Premierenkritik „La reine – die Königin“ – Nationaltheater Mannheim – 2017


Nervtötende Langeweile in Trümmerfeld 

– Angela Denoke mit Liedern von Hector Berlioz und Richard Wagner in wenig befriedigender szenischer Umsetzung – 


von Klaus J. Loderer

„Les nuits d’été“ von Hector Berlioz und die Wesendonck-Lieder von Richard Wagner gehören zu den schönsten Musikstücken des 19. Jahrhunderts. Am Nationaltheater Mannheim wurden sie zum Kern einer Produktion mit dem Titel „La reine / die Königin“. Angela Denoke sang beide Liederzyklen in einer Art szenischen Produktion. Die Musik blieb aber kühl. Benjamin Reimers hätte das Orchester des Nationaltheaters Mannheim etwas luftig und weniger massiv dirigieren können – aber insgesamt war das Projekt musikalisch einigermaßen schön anzuhören.


„La reine“ am Nationaltheater Mannheim: Frank Richartz und Angela Denoke
Copyright: Hans Jörg Michel
    



Dekoriert wurden die beiden Liederzyklen allerdings leider mit allerhand Zutaten, die mehr oder weniger störten. Das Bühnenbild von Martin Kukulies war eine Collage aus Trümmern eines Flugzeugs, einem Torpedo, dem Torso einer Pferdestatue und einer Ritterfigur im ansonsten leeren Bühnenraum. Das war die weniger störende Dekoration.

Irgendwie kam man auf die merkwürdige Idee, die beiden Liederzyklen, die zu den Höhepunkten eines künstlerischen Ästhetizismus gehören, mit dem krassen Gegenteil zu vereinen, nämlich mit heftiger Brutalität. Dazu kontrastierte man die Musik mit deftigen Texten, die von drei Schauspielern keifend in den Zuschauerraum geblökt wurden. Die kleine Schauspielerin konnte wenigstens einigermaßen verständlich sprechen, die Textverständlich der beiden anderen war eher problematisch. Die beste Sprecherin war übrigens die Sängerin Angela Denoke, die ihre Sprechpassagen nun wirklich deutlich und mit schöner Stimme sprach – was man von den professionellen Sprechern nicht sagen kann.


In schier unendlicher Wiederholung war Wilhelm Müllers Gedicht „Der Jäger“ aus „Die schöne Müllerin“ zu hören. Dazu Texte von Gottfried Benn und Arthur Rimbaud. Darstellerisch ging es um verschiedene Arten des getötet werdens. Die Schauspieler wurden in Folge auf alle möglichen Arten umgebracht, mal mit dem Degen erstochen, mal ersäuft etc. Das sich-selbst-hängen sah allerdings ziemlich lächerlich aus.


Das Publikum war zu höflich, die albernen Szenen mit schallendem Gelächter zu quittieren, statt dessen fühlte man sich bemüßigt sich betroffen zu zeigen – vielleicht schlief man auch nur. Denn eigentlich war es heftig langweilig. Kaum war die Musik verklungen, erklang auch schon das erste Buh.


Der Erfolg der Produktion wird sich in Grenzen halten. Das Mannheimer Publikum fühlte sich von der Vorankündigung der Produktion schon so abgeschreckt, dass die Premiere vor halb leerem Haus gespielt wurde.


Besuchte Vorstellung: Premiere 12. Februar 2017
Nationaltheater Mannheim

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