„Wienerliederliches & Doppelliter-tur“ mit Elena Schreiber und Robert Kolar im L.E.O. in Wien

Wo soll es Gumpoldskirchner regnen? 

– Der köstliche Wienabend „Wienerliederliches & Doppelliter-tur“ mit Elena Schreiber und Robert Kolar im L.E.O. – Letztes erfreuliches Opernhaus – 

von Klaus J. Loderer

Was wird im Wiener Lied besungen? Die Liebe, schöne Frauen und der Wein. Vor allem der. Da kommt auch der Lied-literarische Abend „Wienerliederliches & Doppelliter-tur“ nicht herum. Aber es sind nicht die üblichen Standardmusiknummern, wie man sie den Touristen in Grinzing um die Ohren säuselt, die in Wiens „Letztem erfreulichem Opernhaus“ – kurz L.E.O. erklingen. Der Schauspieler und Sänger Robert Kolar träumt eher davon, dass „Ja, wenn der Regen Gumpoldskirchner wär“. In Wien lädt man auch die Marsmännchen gleich zum Wein ein, wie wir in einem anderen Lied erfahren. Da kann Robert Kolar zungenschnell  mundakrobatisch alle österreichischen Rebsorten herunterrattern. Aber der Wein hat auch Folgen, den Rausch. Was sich ein Mann danach alles für Ausreden ausdenkt, erfahren wir in „Gemeindebau 4 Uhr früh“. Damit wären wir nun auch bei den schönen Frauen. Ach nein, die Ehefrau in dem Geschichtchen von Helmut Qualtinger ist eher voluminös. Der Dialoganteil der Ehefrau, die Elena Schreiber missmutig brummt, ist hier gering. Als Soubrette glänzen darf sie mit teilweise gar nicht so netten Liedern. Sie erzählt davon, was einem Wiener Mädchen passieren kann, wenn es beschwipst ist. Zuckersüß singt sie als Wiener Mädchen. Eindrucksvoll derb hört man aber auch, wie es klingt, wenn einer Wienerin etwas nicht passt.

Robert Kolar und Elena Schreiber, am Akkordeon begleitet von Andreas Brencic, im L.E.O.
Foto: Klaus J. Loderer

Überhaupt erfahren wir hier nicht nur von den lieben und netten und charmanten Seiten der Wiener sondern auch von ihren Kehrseiten. Und für einige Kehrseiten sorgen die von Robert Kolar mit trockenem Humor vorgetragenen Texte von H. C. Artmann. Man weiß manchmal nicht, ob man lachen oder entsetzt sein soll. Besser lachen über die sich auftuenden Abgründe der Wiener Seele. Ein Kabinettstück, wie Kolar den psychopathischen „Ringelspielbesitzer“ in H. C. Artmanns Blaubartvariante „blauboad 1“ gibt, der von den sechs von ihm ermordeten Ehefrauen berichtet. Harmlos wie ein Heurigenlied beginnt „Wenn der Wiener an Schas laßt, macht der Herrgott schöns Wetter“ – auch dies durch Helmut Qualinger bekannt. Ludwig Hirschs „Die Omama“ singt Elena Schreiber als Moritat mit makabrem Unterton. Peter Altenburg darf nicht fehlen. Fein nasal jiddisch gibt Robert Kolar den durch Hans Moser bekannten Sketch „Der Heiratsvermittler“.

So arbeitet sich der Abend im L.E.O. wechselweise mit Texten und Liedern durch die Wiener Seele. Und die hat viele Facetten. Das ist überaus kurzweilig. Das ist köstlich, witzig, besinnlich, weinselig, tiefgründig, grantig, makaber. Es ist zum Schieflachen komisch, was der Schauspieler Robert Kolar und die Sängerin Elena Schreiber, am Klavier und auf dem Akkordeon begleitet von Andreas Brencic, dem dauergiggelnden Publikum im L.E.O. da vorsetzen. Im letzten erfreulichen Operntheater eben.

Besuchte Vorstellung: 17. September 2018
L.E.O. (Letztes erfreuliches Opernhaus), Wien

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