Ausstellung „Albrecht Dürer“ – Albertina Wien
Von Nürnbergerinnen und unendlichen Knoten
– Albrecht Dürer in der Albertina Wien –
von Klaus J. Loderer
Drei Nürnbergerinnen in Kleidung der Zeit um 1500 – Kostümentwürfe für Wagners „Meistersinger von Nürnberg“? Nein, es handelte sich um aquarellierte Federzeichnungen Albrecht Dürers. Kleid und Haube für den Kirchgang, ein Hauskleid und ein prächtiges Tanzkleid mit viel gerafftem Stoff hat der Nürnberger Maler detailgetreu dargestellt. Noch eine andere Zeichnung konnte die Aufmerksamkeit der Wagnerianer finden, eine Darstellung des Hafens von Antwerpen beim Scheldetor. Dürer hat die Situation während seiner Reise durch die Niederlande 1520 als Strichzeichnung locker mit der Feder skizziert. Boote liegen im Hafen, rechts sind dicht zusammengerückt Stadtmauer, Türme und Häuser.
Nürnbergerinnen, Zeichnungen von Albrecht Dürer, 1500
(Albertina Wien)
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Die meisten Besucher werden an den erwähnten Zeichnungen vielleicht achtlos vorübergangen sein. Die berühmten Werke der Dürer-Ausstellung in der Albertina waren andere. Das „Große Rasensstück“ etwa. Es gehört ebenso wie „Die betenden Hände“ und der „Feldhase“ zu den berühmten Zeichnungen Albrecht Dürers. Gemeinsam ist ihnen, dass sie in der Albertina in Wien aufbewahrt werden, die nun eine ganze Werkschau Dürers zeigte. Schon die große Freitreppe zur Albertina stimmte auf Dürer ein. Riesenhaft vergrößert konnte man dort das „Große Rasenstück“ sehen. In horizontale Streifen zerlegt und auf die Stufen geklebt, konnte man aus einem gewissen Abstand von der Herrengasse aus das Motiv gut erkennen. Die Originalzeichnung ist dann trotz ihres Namens eher kleinformatig. Doch ist dieses Stück Wiese, das Dürer aus seinem Umfeld herausnahm, mit einer unglaublichen Detailtreue gezeichnet. Auch den berühmten Hasen zeichnete Dürer detailgetreu Härchen für Härchen. Man möchte fast das weiche Fell streicheln. Auch hier nahm Dürer den Hasen aus seiner Umgebung heraus. Nur der angedeutete Schatten rechts sorgt dafür, dass der Hase nicht ganz in der Luft schwebt.
„Der Hafen von Antwerpen beim Scheldetor“, Zeichnung von Albrecht Dürer, 1520
(Albertina Wien)
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Bei der „Akelei“ fällt die Zartheit und naturalistische Darstellung der Blätter auf. Ein blühender Grashalm ragt in die linke Ecke hinauf. Die mittlere Akelei ist knapp aus der Mitte verschoben. Auch dieses Objekt entrückte Dürer der natürlichen Umgebung. Ein Stück Erde dient unten als Sockel. Aus ihm wachsen die Akelei und etwas Gras heraus.
Ausstellungskurator Christof Metzger kam in seiner Beschäftigung mit Dürer zum Schluss, dass es sich bei diesen Zeichnungen nicht einfach um Naturstudien handelt, sondern um Demonstrationsstücke, die den Kunden und Besuchern der Werkstatt zeigen sollten, welche Fähigkeiten Dürer besaß. Sie sollten die Virtuosität Dürers beweisen. Metzger stellte die Vermutung an, dass es sich um Reste eines Musterbuchs handeln könnte. Er wies diese Naturstudien auch eindeutig Dürer selbst zu und verneinte damit auch die gelegentlich anklingenden Zweifel an der Urheberschaft und eine Datierung auf das späte 16. Jahrhundert. Als neue Datierung setzte Metzger die Zeit nach Dürers Venedigreise an. Bei der immer wieder genannten Jahreszahl 1526 handelte es sich um einen nachträgliche und nicht eigenhändige Datierung.
Knoten, Holzschnitte von Albrecht Dürer, nach 1507
(Albertina Wien)
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In der Ausstellung stechen drei Holzschnitte heraus. Es handelt sich um rein grafische Muster. Fast wirken sie wie geklöppelte Spitzen aus weißem Faden, die auf schwarzem Untergrund liegen. Als Inspiration dienten Dürer wohl sechs Kupferstiche mit sogar fälschlicherweise Leonardo da Vinci zugeschriebenen Endlosknoten, die er wohl in Venedig erworben hat. Solche Endlosknoten erfreuten sich um 1500 in Italien großer Beliebtheit und dies nicht nur als Textilie sondern auch in der Kunst. Dürer übertrug die Muster in Holzschnitte.
Mehr als zweihundert Arbeiten Dürers, Zeichnungen, Aquarelle, Grafiken und Gemälde zeigte die Albertina in Wien. Mehr als 140 Werke Dürers sind in der Albertina vorhanden. Es handelt sich um den weltweit größten Bestand überhaupt. Den eigenen Bestand konnte die Albertina für die Ausstellung durch Leihgaben ergänzen. Aus den Uffizien kamen die „Anbetung der Könige“, aus Weimar das Selbstbildnis des nackten Albrecht Dürer, „Die Marter der Zehntausend“ aus dem Kunsthistorischen Museum Wien, „Jesus unter den Schriftgelehrten“ aus dem Museum Thyssen-Bornemisza in Madrid und aus dem Prado Dürers wohl schönstes Männerporträt.
Ausstellung
Albrecht Dürer
20. September 2019 bis 6. Januar 2020
Albertina
Wien
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