Premierenkritik: Cherubinis „Medée“ – Staatstheater Mainz – 2015
Staatstheater Mainz – Foto: Klaus J. Loderer |
Das Nashorn wird enthornt
Premiere von Cherubinis „Medée“ am Staatstheater Mainz
– von Matthias Woehl –
Ach ich vergaß: das Libretto (und da wäre ja alles drin)
reicht Frau Stöppler nicht aus, es werden noch Texte eingespielt ... Heiner
Müller, Ingeborg Bachmann, Albert Camus, Christa Wolff werden noch bemüht ...
damit auch alle Intellektuellen bedient sind.
Nach einer einstündigen Pause (Die Bühnenbeleuchtung
versagte) wurde etwas dunkler (endlich Atmosphäre) weitergespielt. Viel fiel der
Regisseurin nicht mehr ein, es musste noch Creon sexuell aufdringlich werden
(gähn), und fast rührend, der verzweifelte Versuch etwas Politisches unterzubringen.
Flüchtlinge und Kopftücher (wie originell)..... das Ende, ach ich erspare es
Euch.
Das der Abend trotzdem toll war, ist Nadja Stefanoff zu
verdanken. Zuletzt sah ich sie in Braunschweig als Anna Karenina in der tollen
gleichnamigen Oper von Jenö Hubay. Sie sang und spielte eine beeindruckende
Medea. Hier und da zwar kleine Unsicherheiten, aber es war aus einem Guss! Dorin
Rahardja als Dirce mit toller Höhe. Die Neris wurde von Genevieve King gegeben,
die sang ... wie eine Nebelkrähe. Die Namen des männlichen Gesangspersonals
müssen wir uns nicht merken, denn deren Karriere ist bereits kurz vor ihrem
Ende. Dirigent Andreas Spering machte aus dem flotten Stück ein Requiem und das
Philharmonische Staatsorchester klang wie eine Feuerwehrkapelle. Doch Cherubinis
Musik ist fast unzerstörbar, das Drama auch. Ein Wort noch zum spielen von
Urfassungen: nicht umsonst haben Komponisten ihre Opern bearbeitet, nicht weil
sie gleich Meisterwerke waren, sondern weil es nötig war. Ich hatte einen
schönen Abend!
Besuchte Vorstellung: 13. Juni 2015
Staatstheater Mainz
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