Nach der Oper: Käfer's Bistro im Kurhaus Wiesbaden

Nach der Oper: Käfer's Bistro im Kurhaus Wiesbaden 

Eine Gastronomiekritik

Ein eleganter Platz ist der sogenannte Bowling Green in Wiesbaden. Zwei Bassins mit Springbrunnen verleihen ihm Flair. Auf zwei Seiten ist er von weißen Kolonnaden begrenzt. Hinter der südlichen verbirgt sich das Staatstheater, das frühere königliche Hoftheater. An der östlichen Schmalseite ist er vom mächtigen Kurhaus abgeschlossen. Eine Säulenhalle mit Dreiecksgiebel bildet den markanten Eingang zur zentralen Kuppelhalle, die den großen Konzertsaal auf der rechten Seite, der heute nach dem Architekten Friedrich von Thiersch benannt ist, ebenso wie den Kammermusiksaal auf der linken Seite erschließt. Historische Raumfolgen schließen sich an, darunter die Spielbank. Für Gastronomie sorgt auf der linken Seite des Gebäudes mit Zugang von der zentralen Halle und eigenem Eingang von außen Käfer’s Bistro.

Kurhaus in Wiesbaden
Foto: Klaus J. Loderer
Dieses ist besonders nach Oper oder Konzert beliebt, da die Küche auch am späten Abend noch den Hunger befriedigt. Die beiden schön eingerichteten Räume machen mit den kleinen Tischen mit weißen Tischdecken einen französischen Eindruck. Ein Pianist sorgt für dezente Live-Hintergrundmusik.

Wir erhalten einen runden Tisch am Fenster im zweiten Raum mit historischer Stuckdecke. Nach der Riesenparfümflaconwanddekoration wird er Salon des Flacons genannt. Das Restaurant hat eine kleine Speisekarte, was ich sehr angenehm finde. Dass darauf ein Gericht mit Trüffeln zu finden ist, bemerkt man schon der schweren Trüffelnote, die im Raum hängt. Trotz der Sonderspeisekarte Austern bevorzuge ich dann doch etwas herbstliches. Ein Körbchen mit leckerem Brot, Brezeln, Gänseschmalz, Butter und frisch aufgeschnittenem Schinken leiten das Essen ein. Eine mundende Einleitung. Dieses sog. Gedeck findet man dann übrigens auf der Rechnung, obwohl es ungefragt serviert wird – eine Besonderheit des Restaurants (pro Person 2,90 €). Auf Nachfrage, dass Gedeck in Deutschland ein ungewöhnlicher Rechnungsposten sei, wird dann nur darauf hingewiesen, dass es in der Speisekarte stünde.

Als Vorspeisen bestellen wir Rindercarpaccio und Lachstatar. Das Carpaccio vom Fassona Piemontese-Rind mit Kapern und gebratenen Artischocken lobt der Begleiter sehr (18 €). Ich probierte Lachstatar, der mit einem warmen Kartoffelrösti und Limonen Crème fraîche serviert wird – sehr lecker (kleine Portion 14,50 €).

Trotz der gut sortierten Weinkarte mit zahlreichen Weinen aus dem nahen Schloß Johannisberg gestaltet sich der Wunsch nach einem lieblichen Glas Wein aus der Region als schwierig. Nun werden in der Umgebung von Wiesbaden, in den Weinbaugebieten Rheingau, Nahe und Rheinhessen ja überaus interessante liebliche oder sogar edelsüße Weine ausgebaut, aber die gibt es bei Käfer eben nur flaschenweise. Auch vom Gelblack von Schloß Johannisberg gibt es glasweise nur die trockene Variante. Auf Empfehlung der Kellnerin nehme ich einen halbtrockenen Erntebringer-Riesling, der zwar eine fruchtige Note hat aber doch heftig trocken und mit starker Säure ist (0,2 l für 6,90 €).

Als Hauptgang wird eine ganze Bauernente bestellt, die dann am Tisch tranchiert werden soll. Allerdings kommt aus der Küche die Nachricht, dass nur noch eine halbe Ente vorhanden ist. Also wird umdisponiert auf einmal Entenbrust und Entenschlegel (27,50 €), einmal Gänsebrust und Gänseschlegel (32,90 €) und einmal Taglierini mit Trüffeln (kleine Portion 18 €). Während das Nudelgericht einigermaßen passabel ist, sind beide Geflügel recht trocken und deshalb mühsam zu kauen. Zur Gans gibt es Klöße. Da diese gerne einer der Begleiter hätte, tausche ich sie gegen Scheiben der Brezenknödelterrine, die mit der Ente kommt. Allerdings lässt er die Klöße nach einer kleinen Kostprobe ungegessen liegen, da die kleinen „Golfbälle“ die gewohnte Zartheit von Kartoffelklößen vermissen lassen und eher eine zähe Masse sind. Ich habe mit der Brezenknödelterrine einen guten Tausch gemacht. Immerhin ist das unter dem Geflügel versteckte Blaukraut lecker, ebenso das Backäpfelchen. Die Kellnerin fragt ob des nur halb abgegessenen Ententellers erstaunlicherweise nicht nach. Ich nage noch einige Zeit an der Gänsekeule, die etwas penetrant nach dem Majoranjus duftet, herum.

Klaus J. Loderer


Restaurantadresse:
Käfer’s Bistro
Kurhaus, Kurhausplatz 1

Wiesbaden

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