Konzert: Georgisches Kammerorchester Ingolstadt unter Ruben Gazarian – Elbphilharmonie Hamburg – 2018

Georgische Klänge und etwas Mozart 

Khatia und Gvantsa Buniatishvili und das Georgische Kammerorchester Ingolstadt unter Ruben Gazarian 

von Klaus J. Loderer

In der Reihe Kaukasus fand am 31. März in der Hamburgischen Elbphilharmonie ein Konzert mit dem Georgischen Kammerorchester Ingolstadt statt. Dieses wurde 1964 in Tiflis als Georgisches Staatskammerorchester gegründet. 1990 übersiedelte es nach Deutschland. Leider erfuhr man aus dem Programmheft nicht, warum dieser Umzug erfolgte. Der Armenier Ruben Gazarian steht dem Orchester seit 2015 als Chefdirigent vor. Für das Konzert in Hamburg erarbeitete er mit dem Kammerorchester ein überwiegend georgisches Programm. Das hatte seinen Reiz. Denn die drei vorgestellten Komponisten sind in Deutschland eher weniger bekannt, vermitteln aber einen schönen Querschnitt durch georgische Kammermusik der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Wie Liszt, Bartók oder Janacek ließen sie sich von Volksmusik inspirieren. Als Quelle diente hier die georgische Volksmusik, die teilweise schon orientalisch anmutet. So beginnen die Miniaturen für Streichorchester von Sulchan Zinzadse gleich mit einer munteren Tanzweise. Diese kurzweiligen und fast romantisch wirkenden Stückchen warten mit teilweise ungewöhnlicher Spielweise auf. Und das erfrischend gespielt. Man merkte den Musikern die Freude an manch musikalischen Späßchen an. Dabei ist die große Exaktheit der Spielweise zu erwähnen, die für manche Effekte unabdingbar ist. Leider wurde das Stück dadurch völlig zerhackt, dass das Publikum nach jedem Satz klatschte. Die Begeisterung des Publikums erfreut, aber bei einem zehnteiligen Stück sind das doch etwas viele Klatschpausen.

Durchaus vergleichbar die amüsanten volkstümlichen Motive in der Suite „Bilder des alten Tiflis“ von Vaja Azarashvili, auch diese besteht aus kleinen Minaturen, die einige Aspekte dieser Stadt illustrieren sollen.

Auch in der Kammersinfonie Nr. 3 von Sulchan Nassidse wähnt man Motive eines Volkstanzes zu erahnen. Doch verfremdet Nassidse den Tanz stärker. Ihn scheint weniger das Volkstümliche zu interessieren, als die Möglichkeit, die Musik in einem Taumel voranzutreiben. Sehr interessant ist der sanft verebbende Schluss mit zwei solistischen Geigen.

Khatia und Gvantsa Buniatishvili und das Georgische Kammerorchester Ingolstadt in der Hamburger Elbphilharmonie
Foto: Stefan Sauer

Dazwischen dann noch Mozart. Das passte schlichtweg nicht. Der Aufhänger zweier georgischer Pianistinnen war banal. Und es passte auch klanglich nicht. Seltsam fahl blieb das Konzert für zwei Klaviere und Orchester Es-Du KV 316a. Es fehlte jegliche Strahlkraft. Das mag an der Akustik des für dieses Stück zu großen Saals, in dem das Kammerorchester schon etwas verloren auf dem riesigen Podium saß, gelegen haben oder an der mangelnden Erfahrung des Orchesters in diesem Saal Mozart zu spielen. Auch die beiden Pianistinnen, die Schwestern Khatia und Gvantsa Buniatishvili, vermochten es nicht wirklich musikalische Akzente zu setzen. Eher die beiden eindrucksvollen schwarzen Abendroben sorgten für ein Raunen im Publikum.

Dafür sprang der Funke bei den drei moderneren Stücken sofort über. Hier erfreute das Georgische Kammerorchester Ingolstadt nicht nur mit einer erfreulichen Exaktheit sondern auch mit einer leidenschaftlichen Freude, die kleinen und großen musikalischen Effekte auszukosten, die in den Stücken verborgen sind.

Besuchte Vorstellung: 31. März 2018

Elbphilharmonie Hamburg, großer Saal

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Skandal: Enrico Caruso und die spektakuläre Trennung von Ada Giachetti

Filmbesprechung: „Frühling in Paris“ (Seize Printemps) von Suzanne Lindon

Vor 111 Jahren eröffnet: das „Alte Schauspielhaus“ in Stuttgart war Sprechbühne und Operettentheater