Operette „Mágnás Miska“ – Budapester Operettentheater – 2017

Verwicklungen im ungarischen Schloß

Albert Szirmais Operette „Mágnás Miska“ im Budapester Operettentheater

In Ungarn ist „Mágnás Miska“ (Magnat Mischka) ein fester Bestandteil der Spielpläne. Die Operette von Albert Szirmai (oder Albert Szirmay, 1880 in Budapest als Albert Schönberger geboren) ist allerdings in anderen Ländern – ebenso wie die fast zwanzig anderen Operetten von ihm – völlig vergessen. Dabei handelt es sich um ein flottes Stückchen, das den Zeitgenossen Kálmán und Lehár nicht nachsteht.

Nun habe ich die 1916 uraufgeführte Operette im Budapester Operettentheater gesehen und mich köstlich amüsiert. Was für eine wunderbare Operette. Man hat selten eine solch spritzige Parodie des ungarischen Landadels gesehen, der in einer grotesken Art und Weise völlig verblödet dargestellt wird: ein schon etwas seniler und vergesslicher Graf, seine dünkelhafte Gattin, seine Schwiegermutter als Kleptomanin und die vertrottelten Grafen Pixi und Mixi, die Angst haben, daß ihnen der Verwalter Barcacs die Grafentochter Roll wegnimmt. Der ist tatsächlich in Rolla verliebt, die sich aber wegen des Standesunterschieds plötzlich nun doch ziert, nachdem sie am Abend vorher eigentlich mit ihm durchbrennen wollte. Der bürgerliche Ingenieur zettelt nun eine Farce an, indem er seinen Stallburschen Miska als Graf Tassilo in den Ball bei Graf Korláth einführt. Der gibt einen reichlich skurrilen Grafen, der Geschmack am Sekt findet und daran. Da Rolla die Sache durchschaut hat, gestaltet sie die Farce nun selbst mit und kleidet das Dienstmädchen Marcsa als Dame und führt sie als Gräfin Marie und Verlobte des Grafen Tassilo beim Ball ein. Denn Marcsa ist stocksauer, daß ihr "Verlobter" Miska den großen Herrn spielt und mit den Damen flirtet. Als die Sache auffliegt, sorgt das für einen heftigen Eklat. Aber Barracs bekommt seine Rolla dann doch. Und Miska bekommt seine Marcsa.

Genauso grotesk wie die Grafengesellschaft ist auch die Dienstbotenebene dargestellt. Was Miska und Marcsa für ein Liebespaar sind, erlebt man im ersten Akt, wenn Marcsa die alte Gräfin um Erlaubnis für die Hochzeit bittet. Man ahnt, daß es eine ziemlich handfeste Liebe ist zwischen Miska und Marcsa, da Miska schließlich ein derber Stallbursche ist mit gutem Appetit und einem festen Handschlag. Sie möchte geküsst werden, er möchte sie verprügeln. Aber Marcsa erzieht sich ihren Miska im Laufe der Operette dann doch.

Wie man das im Budapester Operettentheater gewohnt ist, war es eine flotte Inszenierung in einem hübschen Bühnenbild mit hübsch anzusehenden Kostümen. Wenn man die Aufführung mit der in Youtube zu findenden Aufzeichnung vergleicht, gibt es allerdings in den Details ziemliche Unterschiede. Das wird dann wohl etwas an die Möglichkeiten der Darsteller angepasst, denn z.B. das Terzett Marcsa-Mixi-Pixi im dritten Akt verlangt schon akrobatische Fähigkeiten.

Schön flott hat Monika Szabó das hauseigene Orchester dirigiert. Auftrittsapplaus gab es für Zsuzsa Lehoczky als Großmutter Zsorzsi. Und dann ist natürlich das wunderbare Buffopaar Anna Peller und Károly Keller als Marcsa und Miska zu nennen (auf dem Bild links und rechts neben der Dirigentin). Und Vadász Zsolt gab mit sicherem Tenor den Ingenieur István Baracs. Und ganz köstlich die beiden Grafen Mixi (Dénes Koscis) und Pixi (László Csere). Budapest ist eben doch die Hauptstadt der Operette.


Klaus J. Loderer

Besuchte Vorstellung: 7. Januar 2017

Hauptstädtisches Operettentheater Budapest

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