Buchbesprechung: Operaen – das Opernhaus in Oslo

Ein Eisberg im Hafen 

– Schöner Bildband über das Opernhaus in Oslo – 

von Klaus J. Loderer

Wie ein Eisberg ragt das vom norwegischen Architekturbüro Snøhetta entworfene Opernhaus von Oslo markant aus dem Wasser auf. Dieser Effekt stellt sich zumindest vom Wasser ein. Allerdings rücken dem bisher freistehenden Bauwerk nun Neubauten wie die Stadtbibliothek und das Munchmuseum, die beide noch im Bau sind, auf den Leib. Nach der Eröffnung 2008 erschien auch ein großformatiger Bildband, der das Gebäude vorstellt. Darin findet man neben zahlreichen Fotos zum Gebäude, zur Baustelle, der Eröffnungsfeier und der ersten Tätigkeiten der Opernmitarbeiter im Gebäude auch die Pläne.

Während man mit dem Bau des Opernhauses sogar früher fertig war als geplant – die Eröffnung fand fünf Monate früher als vorgesehen statt – hatte der Bau eines neuen Opernhauses allerdings eine sich einige Jahrzehnte hinziehende Vorgeschichte. Zeitweilig war auch das Gelände des ehemaligen Westbahnhofs im Gespräch, hinter dessen historischer Fassade sich heute das Nobel-Friedenszentrum befindet. Und es gab Diskussionen um das Volkstheater (Folketeatret). Doch träumte man dann von einem Opernhaus am Wasser wie in Sydney. Im Buch findet man einen Entwurf von 1996 der Architekten Lunde & Løvseths für ein Opernhaus mit geschwungener Glasfassade zum Wasser. Letztendlich wurde das Opernhaus dann sogar ins Wasser gebaut. Das Buch zeigt die Genese des Entwurfs von Snøhetta. Eine geschwungene Wand umfasst den Zuschauerraum. Als Fabrik ist der technische Bereich mit Bühne und Werkstätten gedacht. Darüber ist ein System zerschnittener Ebenen gelegt, durch das der Bühnenturm durchsticht. Dadurch entstand die markante Form, bei der die Terrasse, auf dem das Opernhaus steht, als Rampe in das Dach des Zuschauerraums übergeht – und man eben dadurch über dem Zuschauerraum herumspazieren kann.

Eine Chronologie des Bauprozesses liefert der Architekt und Projektleiter Tarald Lundevall von Snøhetta. Ausführlich geht es um die Materialien: um den weißen Marmor aus Carrara der Außenhaut und um das Holz des Zuschauerraums. Im Foyer kontrastiert das Holz der Rangumgänge mit Glas und Betonstützen. Eigene Kapitel sind der Fundamentierung, der Bühne und der Akustik gewidmet. Kunsttheoretikerin Nina Schjønsby geht auf die den Bau belebende Kunst ein, etwa die Gestaltung der Außenwand des Bühnenturms, den Eisernen Vorhang, die Wand der Toilettenhäuschenkuben im Foyer von Olafur Eliasson und das am Opernhaus im Wasser schwimmende, durch Caspar David Friedrich inspirierte Kunstwerk „Hun ligger“ von Monica Bonvicini.

Es gibt im Buch einen Blick hinter die Kulissen und es sind einige Fotos der Eröffnungsvorstellung in Anwesenheit des norwegischen Königs Harald V. Den Abschluss bilden ein Interview der Buchredakteure mit den Bauverantwortlichen und technische Daten zum Bau und zum Gebäude.


Operaen

[Redaktør Jon Otterbeck]
Opera Forlag
Oslo
2008
ISBN 978-82-92845-01-1
203 S., zahlr. Ill.

Text: norwegisch

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