Opernkritik: „Madama Butterfly“ beim 64. Festival Puccini – Torre del lago Puccini – 2018

Marmorskulpturen auf weiter Bühne 

– „Madama Butterfly“ beim 64. Festival Puccini in Torre del lago Puccini – 

von Klaus J. Loderer

Der nordwestlichen Toskana war Giacomo Puccini eng verbunden. In Lucca wurde er geboren. In Versiglia besaß er eine Villa und in Torre del Lago ging er auf die Jagd. Im dortigen Haus wurde er schließlich auch beigesetzt. Unmittelbar am See befindet sich heute auch das Freilichttheater (Teatro del’aperto), in dem jeden Sommer im Juli und August das Puccini-Festival stattfindet und vor allem die Werke Puccinis aufführt. In diesem Jahr gab es als Neuproduktionen Tosca und La Bohème. Daneben waren Turandot, Madama Butterfly und Manon Lescaut zu sehen. Außerdem war „Il trittico“ aus der Budapester Staatsoper auf der Bühne.

Skulpturen von Kan Yasuda dekorieren die Bühne von „Madama Butterfly“ in Torre del Lago
Foto: Festival Puccini

Die Produktion von „Madama Butterfly“ ist schon ein paar Jahre alt. Sie entstand 2000. Der japanische Bildhauer Kan Yasuda verfolgt für das Bühnenbild einen minimalistischen Ansatz und stellt Skulpturen auf die leere Bühne. Im ersten Akt stellt er die aus zwei Teilen bestehende Skulptur „Shosei“ in den Vordergrund als Symbol für das Haus von Cio Cio San. Im Hintergrund liegt auf der steil ansteigenden Bühne eine weitere gerundete Skulptur. In den Originalen arbeitet Kann Yasuda mit fein bearbeitetem weißem Marmor. Hier ist es wohl ein leichteres Material. Die Oberfläche soll allerdings mit der Marmorierung an dieses Material erinnern. Im zweiten Akt verwendet er die Skulpturengruppe „Tor ohne Tor“(Tensei Tenmoku). In Garachico auf Teneriffa kann man durch die Marmorrahmen auf das Meer sehen. Im Bühnenbild steht vorne der geschlossene eckige Rahmen – wieder an der Stelle des Hauses. Und hinten auf der Bühne steht das Pendant, bei dem in der Mitte ein Pfeiler fast bis zum Boden hängt.

Das kann man als schlichten Ansatz aus der japanischen Kunst akzeptieren. Allerdings nimmt die Regie keinerlei Bezug auf das Bühnenbild. Wenn Regisseurin Vivien A. Hewitt den Chor zum Auftritt der Braut im ersten Akt in Diagonalen die schräge Bühne herabgehen lässt, dann sieht das noch dekorativ aus. Wenn man allerdings nicht so richtig weiß, wohin mit den Requistien, kann das auch leicht lächerlich wirken. Und „Madama Butterfly“ ist eine Oper, in der eifrig mit Requisiten hantiert wird, die Mitgift, die Cio Cio San im ersten Akt ausbreitet, das Servieren von Tee und Rauchwaren im zweiten etc. Regina Schrecker stilisiert die japanischen Kostüme stark. Fast alle Kostüme sind in hellen Farben, daraus sticht der leuchtend rote Kimono der Braut hervor. Pinkerton und Sharpless sind westlich gekleidet im Stil der Zeit um 1900. Auch Fürst Yamadori gibt sich westlich. Allerdings ist die Produktion doch sehr in die Jahre gekommen. Alle Darsteller scheinen das zu tun, was sie eben immer tun in der Oper. Manche versuchen zu agieren, einige gestikulieren, andere stehen steif herum.

Musikalisch bleibt die Aufführung flach. Das mag daran liegen, dass in Torre del Lago viel vom Klang verfliegt, da das Theater seitlich nicht begrenzt ist und nicht beim Publikum ankommt. So bleibt das Orchestra del Festival Puccini ziemlich lau. Hirofumi Yoshida dirigiert auch recht getragen. Das dürfte ruhig etwas munterer klingen. Nach der Pause übrigens die kuriose Verzögerung, da man dem Dirigenten keine Partitur auf das Pult gelegt hat. Die musste dann erst einmal gesucht werden.

Leider nur sehr leise zu hören sind auch die Solisten. Amarilli Nizza singt Cio Cio San ausdruckslos und mit Problemen in der Höhe. Sie überzeugt gar nicht. Hector Mendoza Lopez singt zwar laut, geht aber großzügig über die Feinheiten hinweg. Stefan Ignat ist ein ordentlicher Sharpless. Daniele Caputo singt den Fürsten Yamadori solide. Patrizia Porzio bringt feinen Schmelz in die Rolle der Suzuki ein. Ordentlich intoniert der von Roberto Ardigò einstudierte Chor.

Die doch eher langweilige Produktion könnte durchaus so langsam aus dem Programm genommen werden. Für etwas Unterhaltung sorgte im ersten Akt ein Besucher hinter mir, dessen Telefon nicht nur klingelte, sondern auch noch während der laufenden Vorstellung ranging und einer Nachbarin lang und breit erklärte, dass unter dem Kaktus auf der Terrasse ein Wohnungsschlüssel sei. Viel Grummeln und Psts um ihn herum. Nach einer Viertelstunde klingelte das Telefon wieder. Noch einmal die Erklärung, wo der Wohnungsschlüssel liege. Die Umsitzenden regen sich ziemlich auf. Der erste Akt ist gerade zu Ende, da klingelt es wieder. Nun erklärt er, dass er gar nicht sprechen könne, da er im Theater sei. Und erklärt noch einmal, wo der Schlüssel liege.

Besuchte Vorstellung: 10. August 2018
Gran Teatro all’aperto, Torre del Lago Puccini

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