Buchbesprechung: Manfred Wehdorn: Freiplastik in Wien

Denkmäler und Figuren in Wien

Manfred Wehdorns Bestandsauffahme über Freiplastik in Wien bis zum Ende des Ersten Weltkriegs

Ein Inventar der Wiener Freiplastik hat der Wiener Architekt und Denkmalpfleger Manfred Wehdorn, der an der Technischen Universität Wien unterrichtet und Vorstand des Instituts für Kunstgeschichte und Denkmalpflege ist, mit drei Mitarbeiterinnen erarbeitet und herausgegeben. Immerhin mehr als 800 Objekte umfasst dieses Verzeichnis, bei dem neben einer kurzen Beschreibung der Standort, die Geschichte, der Künstle, das Material und die Quellenlage erfasst wurden. Mit Freiplastik sind Kleindenkmäler gemeint. Dies sind zum größten Teil Skulpturen, das können aber auch kleine Gebäude sein. Der Katalog umfasst neben den großen Standbildern im öffentlichen Raum eine Vielzahl kleiner Figuren, Kreuze, Bildstöcke, Büsten und Kapellen. Gewissermaßen reicht der im Buch aufgeführte Bestand vom Danubiusbrunnen bei der Albertina, mit dem das Inventar beginnt, bis zu einem hölzernen Bildstock in der Zemlinskygasse in Liesing, das ist der 23. Bezirk, mit dem das Inventar aufhört. Schon allein wegen der Auflistung der vielen Standbilder, an denen Wien ja überaus reich ist, ist der Band nicht nur für ein Spezialpublikum sondern für alle an Wien Interessierten interessant. Der neue Band ergänzt dabei wunderbar die über Wien schon existierenden Nachschlagewerke.

Man findet natürlich die großen Standbilder, etwa die Reiterstandbilder auf dem Heldenplatz. Überhaupt kann man nun die verschiedenen Reiterstandbilder vergleichen. Man kann sich aber auch endlich einmal die Komponistendenkmäler in der Stadt zusammensuchen. Auch hier verfügt Wien ja über einen reichen Bestand, man denke nur an das Mozartdenkmal im Burggarten. Der Rezensent hat zuerst das berühmte Johann-Strauß-Denkmal im Stadtpark vermisst, das allerdings erst 1921 aufgestellt wurde und damit aus dem Untersuchungszeitraum heraus fällt. Das Inventar wurde von den Autoren auf das Stichjahr 1918, also das Ende des Ersten Weltkriegs eingeschränkt.
In den Zeitraum bis 1918 fallen zwei wichtige Phasen, die für die Aufstellung von Freiplastiken wie überhaupt für die bauliche Entwicklung von Wien sehr wichtig sind: die Barockzeit und die Regierungszeit des Kaisers Franz Joseph. Aus beiden Epochen besitzt Wien einen großen Bestand an Kleindenkmalen. Mit aufgenommen wurden auch die Skulpturen in den Schlossparks, wie im Belvedere und in Schönbrunn. Für das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert sind dann vor allem die zahlreichen Denkmäler wichtig, die Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens oder der Kultur würdigen.

Neben vielen Büsten auf Plätzen findet man im Buch auch Skulpturen auf Torpfosten. Natürlich sind zu den Einzelobjekten die Inschriften wörtlich zitiert und die Autoren haben Künstler und Auftraggeber recherchiert. Jedes Denkmal ist außerdem mit einem Foto abgebildet.

Sind es im Zentrum eher Standbilder, die an Personen erinnern, findet man in den Außenbezirken noch einen großen Bestand an Marterln und Kreuzen. Bei den religiösen Denkmälern fällt der unglaubliche Bestand an Johann-Nepomuk-Skulpturen in der Stadt auf. Immerhin 370 religiöse Kleindenkmäler besitzt Wien. Davon findet man alleine 56 im Bezirk Döbling. Diese Zahlen kann man einer Statistik im Buch entnehmen. So erfährt man auch, dass die Innere Stadt, also der erste Bezirk 34 Brunnen (aus der Zeit vor 1918) besitzt. 105 Brunnen beschreibt der Band insgesamt. Mit der Statistik muss man allerdings vorsichtig umgehen. So wirkt der 3. Bezirk durch das Schloss Belvedere, dessen Skulpturen und Brunnen einzeln auggezählt werden, etwas übergewichtig. Nicht in das Inventar aufgenommen wurden die Friedhöfe. Das hätte den Rahmen dann doch gesprengt. Allerdings wurden die Grabsteine von Beethoven und Schubert im Schubertpark in das Inventar aufgenommen.

Klaus J. Loderer

Manfred Wehdorn:

Freiplastik in Wien
1451–1918

Unter Mitarb. von Ulrike Biermayer, Susanne Hayder und Anna Stuhlpfarrer. Mit Fotos von Christian Chinna und Wehdorn Architekten

Deutscher Kunstverlag Berlin München 2009
(Wiener Schriften zur Kunstgeschichte und Denkmalpflege; 2)
ISBN 978-3-422-06781-3
299 S., zahlr. Ill.

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