Buchbesprechung: Oper und Konzerthaus in Qingdao der Architekten von Gerkan, Marg und Partner

Ein weißes „Wolkendach“ überspannt das Grand Theater Qingdao 

– Buch über das große Theater mit Oper und Konzerthaus in Qingdao in China der deutschen Architekten von Gerkan, Marg und Partner – 

von Klaus J. Loderer

Qingdao ist eine Stadt in China, ungefähr in der Mitte zwischen Peking und Shanghai gelegen. Mit mehr als acht Millionen auch nicht klein. Sie liegt am Gelben Meer, im Hintergrund überragt vom Laoshan-Gebirge. Zwischen 2005 und 2010 ist dort ein kultureller Komplex entstanden mit Opernhaus, Konzertsaal, Mehrzwecksaal, Hotel und Musikinstrumentenmuseum. Das Hamburger Architekturbüro gmp (von Gerkan, Marg und Partner) führte nach dem ersten Preis beim Wettbewerb 2004 den Bau aus. Der Entwurf, den Meinhard von Gerkan mit Stephan Schütz und Nicolas Pomränke erarbeiteten, verfolgt die Idee eines über dem Komplex schwebenden weißen „Wolkendachs“, das mit riesigen Lamellen den gesamten Komplex überspannt. Immerhin sind die Lamellen bis zu sechs Meter hoch und die Spannweite des Dachs beträgt bis zu sechzig Meter.

Zusammen mit dem Berliner Jovis-Verlag hat gmp einen schönen Band herausgegeben, in dem der Bau vorgestellt wird. Netterweise findet sich gleich am Anfang eine Landkarte, dass man sehen kann, wo Quingdao liegt. In seinem Vorwort äußert sich Meinhard von Gerkan zur Idee von Stadträumen, die Menschen einladen sollen, sich zwanglos zu treffen. Die Projektbearbeiter Stephan Schütz und Nicolas Pomränke stellen dann den Komplex vor. Auf dem Lageplan erkennt man die interessante Umfließung der beiden Hauptbauten durch das Lamellendach. Man erkennt auch die Diagonale, die das Gelände durchschneidet und zwischen Oper und Konzertsaal hindurchführt. Diese öffentliche Wegverbindung führt durch einen Park zum nahen Meer. Die beiden Hauptbauten sind so gestellt, dass man vom Meer auf den Haupteingang des Opernhauses zuläuft und von der anderen Seite auf den Konzertsaal stößt. Große Freitreppen führen auf eine weite Terrasse, auf die die Bauten gestellt sind. Unter dieser Terrasse befinden sich Probesäle und ein von Oper und Konzertsaal gemeinsam nutzbarer Bereich mit Nebenräumen, wodurch sich die eigenständig wirkenden Baukörper als Teile eines Gebäudes offenbaren. Zwischen im Grundriss rautenförmigen Pfeilern führen die Freitreppen dann trichterförmig sich verengend weiter nach oben. Im Konzerthaus gelangt man so zur hinteren Parkettebene. Im Opernhaus führt die Freitreppe zum ersten Rang hinauf. Allerdings ist dort hinter der Glasfront der Luftraum des Foyers. Man mag an das Berliner Schauspielhaus denken mit der ins Leere führenden riesigen Freitreppe. Die Parkettgäste werden das Gebäude eher an den Seitenfronten betreten.

Christian Brensing bindet in seiner Architekturkritik den Bau in die Geschichte von Theater- und Konzertsaalbau ein. Er erläutert den Begriff „Grand Theater“ als multifunktionelle Kombination mehrerer eigenständiger Bühnen.

Die Hälfte des Buchs nehmen die vierfarbigen Fotos von Christian Gahl und Hans-Georg Esch ein. Auf den Außenaufnahmen erkennt man gut das durch die Lamellenstruktur des Dachs auf Wand, Böden und Treppen geworfene Schattenmuster. Die Bauten sind äußerlich konsequent in Boden, Stufen, Wänden und Lamellendach weiß gehalten. Als roter Körper ist der Zuschauerraum des Opernhauses in den weißen Bau eingestellt. Die Außenseite führt dabei die innere Raumgestaltung und rote Farbgebung weiter. Im 1600 Zuschauer fassenden Saal sind zwei Ränge eingefügt, die u-förmig Richtung Bühne vorschwingen. Im Konzertsaal für 1200 Personen mit wellenförmiger Decke steigt das Parkett steil an. So lassen sich Außen und Innen auf den Fotos gut erkunden. Im Anhang werden in Kurzbiografien die Architekten, Autoren und Fotografen vorgestellt.


Meinhard von Gerkan, Stefan Schütz

Qingdao Grand Theater in China
= The Qingdao Grand Theater in China

Jovis Verlag Berlin 2013
ISBN 978-3-86859-321-1
79 S., zahlr. Ill.
Text: deutsch und englisch

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