„Jan Fabre – Ecstasy & Oracles“ – Ausstellung in Agrigent und Monreale – 2018

Glänzende Statuen vor antiken Ruinen 

– Ausstellung mit Werken von Jan Fabre in Agrigent und Monreale – 

von Klaus J. Loderer

Die Tempel im Tal der Tempel von Agrigent (italienisch Agrigento) stehen in Wirklichkeit auf einer Anhöhe. Die höchste Spitze des Hügelrückens nimmt der sog. Junotempel ein. Neuerdings steht dort ein Mann im Astronautenanzug mit erhobenem Dirigentenstab. Direkt neben den großen Quadern, die Reste eines Altars sind, steht er. Ein schwarzer Würfel dient der golden glänzenden Bronzefigur als Sockel. Den Dirigentenstab erhebt der Astronaut gegen die Silhouette der dorischen Säulen, hinter sich die Hügellandschaft Siziliens. „Der Mann, der die Sterne dirigiert“ ist das Werk des belgischen Künstlers Jan Fabre betitelt. Die Gesichtszüge ähneln jenen des Künstlers.

„Der Mann, der die Sterne dirigiert“ – Skulptur von Jan Fabre am Junotempel in Agrigent
Foto: Klaus J. Loderer
Die im Tal der Tempel aufgestellten Figuren sind den Elementen gewidmet und Teil der Ausstellung „Ecstasy & Oracles“, die im Rahmen von „Manifesta 12“ aus Anlass des Kulturhauptstadtjahrs in Palermo stattfindet. Die Kuratorinnen Joanna de Vos und Melania Rossi setzten die Figuren und Objekte Fabres in Bezug zu den antiken Tempeln. Insofern passt „Der Mann, der die Sterne dirigiert“ thematisch zum Tempel der Juno, der antiken Himmelskönigin. Zu den Elementen gehört natürlich das Feuer: Es wird symbolisiert durch die Figur „Der Mann, der Feuer gibt“ aus dem Jahr 2002 in der Nähe des Jupitertempels. Dieser Mann hat den Mantel über den Kopf gezogen, um mit der roten Flamme eines Feuerzeugs eine Zigarette anzuzünden.

Beim Concordiatempel stehen fünf große Kisten mit Ton- und Bildprojektionen. Da schnaubt und keucht Haare-werfend eine Frau in unterschiedlicher Kleidung. Es soll keine Studie zur Hysterie sein sondern uns ein Orakel zeigen. Cassandras Worte „Ototototoi, popoi, dah!“ – Schande übers ganze Erdenreich – aus der Aischylos-Trilogie „Orestie“ keift Stella E. Höttler in fünf Szenen als Dauergebet. Das sind Teile der Performance „Mount Olympos“, für die Jeroen Olyslaegers den Text lieferte. Fabre will uns hier eine Sybille in Trance vorstellen. 

Auf das Thema des Orakels beziehen sich auch die Schildkrötenfiguren im Ausstellungsteil in der Villa Aurea. Die Schildkröte wird oft als Symbol der Mutter Erde betrachtet, als Zeichen der Bodenständigkeit und Harmonie. Auch sie kommen in den der Filmsequenzen vor.. In einer Vitrine nähert sich eine Schildkrötenfigur einem Apfel. In der übernächsten Vitrine verlässt die Schildkröte den angeknabberten Apfel. An den Wänden findet man Skizzen, in denen auch immer wieder das Schildkrötenmotiv auftaucht.

In Agrigent stehen die goldglänzenden Bronzefiguren in Kontrast zum rauen Steinmaterial der Tempelruinen und zum blauen Himmel. Im Ausstellungsteil in Monreale steht ein goldener Skarabäus, aus dem ein Bäumchen als Symbol des Lebenskreislaufs wächst, im Zentrum. In der Kapelle San Benedetto ist eine Figur eingefügt in barocke Pracht. „Der Mann, der das Kreuz trägt“ ergänzte 2015 in der Kathedrale von Antwerpen Peter Paul Rubens‘ monumentales Altarbild „Kreuzabnahme“. In Monreale ist die Figur in einer kleinen Kapelle aufgestellt, die von Marmor und schweren Stuckelementen dominiert wird. Ein Mann, dessen Gesichtszüge wie eine Kombination aus jenen Jan Fabres und seines Onkels Jacques Fabre wirken, trägt mit dem ausgesteckten rechten Arm ein riesiges schlankes Kreuz. Konzentriert schaut er nach oben und balanciert das Kreuz, nutzt den linken Arm zum Ausgleich. Eigentlich ist das eine wackelige Angelegenheit, ein kritischer Balance-Akt. Wäre er lebendig, er müsste herumtänzeln, um dieses überhohe Kreuz zu halten. Übergroße Kräfte müsste er haben, um dieses Kreuz mit dem ausgestreckten Arm zu halten. Dieses überirdische Moment passt dann wiederum zur religiösen Bedeutung des Kreuzes in einer katholischen Kirche.

7. Juli bis 4. November 2018
Valle dei Templi Agrigento, Cattedrale Monreale und weitere Standorte

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