Ausstellung: Gert Fabritius und Ákos Matzon im Ungarischen Kulturinstitut in Stuttgart – 2020

Kontraste: Geometrie und Mythos 

– Ausstellung Gert Fabritius und Ákos Matzon im Ungarischen Kulturinstitut in Stuttgart – 

von Klaus J. Loderer


Ist das ein Kapellmeister mit einem Orchester, den man dirigierend von hinten sieht? Oder ist der barfüßige Mensch mit dem Kittel mit großen Taschen eher ein Maler inmitten seiner Skizzen?


Die Bilder von Gert Fabritius und Ákos Matzon könnten keinen größeren Kontrast bilden. Die figürliche Welt des aus Siebenbürgen stammenden Malers Gert Farbritius mit ihrer Skizzenhaftigkeit und ihren mythologischen Bezügen kontrastiert in der Ausstellung im ungarischen Kulturinstitut in Stuttgart mit dem strikt abstrakten Formenschatz des ungarischen Künstlers und Architekten Ákos Matzon. Zwei Künstler zu kombinieren, das hat in der Reihe »Künstlerbegegnungen« im Kulturinstitut eine langjährige Tradition. 


Ausstellung »Kontraste« im Ungarischen Kulturinstitut in Stuttgart mit Werken von Gert Fabritius und Ákos Matzon

Foto: kjl



Ákos Matzon geht grundsätzlich von einem Quadrat aus, dieses ist zumeist weiß, gelegentlich auch schwarz. Auf dieser einheitlichen Grundfläche spielt er Variationen von Motiven durch. Parallele Striche, rechtwinklige Formen, gelegentlich Kreis. Man merkt, dass er Architekt ist. Viele Bilder könnte man auch als Entwürfe des Neuen Bauens lesen – und zwar nicht als Plan sondern als Modell. Denn die meisten von Matzons Arbeiten sind feine Reliefs. Wie die Konstruktivisten arbeitet er mit Räumlichkeit und Schichtung im Bild. Eine besondere Dynamik erhalten die Bilder dadurch, dass er seine Motive leicht schräg stellt. Normalerweise haben die Motive in Bildreihen bei ihm eine identische Schrägstellung. Bei den beiden Bildern »Omega Weg« ist die Schrägstellung gegeneinander gerichtet. Fast wären die Bilder bunt geworden. Die unzähligen parallel aufgesetzten Streifen haben unterschiedliche Farben. Doch hat sie Matzon weiß überstrichen – aber so, dass man die ursprünglichen Farben gerade noch erahnen kann. Bei »Fenster 2« zeigt Matzon einen harten Schwarz-Weiß-Kontrast. Umso markanter ist es, wenn er gelegentlich in einem Bild einen einsamen roten Strich einsetzt.


Ákos Matzon: Omega Weg 1 und 2

Foto: kjl


Quadrate und rote Strich sind Motive, die sich auch bei Gert Fabritius findet. Bei ihm rahmt ein dicker roter Strich das große Quadratformat »Der Kapellmeister« von 2020. Ein barfüßiger Mann dirigiert ein imaginäres Orchester, das nur durch verstreute Miniskizzen von Instrumenten angedeutet wird. Die winzigen Figuren, die auf dem Bild verstreut sind, entstammen den Skizzenbüchern des Künstlers. Auch die Hauptfigur wirkt mit schwarzen Strichen auf weißem Grund wie eine locker skizzierte Vorzeichnung. Ähnlich gearbeitet ist »Der Beobachter« von 1917. Mit wenigen schwarzen Strichen angedeutet ist ein auf einem Lehnstuhl sitzender Mann. In den Ecken des wieder mit einem roten Strich gerahmten Bildes sind wieder kleine Skzizzen zu finden.


Gert Fabritius: Der Kapellmeister, 2020

Foto: kjl



Gemeinsam ist beiden Künstlern die präzise Strichführung. Bei Matzon ist sie streng in den Bahnen der Geometrie und exakt mit dem Lineal gezogen und im rechten Winkel. Bei Fabritius sind die Striche freihand geführt und weniger der exakten Anatomie als der Kraft des Ausdrucks verpflichtet, wie man an den prägnanten Händen erkennen kann.


Eine weitere Gemeinsamkeit ist die Rätselhaftigkeit. Ákos Matzons Bilder scheinen auf den ersten Blick leicht erfassbare geometrische Systeme von Flächen und Linien. Doch kann man bei vielen Bildern feststellen, dass die Räumlichkeit weiter geht. So schlitzt er manchmal das Bild auf, sodass man die Wand hinter dem Bild sehen kann (ohne es zu merken) oder er setzt in Rillen Spiegel ein, die den Raum oder gar den Betrachter reflektieren. Gert Fabritius gibt uns mit den Bildthemen Rätsel auf. In den Figuren bleibt er skizzenhaft, deutet Gesichter nur an und lässt den Raum verschwimmen. Er deutet Geschichten und Mythen an ohne sie gänzlich zu zeigen. Da springt ein Minotaurus in einer Szene, die man vielleicht zuerst als Zirkus gedeutet hätte (»Der Sprung über den Stein ein vergebliches Hoffen auf die Erfüllbarkeit des Seins«, 2010). In einem anderen Bild sucht ein Stier nach Europa (»Wo ist Europa«, 2019).

 


Ausstellung

Kontraste

Gert Fabritius und Ákos Matzon

17. September – 13. Oktober 2020

Ungarisches Kulturinstitut

Christophstr. 7

Stuttgart

 

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