Ausstellung: „Van Dyck“ – Alte Pinakothek München – 2019

Anthonis van Dyck, Selbstbildnis,
um 1615, 
Öl auf Eichenholz, 
© Wien, Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste

Gemälde als fürstliches Statussymbol 

– Alte Pinakothek München zeigt Ausstellung über den Maler Anthonis van Dyck – 

Von Klaus J. Loderer

Anthonis van Dyck gehört zu den wichtigen Malern des frühen 17. Jahrhunderts. Er macht eine einzigartige Karriere, die ihren Höhepunkt mit der Ernennung zum Hofmaler durch den englischen König Karl I. (Charles I.) hat. Die Aufenthalte in England sind auch der Grund dafür, dass er in der englischen Namensfassung Anthony van Dyck bekannt ist. Berühmt sind seine Porträts der englischen Königsfamilie.

Die Alte Pinakothek in München besitzt einen großen Bestand an Werken von Anthonis van Dyck. Ergänzt um zahlreiche Leihgaben zeigt sie in der Ausstellung „Van Dyck“ anschaulich den Schaffensweg des Malers und bindet ihn in die zeitgenössische Malerei ein. Dass er selbst viele Themen mehrmals in unterschiedlichen Fassungen gemalt hat, nahmen die Kuratoren zum Anlass einmal solche Reihen nebeneinanderzustellen. So kann man hier die Originale einmal direkt miteinander vergleichen.

Anthonis van Dyck wurde am 22. März 1599 in Antwerpen geboren. Der Vater war Tuch- und Seidenhändler und wohl vermögend, wie der Erwerb mehrerer Häuser vermuten lässt. 1609/10 ging Anthonis beim Maler Hendrik van Balen in die Lehre, der auf Kupfer gemalte Historienszenen herstellte. Das älteste erhaltene Gemälde von Anthonis stammt aus dem Jahr 1613. Wie er aussah, wissen wir durch ein Selbstporträt aus dem Jahr 1715, das die Akademie der bildenden Künste in Wien nach München ausgeliehen hat. Nur wenige Jahre später entstand das Selbstporträt aus dem Bestand der Alten Pinakothek.

Eine wichtige Prägung erfuhr Anthonis in der Werkstatt von Peter Paul Rubens, dem damals berühmtesten Maler Antwerpens. Entsprechend beschäftigte er sich mit Themen aus der Bibel und der Mythologie. Die Ausstellung stellt immer wieder Vergleiche mit Rubens an. So kann man anschaulich zwei Gemälde der beiden Maler zum selben Thema vergleichen. In einem großformatigen Gemälde stellte Rubens den von begleitenden Figuren gestützten, betrunkenen Silen dar. Man kann direkt daneben sehen, wie Soutman das Bild in einen Kupferstich übersetzte. Beide sind unterschiedlich, da Rubens das Gemälde später vergrößerte. Wesentlich kleiner ist das Bild van Dycks, in dem der Silen sturzbetrunken daherwankt. Er kopierte also nicht einfach das Rubens-Bild. Auch von diesem Bild wurde ein Kupferstich angefertigt. 1618 wurde van Dyck in die Lukasgilde in Antwerpen aufgenommen.

Simon und Philippus und Studienköpfe
Foto: Klaus J. Loderer
Die Serie der Apostel wurden für die Ausstellung ergänzt um Studienköpfe. Das sind Gemälde, die van Dyck anfertigte, um Gemütszustände und Charakteristiken zu studieren. Man kann gut sehen, wie etwa zwei Studienköpfe für die Darstellungen der Apostel Simon und Philippus als Vorbilder dienten. Auch beim Bild „Christus und der Lahme“ existiert für den Jünger ein als Vorbild dienender Studienkopf. Die Ausstellung zeigt das Bild in zwei Fassungen. Etwas größer ist die erste Fassung, eine Leihgabe aus London. In der späteren Fassung der alten Pinakothek ist der Jünger jugendlicher.

Nicht ungewöhnlich waren im 17. Jahrhundert auch Kooperationen zwischen Malern, die ihre Spezialgebiete in ein Gemälde einbrachten. Die Ausstellung zeigt eine großformatige Eberjagd. Im Bild malte der berühmte Tiermaler Frans Snyders den zentralen Eber und die ihn verfolgende Hundemeute. Van Dyck ergänzte das zentrale Motiv um die Figuren und nutzte für die expressiven Züge der Jäger wiederum Studienköpfe. Außerdem ist wieder das Vorbild durch Rubens unverkennbar, wie zwei ausgestellte Kupferstiche zeigen.

