 19. Juli 1896 die Festspiele in Bayreuth. Es gab eine fünfmalige Aufführung des „Ring des Nibelungen“ in vollständig neuer Ausstattung, der seit den denkwürdigen Augusttagen 1876 nicht wieder in Bayreuth gegeben worden war. Im Dezember 1896 gab es eine zweimalige Aufführung des „Rings des Nibelungen“ am kgl. Opernhaus Berlin.


Das 1896 eröffnete Stadttheater Bromberg

Foto: Atelier Th. Joop, Bromberg / Architekturmuseum der Technischen Universität Berlin


Neue Opern und Operetten

Mehrere Seiten nimmt im Neuen Theater-Almanach von 1897 und 1898 die Liste der Neuheiten ein. Allerdings ist der allergrößte Teil dieser Opern, Operetten, Dramen, Komödien etc. heute längst vergessen. Von „Donna Diana“, am 16. Dezember 1894 in Prag uraufgeführten komischen Oper von Nikolaus von Reznicek erfreut sich immerhin die Ouvertüre mit Ohrwurmqualitäten bis heute einer gewissen Beliebtheit. Die Oper wurde damals häufig aufgeführt, etwa in Leipzig ab dem 12. November 1895, in Kassel, in Darmstadt ab dem 25. November 1895 und in Königsberg ab dem 9. Februar 1896.


Von einigen heute noch bekannten Komponisten erschienen damals neue Werke. Von Hugo Wolf hatte die Oper „Der Corregidor“ am 7. Juni 1896 in Mannheim ihre erste Aufführung. „Ghismonda“ von Eugen d’Albert wurde in Dresden am 28. November 1895 uraufgeführt. Dass „Zanetto“ von Pietro Mascagni am 1. September 1895 im Theater an der Wien aufgeführt wurde, ist möglicherweise ein Druckfehler, da die Uraufführung in anderen Quellen mit dem 2. März1896 in Pesaro angegeben wird. Richard Strauss war damals eher noch als sinfonischer Komponist bekannt. In diese Zeit fällt allerdings „Guntram“, der am 10. Mai 1894 in Weimar uraufgeführt wurde. Es folgten Aufführungen in München ab dem 16. November 1895. 


Von Jenö Hubay (eigentlich Eugen Huber) wurde vor einiger Zeit die Oper „Anna Karenina“ in Braunschweig wiederaufgeführt. Ende des 19. Jahrhunderts kam von ihm eine neue Oper auf die Bühne. Die ersten Aufführungen von „Der Geigenmacher von Cremona“ waren in Leipzig am 22. September 1895, in Prag am 13. Oktober 1895, in Stuttgart am 22. Dezember 1895 und in Straßburg am 7. Januar 1896. Zu seiner ebenfalls als Neuheit angeführten Oper „Alienor“ finden sich keine Aufführungsdaten. 


„Das Heimchen am Herd“, eine neue Oper von Karl Goldmark, einem in Ungarn geborenen Komponisten, dessen bekannteste Oper „Die Königin von Saba“ ist, kam am Hofoperntheater in Wien am 21. März 1896 erfolgreich zur ersten Aufführung. In Berlin fand am 27. Juni 1896 die erste Aufführung im Neuen Kgl. Operntheater (dem ehemaligen Krollschen Etablissement) in Gegenwart des Komponisten Karl Goldmark statt, der insbesondere nach dem zweiten Akte durch stürmischen Beifall ausgezeichnet wurde. Am 17. September 1896 war die Premiere am Hoftheater Schwerin.


Der Luitpoldpreis für eine deutsche Oper wurde am 1. November 1896 in München keiner der eingesandten Arbeiten zuerkannt und wurde zwischen den Komponisten der drei besten Opern verteilt. Ludwig Thuille aus München „Theuerdank“, Arthur Könnemann aus Mährisch Ostrau „Der tolle Eberstein“ und Alexander Zemlinsky aus Wien „Sarema“.


Eher als Kuriosität seien noch einige Operntitel von damals angeführt: „Albrecht Roser, ein badischer Held“,  Oper in vier Akten von E. Korten, aufgeführt in Elberfeld am 29. März 1896; „Astorre“ von J. Krug-Waldsee nach der Novelle „Die Hochzeit des Mönchs“ von Konrad Ferdinand Meyer in Stuttgart am 25. Februar 1896; „Aus großer Zeit“ von Ernst Heuser in Elberfeld am 12. Januar 1896; „Drei Frauen und keine“, komische Oper von O. Piper in Erfurt am 28. Januar 1896; „Die Erlösung“ musikalische Legende von August Scharrer, Straßburg 21. November 1895; „Fra Francesco“ von Henry Waller, Berlin kgl. Opernhaus 19. Juni 1896; „Gloria“ von J. Brüll, Hamburg 15. Oktober 1896; „Der Lotse“ von J. Urich, Charlottenburger Flora 22. Juli 1895, Hamburg 26. September 1895; „Die Markedenderin“ (La vivandière) von B. Godard, Düsseldorf 15. November 1895 Leipzig 6. Januar 1896; „Runenzauber“ von Emil Hartmann, Hamburg 15. Oktober 1896; „Der Schatz des Rhampsinit“ komische Oper von A. Gortner. Mannheim 28. November 1894, Karlsruhe 5. Januar 1896; „Sjula“ von Karl von Kaskel, Köln 29. November 1895, Hamburg 27. Februar 1896; „Der Spielmann“ von A. Schulz, Braunschweig 26. Januar 1896; „Der Sturm auf die Mühle“ nach Zola von Alfred Bruneau, Breslau 5. November 1895, Hamburg 30. November 1896; „Der Überfall“ von Heinrich Zöllner, Dresden 7. September 1895, München 15. Oktober 1895, Schwerin 1. Dezember 1895; „Der Zauberer vom Nil“ von B. Herbert, Carltheater Wien 26. September 1896.

 

Unter den Operetten findet sich auch noch eine der letzten Operetten von Johann Strauß Sohn. „Waldmeister“ wurde am 4. Dezember 1895 im Theater an der Wien uraufgeführt. Ein Gastspiel der Hamburger Operette unter Direktor J. Ferenczy im Lessing-Theater in Berlin  kam mit „Waldmeister“ vom 2. Mai bis 31. Juli 1896 auf 65 Vorstellungen.


Außerdem gab es deutsche Erstaufführungen von Gilbert und Sullivan: „Der Großherzog“ wurde am 20. Mai 1896 im Neuen Theater in Berlin Neues Theater gezeigt, „Der Häuptling“ am 16. November im Gärtnerplatztheater in München. Damals populär war Josef Hellmesberger der Jüngere. Von ihm erschien das Vaudeville „Die Doppelhochzeit“ im Theater in der Josephstadt in Wien. Ebenso vergessen wie die anderen angeführten Operetten sind deren Komponisten: „Don Alvaro, der Hauptmann von Zalamea“, Operette von Fritz Baselt, 26. Juli 1896 im Sommertheater Darmstadt; „Fabian und Sebastian“ von Adolf Klages am 30. November 1895 in Hannover; „Der Löwenjäger“ von Georg Verö mit einem Libretto von P. von Schönthan und Leo Stein am 10. Oktober 1896 im Theater an der Wien. Hamburg verbindet man heute wenig mit Operetten. Und doch gab es auch dort Uraufführungen, etwa die Hamburger Lokalposse „Lustige Blätter“ mit Musik von Leo Fall (Centralhalle Hamburg, 25. Juli 1896) und die burleske Operette „Wirri-Warri“ von Rudolf Groß (November 1896 im Hamburger Centralhallentheater).

 

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