Opernkritik: Wagners "Lohengrin" auf dem Rummelplatz – Theater Chemnitz 2020
Ein vergessener Rummelplatz erwacht zu neuem Leben
– Joan Anton Rechi inszeniert Wagners romantische Oper „Lohengrin“ im Opernhaus Chemnitz –
von Klaus J. Loderer
Einen stillgelegter Rummelplatz hat sich Bühnenbildner Sebastian Ellrich als Situation für „Lohengrin“ in Chemitz ausgedacht: Eindrucksvoll schlängeln sich die Schleifen einer alten Achterbahn durch den Raum. Manche Bahnen sind räumlich vorhanden, andere sind im Hintergrund nur gemalt. Doch das bemerkt man am Anfang nicht, wenn Nebel die Szene effektvoll verunklärt. Längst kommen keine Besucher mehr her. Eine trostlose Welt zeichnet Regisseur Joan Anton Rechi hier.
„Lohengrin“ der Theater Chemnitz: Mirko Roschkowski (Lohengrin)
Foto: Nasser Hashemi
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Elsa schläft. Sie träumt von Lohengrin, der im Hintergrund erscheint. Doch hat dieser Rummelplatz ein seltsames Leben. Sind es Leute vom Zirkus, die die Bühne plötzlich bevölkern, zumindest deuten die Kostüme von Mercè Paloma das an. Muss Elsa deshalb die Achterbahn hinaufklettern, um in einen vom König festgelegten Kreis zu springen? Das tut sie letztendlich nicht aber sie singt da oben, über dem Abgrund hängend, und das hätte man einer sowieso mit der Rolle überforderten Sängerin nicht abverlangen sollen. Denn mit Cornelia Ptasseks Gesang ist man nicht glücklich, zu unpräzise und zu wenig lyrisch. Dagegen gibt Magnus Piontek einen guten König Heinrich und Andreas Beinhauer einen Heerrufer mit markanter Stimme.
Dann gibt es einen Kurzschluss und die Lichter gehen an. Gehen bei einem Kurzschluss nicht eigentlich die Lichter aus? Buchstaben leuchten auf und ergeben, wenn auch unvollständig, das Wort „Wunderland“. So etwas Ähnliches gab es gerade im Salzburger „Lohengrin“. Von links sieht man schon hinter dem Bühnenrahmen den Schwan warten (dahin ist die Überraschung), der dann eine kurze Rampe herunterrollt. Immerhin es gibt einen Schwan in Form einer Karusselgondel. Warum sich Lohengrin von einem solchen Objekt verabschiedet? Nun, manche Leute sprechen auch mit ihrem Auto. Als Lichtgestalt, mit glänzender Weste und weißem Mantel, erscheint dieser Lohengrin. Ebenso hell ist die Stimme von Mirko Roschkowski, der lyrisch zart einen sanften Lohengrin gibt. In klare Höhe steigt sein Tenor auf. Auch für die Gralserzählung wählt Mirko Roschkowski einen sanften Ton und formt mit schönen Crescendi effektvolle Steigerungen.
„Lohengrin“ der Theater Chemnitz: Cornelia Ptassek (Elsa); Opernchor
Foto: Nasser Hashemi
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Des anfänglich so interessant wirkenden Bühnenbilds hat man sich schnell sattgesehen. Da nützt es auch nichts, dass sich die Bühne oft dreht. Denn das tut dem Bildeffekt nicht gut, da Chor und Solisten häufig damit beschäftigt sind, sich nur deshalb zu bewegen, damit sie nicht aus dem Bild fahren. Auch Regisseur Rechi kann die Spannung nicht immer zu halten. Viele Aktivitäten sind zu aufgesetzt. Im zweiten Aufzug sieht man die Achterbahn von hinten. Telramund und Ortrud haben sich in einem Verschlag versteckt. Martin Bárta singt den Telramund mit wirkungsvollem Bariton, hart aufretend und volltönend. Andrea Baker mag als „wilde Seherin“ beeindrucken doch ist ihr Gesang sehr eigenwillig. Dass Elsa bei der unter ihr stattfindenden Beschwörung der alten Götter zuschaut, überzeugt nicht. Der Versuch den Brautgang durch Action aufzuladen gelingt Regisseur Rechi auch nicht wirklich, wenn der Chor allerhand Objekte hochhält, um Ortrud damit zu erschlagen, weil sie Elsa bedroht. Und der Heerrufer wird kaum neben der mit Benzin übergossenen Ortrud mit dem Feuerzeug herumfuchteln. Der König erschlägt dann auch noch den Heerrufer.
„Lohengrin“ der Theater Chemnitz: Cornelia Ptassek (Elsa) und Mirko Roschkowski (Lohengrin)
Foto: Nasser Hashemi
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Im dritten Aufzug steigen Lohengrin und Elsa in ein Spiegellabyrinth hinab, in dem sie die Brautnacht verbringen möchten. Es ist das Labyrinth der Fragen, in dem sie sich schließlich verheddern. Hier steigert sich Elsa dermaßen in eine Hysterie hinein, dass sie sich mit einer Spiegelscherbe umbringen möchte. Lohengrin entwendet sie ihr und ersticht damit den in mörderischer Absicht im Spiegellabyrinth herumsuchenden Telramund.
Generalmusikdirektor Guillermo García Calvo interpretiert die Partitur mit der Robert-Schumann-Philharmonie über weite Strecken sehr getragen. Nur gelegentlich kommt etwas Schwung auf. Das macht den Abend leider etwas langatmig. Opernchor (Leitung Stefan Bilz), Extrachor und Chorgäste (Einstudierung Dovile Siupenyte) erreichen in den linearen Partien einen guten Gesamtklang, an den Stellen mit vielen Einzelstimmen bleibt man allerdings die nötige Präzision schuldig.
Besuchte Vorstellung: 1. Februar 2020
(2. Vorstellung nach der Premiere am 25. Januar 2020)
Opernhaus Chemnitz
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