Ausstellung zu Entwürfen Koloman Mosers für Theater und Oper – Theatermuseum Wien

Bahr, Bittner, Moser, Klimt 

– Ausstellung „Anwendungen, Koloman Moser und die Bühne“ im Theatermuseum Wien zeigt Bühnenentwürfe und Kostüme des bekannten Entwerfers – 

von Klaus J. Loderer

Die Rheintöchter sollen nach den Regieanweisungen Richard Wagners im „Rheingold“ schwimmen. Schweben, schwimmen, singen – keine einfache Umsetzung. Wenn man den Rheintöchtern ein Fischfraukostüm verpasst und die Beine dunkel bestrumpft, dann könnte vor einem dunklen Hintergrund der Eindruck entstehen, die Sängerinnen würden den Fels mit dem Rheingold umschwimmen. Koloman Moser hat eine solche Kostüm- und Bühnenbildidee entwickelt, die 1914 auf der Theaterkunst-Ausstellung in Zürich gezeigt wurde. Die Skizzen wurden aber nie in eine Opernproduktion umgesetzt.

Nicht realisierte Figurine zu einer 
der Rheintöchter für „Das Rheingold“, um 1913
Foto: Theatermuseum © KHM-Museumsverband

Die Rheingoldskizzen sind nicht die einzige Beschäftigung Koloman Mosers, der heute eher bekannt ist als Designer von Möbeln, Stoffen und kunstgewerblichen Gegenständen, mit dem Theater. Das österreichische Museum für angewandte Kunst, kurz MAK genannt, zeigt gerade eine umfangreiche Ausstellung über das Schaffen Mosers. Dort wird das Thema Theater aber nur kurz angerissen. Denn mit den Bühnenbildentwürfen und Kostümen Mosers befasst sich das Wiener Theatermuseum in einer gesonderten Ausstellung.

Die Ausstellung wirft Schlaglichter auf die Wiener Theaterszene nach 1900. Besonders interessant macht die Ausstellung, dass mal nicht der übliche Mainstream nochmals aufbereitet wird, sondern man in einen völlig vergessenen Bereich einsteigen kann. Und auch wenn die Ausstellung mit zwei Räumen nur klein ist, findet man viel völlig unbekanntes Material. Im Zentrum der Ausstellung stehen zwei Opern des Komponisten Julius Bittner, für die Moser die Ausstattung entworfen hat.

Ausstattungen für Opern Julius Bittners

Zunächst ein paar Worte zu Julius Bittner, der heute völlig vergessen ist. 1874 in Wien geboren, studierte er Jura und war bis 1920 in Wolkersdorf als Richter tätig. Daneben komponierte er und wurde zu einem der bekanntesten österreichischen Opernkomponisten. Häufig behandelte er Themen aus den Alpen oder aus Österreich. Man könnte die Werke als Volksopern bezeichnen, die durchaus eine Art österreichischer Verismo sind, auch wenn sich Bittner musikalisch stark an Richard Wagner orientierte. Nach seinem Tod 1939 erhielt er ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof. Mit Hörproben mit Aufnahmen aus den 1950er-Jahren kann man sich in der Ausstellung etwas in Bittners Musik versenken. Dieser Begriff passt durchaus zur spätromantisch aufwallenden Musik Bittners. Die Oper „Der Musikant“ wurde 1909 am k. u. k. Hofopernhaus in Wien uraufgeführt. Koloman Moser entwarf dazu Bühnenbilder und Kostüme. Die Außenansichten und Interieurs wirkten realistisch und boten interessante Stimmungsbilder. Bei den Kostümen ließ er sich vom 18. Jahrhundert inspirieren, was der Handlungszeit der Oper entspricht.

Bühnenbildentwurf für die Oper „Der Bergsee“ von Julius Bittner, Uraufführung 1911 in Wien
Foto: Theatermuseum © KHM-Museumsverband

„Der Bergsee“ folgte 1911 an der Wiener Hofoper. Wieder vermied Bittner den Begriff Oper und sprach von „Ein Vorspiel und zwei Akte“. Moser entwarf sechs Bühnenbilder und die Kostüme. Bei den Kostümen wählte er für die Edelleute und Soldaten kräftige Farben, für die Bauern und Fischer aber Grau- und Brauntöne. Der Stil der Skizzen scheint fast von Hodler beeinflusst. Beim Bühnenbild stellte er genaue Überlegungen an, um das Wasser des Sees und ein Gewitter in Szene zu setzen. Das muss laut einem in der Ausstellung ausgestellten Pressebericht eindrucksvoll gewirkt haben.

