Samson und Dalila – Deutsche Oper Berlin – 2015

Und wieder eine Eisenbahnoper

„Samson und Dalila“ an der Deutschen Oper Berlin

Gestern in der Deutschen Oper zu Berlin: „Samson et Dalila“ von Camille Saints-Saens. Leider war das Orchester schlampig und das Dirigat von Jacques Lacombe plump. Das Regiekonzept von Patrick Kinmonth verlegte die Handlung in die Entstehungszeit der Oper und damit in den deutsch-französischen Krieg 1870/71 – die Philister als Preußen und die Hebräer als Franzosen. Schon bald verhedderte man sich allerdings in dem nicht funktionierenden Regiekonzept. Die eher ziemlich langweilige Bühne von Patrick Kinmonth und Darko Petrovics mit Bahnsteigen im ersten Akt bot am Anfang noch eine interessante Kulisse für den Aufstand. Schon das Totenmahl auf den Gleisen wirkte albern. Im zweiten Akt hatte man mit viel Mühe dann Unkraut zwischen die Schienen gepflanzt. Das war das Ambiente für das Stelldichein der Hauptfiguren. Dass die Damen wie einem impressionistischen Gemälde entsprungen im Gleisbettschotter herumsaßen, war wenig überzeugend. Warum hat man nicht den üppigen Salonwagen aus dem ersten Akt genommen? Und was war das dann für eine Gesellschaft im dritten Akt. Hätte man die historische Folie konsequent durchgespielt, hätte man natürlich die Kaiserproklamation nachstellen könnte. Stattdessen sah man eine Operngesellschaft (die Projektion im Hintergrund zeigte dann mal wieder den berühmten Vorhang des Palais Garnier in Paris, die übrigens damals noch nicht fertig war), die sich ein Ballett anschaut, während die Hauptfiguren im Salonwagen saßen, der nun als Loge herhalten mußte. Wenn Samson dann wenigstens die Oper als Tempel der Verderbtheit einstürzen ließe, aber da fuhren dann nur aus unerfindlichen Gründen die Beleuchtungskörper der Bühne aus dem Bühnenturm herunter. Gähnende Langeweile über weite Strecken. Als Samson war Endrik Wottrich eingesprungen. Eine hervorragende Dalila war Clémentine Margaine.


Klaus J. Loderer

Besuchte Vorstellung: 26. Februar 2015

Deutsche Oper Berlin

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