Opernkritik: „Hamlet“ von Ambroise Thomas – Theater Krefeld-Mönchengladbach – 2018
Der Narr leitet das tödliche Spiel
„Hamlet“ von Ambroise Thomas am Theater Krefeld und Mönchengladbach
von Klaus J. Loderer
Eine Besonderheit der Oper „Hamlet“ von Ambroise Thomas ist, dass Hamlet am Ende überlebt und sogar als nächster König von Dänemark ausgerufen wird. Das steht im Gegensatz zu Shakespeares Drama, in dem am Schluss Laertes, König Claudius, König Gertrud und Hamlet sich gegenseitig umbringen. Aber die Opernadaption von „Hamlet“ geht in diesem Fall über den Umweg eines Theaterstücks von Alexandre Dumas der Ältere und François Paul Meurice, auf dem das Libretto von Michael Florentin Carré und Jules Paul Barbier basiert.
„Hamlet“ von Ambroise Thomas
am Theater Krefeld und Mönchengladbach
Foto: Matthias Stutte
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Helen Malkowsky stellt in ihrer überzeugenden Inszenierung der Oper „Hamlet“ das Machtstreben ins Zentrum. Dies symbolisiert sie mit Krone, Thron und Königsmantel. Dafür setzt die Regisseurin an den Anfang der Oper eine markante Szene. Hamlet steht mit der Aschenurne seines Vaters verträumt auf der Bühne. Über ihm schwebt der goldene Königsthron. Neben ihm liegt der Königsmantel. Auf dem Boden liegende Personen versuchen die auf dem Boden liegende Krone zu erreichen. Es ist Claudius, der, brachial die Konkurrenten zurückstoßend, die Krone erhascht, sich damit zum König ausruft und die anderen zu Untertanen macht. Als König zieht er in einer grotesken Prozession den Thron hinter sich her, Königin Gertrud und der Hofstaat im Königsmantel eingekrallt, am Ende geschoben vom Hofnarren. Der Narr ist eine Zutat dieser Inszenierung. Sein Spiel durchschaut man nicht so leicht. Er amüssiert sich über den König, behindert ihn durchaus, intrigiert wie ein Spielleiter, hilft gleichzeitig Hamlet und stellt die Geistererscheinung in Frage. Denn dadurch, dass der Narr als Sänger Andrew Nolen die Stimme von Hamlets Vater singt, muss man sich fragen, sieht Hamlet da wirklich einen Geist oder inszeniert der Narr für ihn eine Geistererscheinung. Wenn das aber nur Show ist, dann ist die Geschichte der Ermordung des Vaters vielleicht auch nur erfunden. Dann instrumentiert der Narr Hamlet, um König Claudius aus dem Weg zu schaffen. Womit Helen Malkowsky auch hier die Thematik weg vom Thema der Rache zur Macht verschiebt.
Rafael Bruck (Hamlet) und Sohie Wiette (Ophelia)
Foto: Matthias Stutte
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Andrew Nolen (Narr)
und Matthias Wippich (Claudius)
Foto: Matthias Stutte
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„Hamlet“ von Ambroise Thomas
am Theater Krefeld und Mönchengladbach
Foto: Matthias Stutte
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Was allerdings sehr bedauerlich und schade ist, das ist, dass das Publikum in Mönchengladbach diese wirklich lohnende Produktion noch nicht für sich entdeckt zu haben scheint. Denn zahlreiche Plätze blieben in der besuchten Vorstellung leer. Immerhin ist „Hamlet“ von Ambroise Thomas eine nicht so oft gespielte Oper. Schon deshalb sollte sich ein Besuch lohnen.
Besuchte Vorstellung: 15. Dezember 2018
(Premiere Krefeld 25. November 2017, Premiere Mönchengladbach 24. November 2018)
Theater Mönchengladbach
Es gibt übrigens noch eine Opernfassung von „Hamlet“. Dieser unbekannte „Hamlet“ von Franco Faccio läuft derzeit in Chemnitz. Hier ist ein Link zur Besprechung der dortigen Aufführung:
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