Nicht realisierter Bühnenbildentwurf 
für die Komödie „Er und sie“ 
von Georges Courteline
Foto: Theatermuseum © KHM-Museumsverband
Zum Theater kam Moser wohl um 1901. Damals rief der Journalist und Schriftsteller Felix Salten das Kabarett „Jung-Wiener Theater zum lieben Augustin“ ins Leben. Moser entwarf Plakat und Programmheft. Und er entwarf ein Bühnenbild aus Vorhängen. Auch wenn man nicht weiß, wie sein Bühnenbild im Theater an der Wien aussah, es existiert eine Zeichnung für ein nicht verwirklichtes Bühnenbild für den Einakter „Er und sie“, eine Komödie von Georges Courteline, bei dem er ebenso arbeitete. Im Halbkreis begrenzte Moser mit einem Vorhang den Raum. Hinten ist eine Lücke für ein Bett. Dahinter ist ein zweiter Vorhang angeordnet. Markant sind die Quadratmuster, die sich auch bei seinen Möbelentwürfen in dieser Zeit zum Markenzeichen entwickeln.

Zusammenarbeit mit Hermann Bahr

In den Folgejahren konzentrierte sich Moser auf seine Arbeit für die Wiener Werkstätten. 1907 bat ihn sein Freund Hermann Bahr um ein Bühnenbild für Friedrich Hebbels „Genoveva“. Die für  Max Reinhardts Deutschem Theater in Berlin geplante Produktion wurde aber nicht verwirklicht. Moser entwarf ein für eine Drehbühne angelegtes aufwendiges Bühnenbild mit secessionistischen Elementen, etwa den gemusterten Stoffen. Immerhin wurden die Entwürfe 1908 auf der Kunstschau in Wien und 1913 bei der Theaterkunst-Ausstellung in Mannheim gezeigt. Überhaupt gibt es immer wieder Zusammenarbeiten mit Hermann Bahr. Um 1913 müssen die Entwürfe für sein Theaterstück „Das Phantom“ entstanden sein. Auch bei diesen Inneneinrichtungen finden sich die typischen Moser-Stilmittel.

Für das Kabarett „Fledermaus“ entwarf er Kostüme, so wird von einem „originellen Pfauenkostüm“ berichtet, doch gibt es keine Entwürfe davon. 1909 arbeitete er am Tanzspiel „Der Mantel der Liebe“ mit. Dabei handelt es sich um die erste Zusammenarbeit mit Julius Bittner. Für Bittners nächsten Tanzspiel, „Der Schmetterling und die blaue Rose“ entwarf er Bühnenbilder, Kostüme und das Plakat. Die letzten Entwürfe für das Theater entstanden 1915. Er entwarf die Bühnenbilder für Ludvig Holbergs Komödie „Jeppe vom Berg oder Der verwandelte Bauer“. Längst hatte er sich aus den Wiener Werkstätten zurückgezogen. Er widmete sich die letzten Lebensjahre nur noch der Malerei. Nach dem Ausbruch der Krebserkrankung 1916 zog er sich völlig zurück.

Die Ausstellung zeigt noch einige nicht zuzuordnende Bühnenbildentwürfe. Sehr stilisiert sind Skizzen zu Bühnenbildern, bei denen nicht bekannt ist, für welche Stücke sie gedacht waren. Moser staffelte Elemente hintereinander, die Bäume oder Landschaften nur andeuten. Man merkt, dass er zeitgenössische Bühnenentwürfe kannte.

"Nuda Veritas" von Gustav Klimt

Als Eingangssituation haben sich die Ausstellungsmacher eine schöne Idee ausgedacht. Das Zentrum des ersten Raums nimmt ein Sessel ein. Setzt man sich in ihn, hat man einen frontalen Blick auf den schlank hochformatigen Frauenakt „Nuda Veritas“ von Gustav Klimt. Mit dem auf Wandgröße aufgeblähten Schwarzweißfoto dahinter ist es gewissermaßen in den Originalraum zurückversetzt. Moser wie Bahr verehrten Klimt sehr. In diesem Fall ist das Bild sogar aus dem Besitz Bahrs. Und weiter können wir in den ausgestellten alten Fotos die Freundschaft zwischen Bahr und Moser erkennen.

Zur Ausstellung erschien ein in Gestaltung und Bindung schön gemachtes Begleitbuch, in dem man sich zu den Opern und Theaterstücken weiter einlesen kann und umfangreiche Informationen zur Genese von Stücken und Produktionen findet. Die Zeichnungen und Skizzen Mosers sind auf grau unterlegten Seiten abgebildet, wodurch sie gut zur Geltung kommen.

Anwendungen
Koloman Moser und die Bühne
Theatermuseum
Palais Lobkowitz Wien
18. Oktober 2018 bis 22. April 2019

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