„Gemeinsam in die Oper“ – Staatsoper Hamburg blamiert sich mit neuer Facebookseite
„Gemeinsam in die Oper“
Staatsoper Hamburg blamiert sich mit neuer Facebookseite
von Klaus J. Loderer
„Das war mit Abstand die kürzeste Gruppenmitgliedschaft
meines Facebook-Lebens“ berichtet M. W. am 16. Februar. Was ist passiert? Er wurde
zur Facebookgruppe „Gemeinsam in die Oper“ hinzugefügt. Dort trifft er einige
Bekannte. Und sofort tun sie das, was sie immer tun auf Facebook. Sie diskutieren
angeregt über Oper, genauer gesagt über die Staatsoper Hamburg. Denn genau auf
jenes Opernhaus bezieht sich diese Gruppe. Es wird gelacht, geplant und
gelästert, wie das Opernfreunde untereinander so tun. Der Tonfall ist
ausgelassen. Man witzelt darüber, dass man während langweiliger Stellen in der
Oper Skat spielen könnte. Da dieses Kartenspiel nicht allen geläufig ist, einigt
man sich auf Mau-Mau. Und dann schlägt M.W. auch noch das Spiel vor, wer
erkennt die Oper in der wir gerade sitzen. Es werden die Auslastungszahlen des
Opernhauses diskutiert. Auch exponierte Persönlichkeiten der Staatsoper, die
unter den Fans unter Kosenamen wie „Känguru“ und „Schrumpfkopfäffchen“ bekannt sind, bekommen ihr Fett weg.
Plötzlich stellte M. W. fest, dass er nicht mehr
kommentieren kann. Er ist aus der Gruppe entfernt worden. Auch den anderen
Diskutanten geht das so. Da diese Herrschaften allerdings untereinander auch
anderweitig vernetzt sind, fällt schnell auf, dass sie alle aus der Gruppe entfernt
wurden. Man ist in der Staatsoper Hamburg wohl „not amused“ über eine offene
Diskussion. Immerhin erklären sich auch gleich einige Freunde von ihnen solidarisch
und verlassen freiwillig die Gruppe.
Die Facebookgruppe „Gemeinsam in die Oper“ wurde von der
Staatsoper Hamburg eingerichtet, damit sich Opernfreunde für einen Opernbesuch
verabreden können. Das ist tatsächlich eine schöne Idee, denn mancher hat
vielleicht das Problem, dass er gerne in die Oper gehen möchte, aber niemanden
kennt, der diese Freude teilt. So kann man auf dieser Seite andere Opernfreunde
kennenlernen. Die Gruppe hat derzeit immerhin mehr als 200 Mitglieder. Sie soll
aber schon wesentlich mehr Mitglieder gehabt haben. Allerdings wurden nun
unliebsame Mitglieder entfernt. Interessanterweise sind darunter nicht nur
Leute, die seit Jahrzehnten regelmäßig die Hamburger Staatsoper besuchen,
sondern auch Opernblogger, die intensiv über das Haus berichten.
Um unliebsame Diskussionen auf der Seite ganz zu
unterbinden, hat man die Statuten geändert. Der einleitende Text beginnt sehr
freundlich. Allerdings folgen dann recht ausführliche Verhaltensmaßregeln –
genauer gesagt Verbote. So soll man sich zwar verabreden, aber das bitte kurz
und bündig und ohne Smalltalk: „Zeit für private Konversationen gibt es in der
Pause im Foyer oder auf anderen Plattformen“. Über Oper soll man wohl nicht
sprechen auf dieser Opernhausseite. Ach so. Eine Opernhausseite ist das ja
nicht. Es soll ja nur eine Datingplattform sein. Aber da gibt es amüsantere.
Die Unterhaltungen der Opernfreunde, die ja nur für
Gruppenmitglieder zu lesen waren, geht nach der Verbannung von der Seite „Gemeinsam
in die Oper“ übrigens in nun öffentlich zu lesenden Diskussionen freudig weiter
und sorgten bei einem breitem Publikum für Aufsehen.
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