Puccinis Oper „Madama Butterfly“ – Staatstheater Wiesbaden – 2016
Im Dauerforte in den Tod
– Puccinis „Madama Butterfly“ im Staatstheater Wiesbaden –
von Matthias Woehl
Mich rührt diese Oper einfach nur bis ins Mark. Butterfly ist eben keine blöde Kuh, sondern eine aufrichtig Liebende. Sie vertraut auf die Worte von Pinkerton, gibt für ihre Liebe sogar ihren Glauben auf, warum sich dann ja auch die Verwandtschaft von ihr abwendet. Butterfly wird doch von den selbstsüchtigen und verkommenen Menschen um sie herum in den Tod getrieben. Selbst die ihr zugetanen Personen des Stücks (der Konsul, Suzuki) lassen sie sehenden Auges in die Katastrophe rennen.
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„Madama Butterfly“ in Wiesbaden: Richard Furmann, Elisa Cho, Marta Wryk und Benedikt Nawrath
Foto: Sven-Helge Czichy
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Zu jeder Oper fällt den Regisseuren etwas ein, nur nicht bei
Butterfly. Auch John Dew nicht. Die Geschichte ist so Zeitlos, und gerade auch
in der heutigen Zeit so aktuell, aber es gibt nur eine Version Butterfly:
Kimono und Schiebewände. Die schon 175 mal gesehenen Kassettenwand wird zwar
durch hässliche Bilderwände ersetzt, aber man schiebt ausschließlich (sinnlos
und unpassend dazu) die Wände hin und her. Vornehmlich noch in den leisesten
Momenten, was dann schön stört. Von der Personenführung her kann man sich
(fast) nicht beschweren.
Auch musikalisch war das ganze einem Staatstheater unwürdig.
Eine Cio Cio San zu besetzen ist nicht einfach. Im ersten Akt braucht es eine
zarte lyrische Stimme, aber im zweiten Akt ist Schluss mit süßlich, da geht es
zur Sache. Es braucht also eine kräftige jugendliche Stimme, die aber in der
Lage ist sich zurück zu nehmen. Ein Piano ist unerlässlich, denn eine gute
Butterfly muss auch mit der Stimme in der Lage sein zu gestalten, uns die
Unterschiede von belustigt, verliebt, verletzt oder wütend deutlich zu machen.
All das kann Elisa Cho nicht. Im Dauerforte beginnt sie schon den Auftritt (der
so wundervoll und sanft gesungen werden sollte), packt schon den ersten hohen
nicht, und bleibt uns jede sanfte Szene schuldig. Besser gelingen ihr dann
schon die Ausbrüche im zweiten Akt, wo das Gebrüll schon wieder passt.
Eindringlich ihr Tod, den sie gerade szenisch sehr Gut gelingt. Ihr zur Seite
Richard Furman als Pinkerton, der schöne hohe Töne singt, aber der Ton wackelt
leider in sich bedenklich. Romina Boscole steht als Suzuki ihrer Kollegin in
Sachen Dauerforte nichts nach, aber sie ist wenigstens in der Lage irgendwie zu
Gestalten, Stimmlich wie Szenisch. Bester Sänger des Abends ist Gary Griffiths
als Sharpless. Da ist endlich einer, ein Singdarsteller, mit wundervoll
tönendem Bariton. Unterirdisch aber Benedikt Nawrath als Goro. Einen solchen
S-Fehler habe ich seit Hildegard Behrens nicht mehr gehört. Erwähnenswert noch
Young Doo Park als Onkel Bonzo. Toll hingegen das Orchester unter Albert Horne.
Großer Jubel (man musste ja die Hörgeräte nicht anschalten) beendete einen mehr
als mittelmäßigen Opernabend. Die Geschichte an sich entlässt mich traurig in
den lauen Sommerabend.
Besuchte Vorstellung: 4. Juni 2016
Staatstheater Wiesbaden
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