Parsifal – Staatsoper Berlin – 2016

Im Zentralraum 

Wagners „Parsifal“ der Staatsoper Berlin im Schillertheater 

Am Karfreitag besuchte ich Richard Wagners „Parsifal“ im Schillertheater in Berlin. Inszenierung und Bühnenbild von Dmitri Tcherniakov waren nicht uninteressant: eine Männergruppe haust in einem vielfach umgebauten Gebäude, das einmal der Gralstempel war (damit wir das verstehen, werden zu einer Gurnemanz-Erzählung Dias der Bayreuther Parsifal-Uraufführung vorgeführt). Die Kuppel ist wohl eingestürzt, eine flache Holzdecke schließt den achteckigen Raum nach oben ab, die Rundbögen sind vermauert, rechts ist ein großes Fenster eingebrochen. Der achteckige Raum ist eine schöne Idee, hat aber den Nachteil, dass nur ein ganz kleiner Teil des Publikums das Bühnenbild ganz sehen kann. In diese Obdachlosenversemmlung platzt dann ein Jugendlicher in kurzen Hosen herein (Parsifal). Für das Abendmahl wird dann Amfortas selbst das Blut aus der Wunde abgezapft. Nicht so ganz konsequent ist die Lichtführung. Wenn durch die Außentür Tageslicht in den Saal fällt, warum sind dann die Fenster dunkel? Weil man in diesem Moment Dias vorführt – das ist etwas banal. Im zweiten Aufzug sieht man den identischen Raum in weiß. Die Blumenmädchen sind Maiden in sommerlichen Blümchenkleidern mit dem altersmüden Klingsor. Statisten spielen Parsifals Vorgeschichte nach, der hier deshalb davonläuft, weil seine Mutter ihn ertappte, wie er an seiner halbnackten Freundin herumfummelte (die natürlich eine Vorgängerin der Kundry ist). Und ganz am Ende geraten die Obdachlosen in Verzückung, während Parsifal Kundrys Leiche hinausträgt. Das sieht hübsch aus, Tcherniakov geht allerdings doch sehr großzügig über den Text hinweg. Wenn ihm zu ganzen Textpassagen nichts einfiel, dann passiert eben nichts. So beschreibt Gurnemanz ziemlich verloren die Schwanenleiche, die man natürlich nicht sieht. Dafür ist er im dritten Akt ganz detailgetreu und lässt Kundry Parsifals Füße mit ihren Haaren trocknen, obwohl ein Handtuch griffbereit liegt.

Aber der Gesang war erfreulich. Hervorzuheben ist natürlich der wunderbare René Pape als Gurnemanz. Auch gut Wolfgang Koch als Amfortas und herausragend Andreas Schagerl als Parsifal. Als Star hatte man Waltraud Meier engagiert. Es war schön wieder einmal Matthias Hölle zu hören, den ich in den Achtziger Jahren oft als Gurnemanz in Stuttgart gehört habe, der nun Titurel sang. Nicht so richtig überzeugte mich Daniel Barenboims schleppendes Dirigat.

Klaus J. Loderer

Besuchte Vorstellung: 25. März 2016
Schillertheater Berlin


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