Zauberflöte – Staatsoper Berlin – 2005

Zeitlose Inszenierung in legendärem Bühnenbild 

Mozarts Oper »Die Zauberflöte« an der Berliner Staatsoper bringt es auf mehr als 150 Vorstellung

Berühmt ist das Bild der auf einer Mondsichel schwebenden Königin der Nacht in einer riesigen Sternenkuppel. Fast in jedem Programmheft zu Mozarts Oper »Die Zauberflöte«, in zahlreichen Opernführern und den meisten Büchern zur Geschichte der Oper ist der inzwischen legendäre Bühnenbildentwurf des Architekten Karl Friedrich Schinkel zu finden. In einer Zeit geringer Bauaufräge in der Zeit nach den Napoleonischen Kriegen entwarf Schinkel zahlreiche Bühnenbilder für Opern- und Schauspielaufführungen in Berlin, darunter für E. T. A. Hoffmanns Oper »Undine«, Kleists »Kätchen von Heilbronn«, Glucks »Alceste« und »Armida«, Schillers »Jungfrau von Orleans« und Sponinis »Vestalin«. In einer Zeit, in der es durchaus noch nicht allgemein üblich war, für jedes Stück ein individuelles Bühnenbild zu schaffen, waren Schinkels Bühnenentwürfe, die sich genau mit dem Stück auseinandersetzten und gar noch versuchten, einen historisch zur Handlungszeit des Stück passenden Hintergrund zu bilden, etwas Neues und Besonderes. In »Undine« sieht man Wasserburgen, in »Der Jungfrau von Orleans« die Kathedrale zu Reims. Für die Zauberflöte wählte Schinkel entsprechend der Andeutungen im Libretto ägyptische Motive. Bildeten die Kulissen der Wiener Uraufführung 1791 allerdings mangels genauer Kenntnisse eher einen klassischen Hintergrund dar, waren seit der detaillierten Publikation ägyptischer Architektur und Kunst nach Napoleons Ägyptenfeldzug Pyramiden und Tempel am Nil zumindest in gebildeten Kreisen bekannt. So konnte Schinkel auch ohne eigene Kenntnis des Landes mit einer historischen Präzision vorgehen, die für ihn typisch war. Mögen einige Bilder mit ihrem romantischen Arrangements auch eher an Situationen in den damals so beliebten Landschaftsgärten erinnern, ist der streng symmetrische Aufbau vieler Bilder wiederum typisch für ägyptische Architektur.

Presse und Publikum feierten die Bühnenbilder, die Schinkel für die Festaufführung der Zauberflöte am königlichen Opernhaus zu Berlin anlässlich des Krönungs- und Friedensfestes (Erinnerung an die Krönung Friedrichs I. zum König in Preußen 1701) am 18. Januar 1816 entworfen hatte. Das »Dramaturgische Wochenblatt« beschrieb ausführlich alle zwölf Bühnendenkorationen und lobte: »Alles fasst sich mit einem Blick in einem großen Eindruck zusammen, und Zeit und Aufmerksamkeit sind für den ungestörten Fortgang des Schauspiels gespart.« Rezensent des Premierenberichts war übrigens E. T. A. Hoffmann.

Fast zweihundert Jahre nach der Premiere erweckte die Staatsoper unter den Linden die durch zahlreichen Publikationen auch heute noch bekannten Bühnenbilder wieder zum Leben. Für die Neuinszenierung 1994 benutzte der Bühnenbildner Fred Berndt Schinkels Entwürfe und setzte sie in räumliche Bühnenbilder um. Dorothée Uhrmachers Kostüme übernahmen Motive der Figurinen von 1816. Eine moderne und kurzweilige Inszenierung schuf der zwischenzeitlich verstorbene August Everding.

Auch in der 152. Vorstellung, die am 18. Dezember 2005 vor wie immer ausverkauftem Haus über die Bühne der Staatsoper ging, hatte die zeitlose Inszenierung nichts von ihrer Faszination verloren. Auch das musikalische Niveau des unter der Leitung von Dan Ettinger agierenden Ensembles wie der perfekt musizierenden Staatskapelle war beachtlich.

Klaus J. Loderer

Besuchte Vorstellung: 18. Dezember 2005
(152. Vorstellung seit der Premiere am 14. November 1994)
Staatsoper unter den Linden Berlin

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