Sebastian und Laurentius
© Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Foto: Haydar Koyupinar
Auch bei den Heiligenbildern war häufig Rubens das Vorbild. Van Dyck studierte, wie seine Skizzen beweisen, Rubens’ Gemälde „Martyrium des heiligen Laurentius“ von 1613/14. Er ließ sich dadurch zu einer Darstellung des Martyriums des heiligen Sebastians inspirieren. Gleich in vier Fassungen lässt sich in der Ausstellung dieses Motiv vergleichen.

1621 reiste er nach Italien, wo er Genua, Palermo und Rom besuchte. Dort setzte er sich intensiv mit den Werken Tizians auseinander. Tizians Werke hatten Einfluss auf seine religiösen Themen. Tizians Porträts des Kaisers Karls V. prägten aber eine ganze Generation von Ganzkörperporträts. Auch Rubens verwandte diesen Typus, wie ein Bildnis der vor einer Fantasiearchitektur mit gedrehten Säulen sitzenden Gräfin Arundel Aletheia Talbot zeigt. Van Dyck porträtierte Susanna Fourment, die Schwester der späteren Ehefrau Rubens’ vor ähnlich prachtvoller Architektur. Die Ausstellung zeigt noch eine ganze Reihe hochformatiger Porträts von van Dyck: Herrschaften in prachtvollen Gewändern und stolzer Haltung vor einem Fantasiehintergrund mit einer angeschnittenen Säule und Vorhang und eventuellem Ausblick in eine Landschaft.

Tizian, Rubens und Van Dyck
Foto: Klaus J. Loderer
Ein wichtiges Mittel zur Verbreitung von Kunst war der Kupferstich. Die Verbindung zwischen einem Gemälde und dem Kupferstich schuf ein kleinformatiges Bild in Grisailletechnik, das dem Kupferstecher die Umsetzung des Farbbilds in die Schwarzweißgrafik vermittelte.

1632 übersiedelte van Dyck nach England. König Karl I. machte ihn nicht nur zum Hofmaler sondern schlug ihn auch zum Ritter. In mehreren Bildern porträtierte er den König und seine Familie. 1634 war er in Antwerpen und Brüssel. Die St. Lukasgilde in Antwerpen ernannte den inzwischen bekannten Maler zum Ehrendekan. 1635 kehrte er nach England zurück. Sein in Blackfriars an der Themse gelegenes Haus erhielt einen eigenen Landungssteg für die Besuche des Königs. 1640 heiratete er Mary Ruthven, eine Kammerzofe der Königin. Er war wieder in Antwerpen. In Paris bemühte er sich erfolglos, den Auftrag für die Ausmalung der Grande Galerie im Louvre zu erhalten. Am 9. Dezember 1641 starb er und wurde in der St. Paul’s Cathedral in London beigesetzt.

Königin Henrietta, Kopie nach Van Dyck und Mrs Thomas Hibbert von Gainsborough
Foto: Klaus J. Loderer
Aus der Zeit in England besitzt München allerdings keine eigenhändigen Arbeiten von van Dyck. Die beiden vorhandenen Werke erwiesen sich als Kopien. So ist auch das gezeigte Porträt der Königin Henrietta von England nur eine Kopie aus dem Nachlass eines Antwerpener Sammlers, die 1691 von Max Emanuel erworben und in Schloss Nymphenburg aufgehängt wurde. Es mag im bisherigen Text vielleicht so gewirkt haben, als sei van Dycks Werk vor allem in Abhängigkeit von Rubens und Tizian. Van Dyck selbst hatte aber auch selbst großen Einfluss auf die nachfolgende Malerei. Die Ausstellung beweist das mit einem Gemälde von Thomas Gainsborough aus dem 18. Jahrhundert. Man sieht wie das Porträt von Mrs. Thomas Hibbert von van Dyck beeinflusst ist, dessen Erbe in England über die Jahrhundert präsent blieb.

Dass in München ein solch großer Bestand an Gemälden van Dycks existiert, hängt mit dem Haus Wittelsbach zusammen. Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg ließ sich 1628 von van Dyck porträtieren. Sein Enkel Kurfürst Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg erwarb 30 Gemälde des Malers. Er ließ für seine Gemäldesammlung sogar ein eigenes „Kunsthaus“ in Düsseldorf errichten. Dessen Cousin Kurfürst Maximilian II. Emanuel von Bayern besaß mit 51 Gemälden sogar eine noch größere Van-Dyck-Sammlung, die er in der großen Galerie im Neuen Schloss Schleißheim präsentierte. Gemälde von van Dyck hatten sich zum Statussymbol entwickelt. 1806 wurden die beiden Sammlungen in München vereinigt. Von den Gemälden in den bayerischen Staatsgemäldesammlungen gelten nach den neuesten Forschungen noch 23 als eigenhändig.

Ausstellung
Van Dyck
Alte Pinakothek München
25. Oktober 2019 – 2. Februar 2020



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