Eine Oper von E.T.A. Hoffmann: Liebe und Eifersucht – Gärtnerplatztheater München – 2008

Der Schachautomat im Liebeslabyrinth


Singspiel »Liebe und Eifersucht« von E.T.A. Hoffmann im Staatstheater am Gärtnerplatz in München

Wolfgang von Kempelens für die Bühne zum Leben erweckter legendärer Schachautomat ist nur eine der Requisiten mit denen der mit einem Technik-Spleen versehene Herzog von Florenz ausgestattet ist. Wie das Laufrad des Freiherrn von Drais belebt er ein Heckenlabyrinth, das den Hintergrund bildet für ein wiederentdecktes Singspiel von E.T.A. Hoffmann am Staatstheater am Gärtnerplatz in München. Dass es von E.T.A. Hoffmann tatsächlich eine Skizze des Schachautomaten gibt, dessen Mysterium den romantischen Dichter natürlich begeisterte, ist ein nettes Übereintreffen und nur ein Beispiel der kulturgeschichtlichen Zitate, mit denen Regisseur und Bühnenbildner Ezio Toffolutti die Produktion versehen hat. Da findet man dann etwa auch Hoffmanns Figur Meister Floh in einem Schattenspiel.

E.T.A. Hoffmann ist heute vor allem als Schriftsteller bekannt. Er selbst sah sein Talent eher in der Musik. Doch dieser Bereich seines Schaffens ist inzwischen fast völlig in Vergessenheit geraten. Seine Oper »Undine« gehört zu den überaus selten gespielten Raritäten des Opernspielplans. Ganz selten tauchen die Sinfonien und kammermusikalischen Werke auf. Das Singspiel »Liebe und Eifersucht« nach Calderóns Stück »Die Schärpe und die Blume« kam zu Lebzeiten Hoffmanns gar nicht erst zur Uraufführung, geriet völlig in Vergessenheit und wurde erst im 20. Jahrhundert wiederentdeckt. Das Libretto fand sich im Stadtarchiv Würzburg, die Partitur in der Staatsbibliothek Berlin. Die Ludwigsburger Festspiele machten sich zweihundert Jahre nach der Entstehung an eine lange anstehende Uraufführung, die vom Staatstheater am Gärtnerplatz mit der Münchner Premiere am 27. September als Koproduktion in das Repertoire übernommen wurde.

Die Handlung spinnt sich um den Adeligen Enrico und seine unerfüllte Liebe zu Lisida, der er sich allerdings noch nicht offenbart hat. Deren Schwester Chloris liegt ebenfalls Enrico. Dieser macht aus Ungeschicklichkeit im Laufe der Handlung allen anwesenden Damen den Hof und bringt sich dadurch in immer größere Schwierigkeiten, die am Ende in einem Duell mit gleich drei Herren kulminieren, aus dem ihn schließlich Lisida rettet. Die Handlung ist überaus verwickelt und soll hier nicht im Detail dargelegt werden. Dies könnte sich für künftige Aufführungen durchaus als Hindernis erweisen. Die Anlage als Singspiel gibt gesprochene Dialoge und eingeflochtene Musiknummern vor. Auch diese Form ist inzwischen auf der Opernbühne eher etwas aus der Mode gekommen. Für die verschiedenen Handlungsschauplätze baut Regisseur Toffolutti das Heckenlabyrinth geringfügig um oder überrascht durch eine Drehung. Die Kostüme sind übrigens der Hoffmann-Zeit angepasst.

Wohl Mozarts Leporello-Figur entlehnte Hoffmann den Diener Ponlevi, von Stefan Sevenich mit großem Talent zu Komik und bemerkenswerter Beweglichkeit dargestellt, was das Publikum mit Beifall quittierte. Im Gegensatz zu seiner sonoren Tiefe steht sein Herr Enrico als Tenor. Dass Peter Sonn sich nicht so ganz entfalten kann, mag eher an der Partitur liegen als an seinen Fähigkeiten. Das trifft auch auf Stefanie Kunschke als Lisida zu.

In der Aufführung am 23. Oktober gab Eva Pons ihr Debüt als Dirigentin dieses Werks. Sie versah das Orchester mit der nötigen Transparenz, die die stilistisch Mozart und Haydn nahestehende Musik benötigt.

Es ist erfreulich, dass das Staatstheater am Gärnterplatz sich diesem unbekannten Werk angenommen und das Experiment einer Aufführung gewagt hat.

Klaus J. Loderer

Besuchte Vorstellung: 23. Oktober 2008
Staatstheater am Gärtnerplatz München

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