Der Komponist Jenö Hubay

Von Geigen und viel Schmelz 

Die Opern des Jenö Hubay sind in Vergessenheit geraten 

Der deutsche Komponist Johannes Brahms gehörte zu den großen Bewunderern des ungarischen Geigenvirtuosen Jenö Hubay. Schon als junger Mann hatte er sich auf mehreren Konzertreisen Erfolge in vielen Ländern Europas errungen. Er arbeitete mit bekannten Dirigenten wie Hans von Bülow, Edouard Colonne, Benjamin Godard, Felix Weingartner, Arthur Nikisch und Erich Kleiber. Das 1896 gegründete Hubay-Poppers-Quartett war für seine besondere Spielweise berühmt. Heute sind von Jenö Hubay vor allem die Werke für Violine bekannt. Auch als Lehrer hatte er großen Einfluss auf ganze Generationen von Geigern und Musikern. Immerhin war er von 1886 bis 1934 an der Musikakademie Budapest. Zu seinen Schülern zählten etwa Joseph Szigeti und Eugene Ormandy. Ganz in Vergessenheit geraten sind Hubays Opern.

Geboren wurde Jenö Hubay als Eugen Huber am 15. September 1858 in Pest als Sohn des Dirigenten und Geigers Karl Huber (*1828, †1885). Dieser unterrichtete auch am ungarischen Nationalkonversatorium und war Kapellmeister am Nationaltheater. Neben Stücken für Violine hatte er auch vier Opern komponiert. Die musikalische Begabung färbte auch auf den Sohn ab, der bei seinem Vater Geigenunterricht erhielt. 1873 ging er nach Berlin und erhielt dort weiteren Unterricht von dem bekannten Geiger Joseph Joachim. 1876 kehrte er nach Budapest zurück. Er freundete sich mit Franz Liszt an und spielte mit ihm zusammen mehrere Konzerte. Schon bald hatte er einen guten Ruf als Geigenvirtuose. 1878 trat er erstmals in Paris auf. Es folgten mehrere Konzertreisen durch Frankreich, England, Belgien und die Niederlande. Im Alter von 21 Jahren magyarisierte er seinen Namen. 1882 wurde er als Professor für Violine an das Konservatorium von Brüssel berufen. Auch nach seiner Rückkehr nach Budapest 1886 wirkte er lehrend weiter. An der 1875 gegründeten Budapester Musikakademie wurde ihm die Leitung des Ausbildungsbereichs Violine übertragen. Er übernahm diesen Bereich quasi von seinem Vater, der diesen Bereich erst 1884 geschaffen hatte. Immer wieder unternahm Hubay Konzertreisen. 1888 war er in Italien. 1890 und 1893 reiste er nach Russland. 1894 heiratete er die Gräfin Róza Vebrian. 1896 erfolgte dann die Gründung des Hubay-Poppers-Quartetts zusammen mit dem Cellisten David Popper, der ebenfalls an der Musikakademie unterrichtete. Nach der Jahrhundertwende erfolgen mehrere bedeutende Anerkennungen. 1909 erfolgte die Erhebung in den Adelsstand als Jenö Hubay von Szalatna. 1913 ernannte ihn die Universität Klausenburg (Cluj, Kolozsvár) zum Ehrendoktor. Das Ende des Ersten Weltkriegs sorgt für einen tiefen Einschnitt in der Biographie. Im neuen politischen System wurde nicht er Direktor der Musikakademie sondern Ernst von Dohnányi. Aus Angst vor den Kommunisten floh Hubay im Frühjahr 1919 mit der Familie in die Schweiz. Nach dem Sturz der Räterepublik kehrte er nach Budapest zurück. Von 1919 bis 1934 war Hubay dann Direktor der Musikakademie. Am 12. März 1937 starb Jenö Hubay in Budapest.

Berühmt waren die Konzerte im Weißen Salon seines Hauses in Budapest. Hubay residierte in einem eleganten Palais an der Donau unterhalb des Burgbergs. Die Einladungen zu den Privatkonzerten waren begehrt. Dort trat er oft selbst als Geiger auf. Er spielte dabei auf einer von dem berühmten italienischen Geigenbauer Stradivari 1726 gebauten Geige. Zu Gast waren aber auch viele berühmte Musiker aus ganz Europa, darunter Erich Kleiber, Jan Kubelik, Bruno Walter, Arturo Toscanini, Yehudi Menuhin, Pietro Mascagni und Richard Strauss. Ab 1925 wurden in diesem Saal sogar Radiomitschnitte produziert. Leider sind diese Aufnahmen allerdings im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. Das Haus wurde vor einigen Jahren restauriert. Der weiße Saal mit seinen Jugendstilfenstern und den schönen Kachelöfen dient seit 2008 als Jenö-Hubay-Saal für Konzerte.

Bekannt sind vor allem seine Kompositionen für Violine, darunter vier Violinkonzerte. Berühmt sind die »Szenen aus der Csárda«, einer Sammlung von 14 virtuosen Geigenstücken mit sehr ungarischer Färbung, die zwischen 1879 und 1891 entstanden und an denen er immer wieder herumgefeilt hat. Vor einigen Jahren erschien eine wunderbare Aufnahme mit Michael Jelden.

Ab den 1880er-Jahren komponierte er auch größere sinfonische Werke. 1888 wurde seine erste Sinfonie aufgeführt. Erst 1914 arbeitete er an der zweiten Sinfonie. 1922 entstand die Petöfi-Sinfonie für Chor und Orchester. Auch eine Dante-Sinfonie komponierte er. Lange arbeitete Hubay an der Kantate »Ara Pacis«, einer Vertonung der Friedenshymne von Romain Rolland.

Völlig untergegangen sind Hubays Opern. Erst in den 1890er-Jahren wandte er sich diesem Genre zu. Seine erste Oper »Aliénor« wurde 1891 in Budapest uraufgeführt. »Der Geigenbauer von Cremona« sorgte dann sogar für internationale Anerkennung. Schon in Budapest war die Oper bei der Uraufführung am 10. November 1894 sehr erfolgreich. Mehr als 70 Theater spielten die Oper nach. Und am 20. Dezember 1897 wurde die Oper sogar in New York aufgeführt. Es soll die erste Aufführung einer ungarischen Oper in Amerika gewesen sein. Auch die Oper »Moharózsa« war erfolgreich. Den Opern »Der Dorflump« und »Lavottas Liebe« gab Hubay einen ungarischen Klang, indem er Motive aus ungarischen Volksliedern einbaute. Die beiden Ungarn-Opern »Anna Thurán« und »Rákóczi« blieben unvollendet. Zwei weitere Opern sind »Die Venus von Milo« und »Die Maske«. Im Frühjahr 1914 begann er mit »Anna Karenina«. An eine Aufführung war durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs aber nicht zu denken. Erst 1923 fand die Uraufführung statt. In der Zwischenkriegszeit entstand noch die Oper »Der selbstsüchtige Riese« nach einer Erzählung von Oscar Wilde.


Im kommunistischen Nachkriegsungarn galt Hubay zu sehr als Exponent des Großbürgertums und des Adels. Nach 1956 verschwanden die Werke ganz aus den Konzertsälen. Die Jenö-Hubay-Stiftung pflegt das Erbe des Komponisten und ist bestrebt seine Werke wieder bekannter zu machen.

Klaus J. Loderer

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Skandal: Enrico Caruso und die spektakuläre Trennung von Ada Giachetti

Vor der Oper: das historische Café Rommel in Erfurt

Buchbesprechung: Paul Abraham, der tragische König der Operette – eine Biographie von Klaus Waller