Operettenrarität: „Der Carneval in Rom“ von Johann Strauß – Stadttheater Baden bei Wien – 2017
Marie reist nach Rom
Operettenrarität „Der Carneval in Rom“ von Johann Strauß im Stadttheater Baden bei Wien
Eine Operettenrarität von Johann Strauß ist „Der Carneval in
Rom“, 1873 im Theater an der Wien mit großem Erfolg uraufgeführt, danach von
etwa 70 Theatern nachgespielt und dann in der Vergessenheit versunken. Das
Stadttheater Baden bei Wien hat das Stück nun ausgegraben und in einer kurzweiligen Inszenierung auf die Bühne
gebracht.
Der Carneval in Rom: Michael Fischer (Enzio), Jerica Steklasa (Marie) Foto: Christian Husar |
Im Stück geht es um Marie, die von dem Maler Arthur Bryk sitzengelassen wurde
und diesem nun nach Rom nachreist. Der macht aber gerade einer Gräfin den Hof.
Also verkleidet sich Marie als Junge und wird als Beppino Lehrling des Malers.
Im dritten Akt flirtet Beppino dann ebenfalls mit der Gräfin, um Arthur ihre
Untreue zu beweisen. Und so kommt es zum Happy End: Marie bekommt ihren Arthur.
Musikalisch steht das Stück in der Tradition der komischen Opern der Romantik.
Man mag durchaus an Nicolais Lustige Weiber von Windsor erinnert werden.
Natürlich scheint viel Offenbach durch. Und es sind auch schon typische Motive
der späteren Strauß-Operetten vorhanden. Der „Carneval“ ist aber
weniger rührselig als die späteren Werke. Da gibt es eine witzige Parodie auf
Mozarts Registerarie aus Don Giovanni, wenn der eifersüchtige Graf die
vermeintlichen Liebhaber der Gräfin aufzählt. Dieses Stück korrespondiert mit
einer sehr innig gestalteten Szene im dritten Akt, wenn Marie Arthur dessen
untreue Liebhaberinnen aufzählt, um ihn dann an die einzige Frau zu erinnern,
die ihm treu geblieben sei. Und irgendwie scheint es da auch einen Einfluß
durch Berlioz gegeben zu haben – auch „Benvenuto Cellini“ spielt ja
im römischen Karneval. Die Figur des Benvenuto Rafaeli deutet das an (auch eine
schöne Karikatur des Künstlernamenwesens)
Die Inszenierung von Monika Steiner gestaltete die Handlung als Rückblick. Während
der Ouverture zeigt die alte Marie ihren Enkeln das Atelier ihres verstorbenen
Mannes. Ein großes Bild im Zentrum ist verhüllt. Es fällt die Hülle, Marie
entdeckt ihr Porträt aus jungen Jahren und sie erinnert sich an ihre Jugend in
den Bergen. Wir sehen nun die junge Marie, die vor einer Schneelandschaft
skizziert und sich an den Maler Arthur Bryk erinnert. Immer wieder spielt das
Bühnenbild von Friedrich Despalmas mit dem Motiv des gerahmten Bildes. In
dieser Szene ist ein großer ovaler Rahmen, der das Bergmotiv mit Kapelle rahmt.
Im zweiten Akt wird der Rahmen dann zur Umfassung der Fontana die Trevi, die
für die Rom-Szenen den effektvollen Hintergrund bildet. Da die Kostüme auf die
Fünfziger Jahre verweisen, darf natürlich auch die Gräfin als im Brunnen badende
Anita Ekberg nicht fehlen. Die Umbauten der Requisiten nimmt das Ballett vor,
das als weiße Adaption der Comedia dell'arte kostümiert ist immer wieder in die
Handlung eingreift und natürlich auch diverse Tanznummern absolviert.
Dirigent Franz Josef Breznik leitet das Orchester der Bühne Baden schwungvoll.
Jerica Steklasa entwickelt sich als Marie im Laufe des Abends: sehr schön ihr
Couplet mit dem Äffchen im zweiten Akt und ihre „Registerarie“ im dritten Akt.
Klaus J. Loderer
Besuchte Vorstellung: 5. Januar 2017
Stadttheater Baden bei Wien
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