Nico Dostals Operette „Prinzessin Nofretete“ – Musikalische Komödie Leipzig – 2017

Archäologenliebe – Pharaonenliebe 

Nico Dostals Operette „Prinzessin Nofretete“ in einer köstlichen Inszenierung an der Musikalischen Komödie Leipzig 

Ein Archäologe, der die Tochter eines englischen Lords liebt, der eine Ausgrabung in Ägypten betreibt, das erinnert fast schon an den legendären Archäologen Howard Carter, den Entdecker des Grabs von Tutanchamun. In diesem Fall ist das aber die Handlung einer Operette nämlich der Operette „Prinzessin Nofretete“ von Nico Dostal, die 1936 in Köln uraufgeführt und dann nicht mehr aufgeführt wurde. Insofern ist die Ausgräberoperette nun ihrerseits eine Ausgrabung geworden, als die Musikalische Komödie Leipzig sie nach achtzig Jahren wieder ausgrub.

Prinzessin Nofretete, Premiere 25.3.2017 // Ballett der Musikalischen Komödie
© Kirsten Nijhof
Und man merkt in der Aufführung in Leipzig schnell, daß es sich um eine spritzige Komödie handelt. Mit der legendären Königin Nofretete, der Gemahlin Echnatons, hat diese Geschichte übrigens nichts zu tun. Es handelt sich hier um die Tochter des Pharaos Rhampsinit, eines fiktiven Pharaos, von dem Herodot erzählt. Interessant daran ist, dass es in der Fabel um einen Meisterdieb geht, der es immer wieder schafft zu entkommen und schließlich die Tochter des Königs heiratet. Und genau das ist die Basis für einen Teil der Operettenhandlung.

In Leipzig wird man aber zunächst auf eine Reise mitgenommen. Da der Chor in der Operette die Vorzüge des Reisebüros Cook lobt, wird man in der Inszenierung von Franziska Severin schon im Foyer zu einer Reise eingeladen. Der Chor taucht dann als Reisegesellschaft in Ägypten auf, begleitet von der Reiseleiterin Pollie Miller. Nora Lentner jagt ihre Pauschaltouristen mit Trillerpfeife erbarmungslos bei der Stange. Diese ist natürlich die eine Hälfte des Buffopaars. Zufällig trifft sie in Ägypten auf ihre Jugendliebe Totty Tottenham, herrlich trottelig gespielt von Jeffery Krueger. Das ist die andere Hälfte des Buffopaars. Allerdings soll Totty nach dem Willen seiner Tante Quendolin (ganz versnobte Lady Anne-Kathrin Fischer) Claudia heiraten, die Tochter Lord Callagans (Patrick Rohbeck). Claudia (Lilli Wünscher) liebt aber eigentlich in den Archäologen Dr. Hjalmar Eklind (Radoslaw Rydlewski) . Also eine nicht einfache Ausgangssituation. Frank Schmutzler hat für die beiden Rahmenakte übrigens keine ägyptische Dekoration entworfen, sondern sich vom Innenhof des Britischen Museums in London und dem runden Bibliotheksbau inspirieren lassen. Zusammen mit den Kostümen von Sven Bindseil entsteht dann so eine Art Agatha-Christie-Mord-auf-dem-Nil-Atmosphäre.

Und dann wird die Grabkammer der Prinzessin Nofretete entdeckt. Claudia möchte das Los der Prinzessin über ihr Schicksal entscheiden lassen. Lord Callagan steigt mit einem Wahrsager in die Grabkammer und wir erleben die Geschichte der Prinzessin.

Es folgt das Zwischenspiel. Die Bühne verwandelt sich und wird ägyptisch. Und nun ist alles ganz ägyptisch. Natürlich ist der Akt angelegt, um uns etwas exotisches Ambiente vorzuführen mit Tanzeinlage. Uns wird natürlich auch ein ägyptisches Ballett geboten. Das sieht sehr schön aus, allerdings wirken die fleischfarbenen Ganzkörpertrikots ziemlich albern. Haut wäre überzeugender.

Prinzessin Nofretete, Premiere 25.3.2017
Nora Lentner (Teje) & Andreas Rainer (Prinz Thototpe)
© Ida Zenna
Wir sehen die bisher Agierenden wieder, die nun aber ägyptische Rollen einnehmen. Claudia ist die Prinzessin Nofretete, der Lord wird zum Pharao, aus Eklind Amar, aus Polli Teje und aus Totty der Prinz Thototpe – ein hübsches Wortspiel. Die Liebeskonstellationen sind ähnlich wie im ersten Akt. Also: Teje liebt Thototpe. Der soll Nofretete heiraten. Die liebt aber einen Unbekannten. Der Pharao ärgert sich über Diebstähle aus seiner Schatzkammer, darum soll seine Tochter Nofretete die Nacht in der Schatzkammer verbringen und den Dieb durch Verführung stellen. Sie wird festgekettet. Nur ihr künftiger Gatte kann den Zauber der Kette lösen. Der Soldat Amar wurde durch den Dieb in einen geheimen Raum unter der Schatzkammer gelockt und sitzt nun dort fest. Unbewußt löst Nofrete einen Mechanismus aus, der den unterirdischen Raum öffnet. Amar kommt heraus und entpuppt sich als der unbekannte Sänger, für den Nofretete schon seit einiger Zeit schmachtet. Und wie durch ein Wunder löst sich die Kette am Fuß der Prinzessin. Sie gibt ihm die Kette mit und er kann nach draußen schleichen. Dann schleicht sich Thototpe (in einem nett lächerllichen Schuppenkostüm mit Mistkäferkragen) herein, um sie zu küssen. Sie alarmiert die Wachen und Thototpe wird als vermeintlicher Dieb verhaftet und verprügelt. Dann taucht Amar  mit der Kette auf und bekommt die Prinzessin zur Frau.

Nun weiß das Publikum, dass der Lord Claudia an den Archäologen geben sollte. Das gefällt ihm allerdings nicht. Und deshalb verfälscht er die Geschichte so, daß die Nofretete den Prinzen Thototpe bekommen habe. Das glaubt man dem Lord natürlich. Allerdings hat Eklind eine Inschrift an einen Berliner Alterumtsforscher geschickt, der nun schreibt, dass Amar die Prinzessin geheiratet habe. Der Lord vernichtet den Brief sofort. Allerdings bringt Pollie die Wahrheit ans Licht. Und nun sind alle zufrieden: Pollie bekommt Totty, Claudia bekommt Hjalmar und Callagan heiratet Quendolin samt Millionenmitgift.

Die Musik ist übrigens gar nicht orientalisch angehaucht, eher ein typischer Walzer- und Csárdás-Operetten-Reigen. Die Texte überaus witzig, die Musiknummern spritzig. Stefan Klingele führt das Orchester der musikalischen Komödie kurzweilig. Und auch die Inszenierung von Franziska Severin kurzweilig mit einem Gespür für Humor. Und da Touristen ja immer photographieren und wir ja eine Reisegesellschaft sind, darf man auch fotografieren – aber nur manchmal, immer dann, wenn seitlich der Bühne die Fotoschilder aufleuchten. Und bei den besonders dekorativen Szenen leuchten dann auch die Schilder auf – ob man es in der kurzen Zeit schafft, ein Foto zu machen, sei einmal dahingestellt. Aber es ist ein lustiger Gag.

Klaus J. Loderer

Besuchte Vorstellung: 16. Juni 2017
(11. Vorstellung seit der Premiere am 25. März 2017)
Haus Dreilinden Leipzig

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