Vor der Oper: Törtchen im Salon de Thé Claude in Antwerpen
Salon de Thé Claude in Antwerpen Foto: Klaus J. Loderer |
Barocke Törtchen an der barocken Kirchenfassade
– Der stimmungsvolle Salon de Thé Claude in Antwerpen –
von Klaus J. Loderer
Die Altstadt von Antwerpen mag beim ersten Besuch verwirrend wirken. Unendliche Gassen schlängeln sich als enge Einbahnstraßen durch die Stadt. Immer wieder gelangt man auf Plätze oder Plätzchen, bei vielen erinnert der Name noch an frühere Funktion als Markplatz. Man ist in einer historischen Stadt. Und auch wenn Antwerpen stellenweise sehr modern ist, merkt man doch immer wieder die Vergangenheit als bedeutende Handels- und Hafenstadt. So ist die Bebauung ein charmantes Gemisch aus Bauten von der Gotik bis heute. Der Charakter ist großstädtisch. Dass schon im Mittelalter hier Wohlstand herrschte, erkennt man an den riesigen gotischen Kirchen, die allerdings im Großstadtgefüge kaum zur Geltung kommen. Immer wieder steht man plötzlich vor einer riesigen gotischen Kirche. Und auch wenn man den unglaublich schlanken Turm der Kathedrale als Fixpunkt schon bei der Fahrt nach Antwerpen sieht und er auch beim Gang durch die Innenstadt immer wieder mal aufblitzt, so ist man doch überrascht, wenn man plötzlich vor dem riesigen Bauwerk steht.
Hendrik Conscienceplein mit der Kirche St. Karl Borromäus Foto: Klaus J. Loderer |
Gar nicht weit entfernt ist der Hendrik Conscienceplein. Vielleicht gerät man zufällig dorthin, wenn man sich durch die engen Gassen treiben lässt. Touristen werden viele Blicke in den Stadtplan nötig haben, um ihn zu finden. Dass sich Reisende auf den Platz verirren, liegt an der Sehenswürdigkeit, die mit prunkvoll barocker Fassade den Platz beherrscht. Der Platz wird fast geschlossen von den Bauten des alten Jesuitenkonvents. Eine Seite nimmt aber die Kirche St. Karl Borromäus ein.
Stiller Beobachter des zumeist eher ruhigen Platzes ist Hendrik Conscience. Der Schriftsteller ist der Namensgeber des Platzes. 1812 wurde der flämische Erzähler in Antwerpen geboren. Sein Hauptwerk ist der historische Roman „Der Löwe von Flandern“ (De leeuw van Vlaenderen), in dem es um den Grafen Robert III. von Béthune, den sog. Löwen von Flandern, und die Schlacht der goldenen Sporen geht. Unter einem Bogen sitzt die Statue des Schriftstellers, der im 19. Jahrhundert, als eher die französische Kultur Belgien bestimmte, einen wichtigen Beitrag zur Ausbildung einer belgischen Identität leistete. Ein solches Denkmal passt natürlich zu diesem Gebäude, denn heute ist im ehemaligen Jesuitenkonvent die Stadtbibliothek.
Die vierte Seite des Platzes nehmen die typischen kleinen Bürgerhäuser ein, wie sie das Stadtbild his heute prägen. Dort fällt ein französischer Name auf: Claude – Salon de Thé. Im Sommer stehen ein paar Stühle auf dem Platz. Doch jetzt im Dezember haben sich alle Gäste nach innen verzogen. Eine Jugendstilschaufensterfront öffnet den Blick auf einen winzigen Innenraum. Der ist gerade ziemlich voll. Manchmal ist es tatsächlich schwierig einen Platz zu bekommen. Heute hat sich ein Damenkränzchen getroffen. Ein Teil scheint aber gerade in Aufbruch zu sein. Allerdings dauert das Verabschiedungszeremoniell naturgemäß. Als ich mich durch die Tür quetsche, bedeutet mir der Chef von hinten mit Zeichen, dass noch Platz ist. So setzte ich mich an ein Tischchen unter der Terrakotta-Büste von Louis-Quatorze.
Salon de Thé Claude in Antwerpen Foto: Klaus J. Loderer |
Betreiber Claude de Burie, der sein kleines Café vor ein paar Jahren vom Süden Antwerpens ins Zentrum verlegte, möchte, dass sich sein Salon de Thé von üblichen Design-Cafés abhebt. Salon kann man hier durchaus wörtlich nehmen. Der gemütliche kleine Raum hat schon etwas von einem Wohnzimmer. Man kann sich auf Sesseln niederlassen oder auf Sofas. Und eine Vielzahl verschiedener Stühle ist im Raum verteilt. Vieles erinnert an das 18. Jahrhundert. Kuriositäten sind oben an der Wand zu finden. Auf einem Sockel steht die Büste Ludwigs XIV. Sitzt man auf den Fauteuils am Fenster, kann man auf den Platz hinausschauen und die Kirchenfassade bewundern.
Für frühe Gäste bietet Claude Frühstück an (wobei von Oktober bis März erst ab 12 Uhr geöffnet ist). Unter der Woche gibt es ein kleines Frühstück (Klein Ontbijt) mit Croissant, Brot, Butter, Konfitüre, Kaffee oder Tee. Claude’s Ontbijt ist die große Variante, die mit einem Glas Cava eingeleitet wird und mit Lachs und anderen Dingen erweitert ist. Die Mittagskarte umfasst Salate und kleinere Speisen. Wobei auch ein belegtes Brot hier ein kleines kulinarisches Kunstwerk ist.
Wie in einem englischen Tea Room bietet Claude auch einen liebevoll zusammengestellten Afternoon Tea an. Der Gast erhält eine klassische dreigeschossige Etagère: Sandwiches mit verschiedenen Belägen, hausgemachten Scones mit Clotted Cream und Konfitüre und eine Auswahl an Süßwerk. Samstags und Sonntags wird der Afternoon Tea wegen der großen Nachfrage in zwei Schichten durchgeführt, Frühschicht um 13 Uhr, Spätschicht um 15.30 Uhr. Für den Afternoon Tea ist eine Vorbestellung notwendig.
Salon de Thé Claude: Törtchen aus der Parisserie del Rey Foto: Klaus J. Loderer |
Oder man lässt sich das Tablett mit Törtchen bringen und wählt aus. Die köstlichen Törtchen und Kuchen stammen aus der renommierten Patisserie del Rey, die auch für ihre Schokolade berühmt ist. Die Auswahl wechselt täglich und kommt jeden Tag frisch. Claude de Burie und sein Team kümmern sich charmant um die Gäste. Und die scheinen zu nicht geringem Teil aus Stammgästen zu bestehen. Es geht hier sehr persönlich zu.
Die schöne Vintage-Dekoration zieht sich übrigens bis in die Toiletten. Wie ein Mini-Kabinett ist der Vorraum mit dem Waschbecken gestaltet. Eine vergoldete Figur steht vor einer William-Morris-Tapete. Alte Stiche informieren, welche Tür welchem Geschlecht zugewiesen ist.
Draußen ist es inzwischen dunkel geworden. Stimmungsvoll ist der kleine Platz beleuchtet. Still ist es hier. Ein paar Gassen weiter kommt man schnell in den umtriebigen Bereich um die Kathedrale.
Salon de Thé Claude in Antwerpen Foto: Klaus J. Loderer |
Salon de Thé Claude
Hendrik Conscienceplein 5
2000 Antwerpen
Tel. 0032/32370501
www.salondetheclaude.be
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