Opernkritik: Mozarts „Don Giovanni“ – Teatru Manoel in Valletta – 2018
Vor Gericht
Jack Furness inszeniert Mozarts „Don Giovanni“ am Teatru Manoel in der maltesischen Hauptstadt Valletta als Krimi-Oper
von Klaus J. Loderer
Die Menschen füllen die enge Theatergasse vor der Vorstellung. Einige warten auf das Öffnen der Türen, andere sitzen und stehen in den kleinen Bars gegenüber. Mit einem Glas Wein lässt es sich gut warten an diesem milden Abend. Nur drei Türen führen in das historische Manoel-Theater im Herzen der maltestischen Hauptstadt Valletta. Es hat eine der typischen Natursteinfassaden, immerhin ein Theater aus dem 18. Jahrhundert. Vom kleinen Vestibül ist man schnell im Parkett des zierlichen Logentheaters. Hoch sind hier die Logen übereinandergestapelt. Man ist gespannt auf Mozarts Oper „Don Giovanni“.
Leporello steht vor Gericht. Während der Ouverture zeigt uns Regisseur Jack Furness, der auch das Bühnenbild entworfen hat, eine Gerichtsszene: Richter, Geschworene, Ankläger, Verteider und Angeklagter. Er rollt dies als alten Schwarz-Weiß-Kriminalfilm auf. Dann Verwandlung zu einem Rückblick: zwei Männer im schwarzen Anzug, eine Frau, sie wird vergewaltigt, ein anderer Mann wird umgebracht. Ein Inspektor untersucht den Mordfall. Dass ausgerechnet Don Giovanni die Leiche des Komturs seziert, ist ein perfides Detail in diesem in düsterer Atmosphäre spielenden Krimi. Die Passanten sind grell geschminkt wie zu Stummfilmzeiten. Das Filmthema gerät aber im Laufe der Inszenierung irgendwie in Vergessenheit. Auch die Kostüme sind moderner. Die Party am Ende des ersten Akts spielt im Nachtclub mit Table Dance. Dass Don Giovanni und Leporello konsequent gleich gekleidet sind, zieht sich als Thema durch die ganze Oper. Sie sind hier weniger Herr und Diener und mehr Zwillinge. Die Idee wird im zweiten Akt ironisch zugespitzt, wenn Leoporello und Don Giovanni die Kleider tauschen, hier dies aber zwei gleich gekleidete Männer tun. Am Ende wird Don Giovanni nicht zur Hölle fahren sondern von seinem Zwilling Leporello erstochen. Oder ist es gar umgekehrt? Meint Don Giovanni so wieder davonzukommen?
Dieses Regiekonzept kann man akzeptieren. Leider sind die Sänger schauspielerisch zum Teil etwas überfordert, wodurch einige Szenen nicht wirklich überzeugen und für Kichern im Publikum sorgen. Auch das Verschieben der Bühnenelemente geschieht manchmal etwas ungeschickt. Man ist eben in diesem kleinen Manoel-Theater nah an der Bühne. Da sieht man jedes Detail.
Der auf Malta als Nachwuchssänger mit Zukunft gehandelte Cliff Zammit Stevens (Don Ottavio) ist leider in dieser Vorstellung indisponiert und ohne überzeugende Höhe. Und auch Amy Corkery, Claire Debono und Nicola Said überzeugen als Donna Anna, Donna Elvira und Zerlina nur bedingt. Dagegen hört man Christian Bowers und Pauls Putnins als Don Giovanni und Leporello gerne. Beide lassen sich auch schauspielerisch gut auf das Rollensystem ein. Gediegen ist das Dirigat von Philip Walsh mit dem Malta Philharmonic Orchestra.
Großer Beifall dankt den Künstlern. Dann geht es wieder hinaus in die nächtlichen Gassen der Barockstadt Valletta mit ihren schnurgeraden Gassen, den Treppen, den Bürgerhäusern und Palästen mit den Glasveranden, genau das richtige Ambiente für einen Komtur, eine Donna Anna, einen Don Giovanni.
Besuchte Vorstellung: 11. März 2018
(Premiere 5. März 2018)
Teatru Manoel Valletta
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