Ingrid Haslinger, Gerhard Trumler: So lebten die Habsburger

Buchbesprechung

Ingrid Haslinger, Gerhard Trumler:
So lebten die Habsburger
Kaiserliche und Königliche Schlösser in der österreichisch-ungarischen Monarchie

Ein überaus opulenter Band ist nun zu den Schlössern der Habsburger erschienen. Ingrid Haslinger widmet sich darin den kaiserlichen, königlichen und erzherzoglichen Wohnungen. Illustriert wurde der prächtige Band mit Fotos von Gerhard Trumler und zahlreichen historischen Darstellungen. Die überaus große Vielzahl der Schlösser, Landhäuser, Jagdschlösser und Villen versuchte die Autorin dadurch übersichtlich zu gestalten, dass sie einzelne Typen entsprechend ihrer Funktion zusammenfasste, um nicht in eine trockene alphabetische Auflistung zu verfallen. Dies war eine sinnvolle Entscheidung, da die Schlösser sich in ihrer Nutzung und Ausstattung entsprechend der Funktion als Residenz in der Hauptstadt oder als bescheidenes Jagdschloss in Ausstattung und Organisation natürlich beträchtlich unterschieden. So gliederte Haslinger den Band entsprechend der repräsentativen Funktion und Nutzung. Einleitend geht sie auch auf die Finanzierung der Wohnungen und das Privatvermögen der Habsburger ein.

Es würde den Rahmen sprengen, hier alle besprochenen Bauten aufzulisten. Natürlich geht der Band ausführlich auf die Hofburg in Wien, Schloss Schönbrunn, Laxenburg, die Kaiservilla in Ischl, das Achilleion der Kaiserin Elisabeth auf Korfu, das Schloss Miramar bei Triest, die Albertina und die Hermes-Villa ein, um nur einige zu nennen. Heben wir für unsere Leserschaft die Schlösser im Königreich Ungarn hervor, wodurch immerhin auch schon ein Querschnitt durch viele verschiedene Bautypen zusammenkommt. Als königliche Residenzen sind hier das Schloss auf dem Burgberg von Ofen in Budapest und die Burg in Pressburg (Bratislava) zu nennen. Besonders das Schloss in Ofen wurde im späten 19. Jahrhundert für Franz Joseph und Elisabeth zur großen Residenz ausgebaut, was die Autorin leider nicht erwähnt, während sie ausführlich auf die Baugeschichte im 18. Jahrhundert eingeht. Leider fehlt auch ein Hinweis auf die komplette Zerstörung der Inneneinrichtung im Zweiten Weltkrieg und den stark veränderten Wiederaufbau. Von den Kriegszerstörungen kündet ein Foto des Schlosses von Alcsút, dem Landgut des Erzherzogs Joseph, das sich unter der Rubrik »Lustschlösser« findet. Ausführlich geht der Band auf Schloss Gödöllö ein, das, obwohl ein barocker Bau, inzwischen vor allem als Schloss der Königin Elisabeth bekannt ist.

Weniger bekannt ist das Jagdschloss des Kronprinzen Rudolf in Görgényszentimre (Gurghiu) in den Karpaten, das allerdings heute nicht wie angegeben in Ungarn sondern in Rumänien liegt, denn bei der zur Orientierung erwähnten Stadt Marosvásárhely handelt es sich um Tirgu Mures.

Vorgestellt wird auch die Domäne Béllye (Bilje), die 1920 durch die Grenzziehung geteilt wurde und heute teils in Ungarn, teils in Kroatien liegt. Haslinger stellt den Eigentümer Erzherzog Karl als geschäftstüchtigen Unternehmer vor, der aus den Gütern beträchtliche Gewinne erzielte. Béllye, ursprünglich ein Gut des Prinzen Eugen, war für Erzherzog Friedrich das Lieblingsjagdrevier. Leider nicht ausführlicher behandelt wird das Schloss in Ungarisch-Altenburg, das nur kurz im Text erwähnt wird. Zu den Sachsen-Teschen-Besitzungen gehörte auch das Palais Grassalkovich in Pressburg, heute Sitz den slowakischen Präsidenten.

Auch unter der Rubrik Witwensitze finden wir zwei interessante Anlagen im Königreich Ungarn. Das Schloss in Oroszvar (Rusovce) wurde nach 1906 von der Witwe des Kronprinzen Rudolf, Prinzessin Stephanie von Belgien, und ihrem zweiten Mann Graf Elemér Lónyay, genutzt. Der Ort machte im 20. Jahrhundert eine wechselvolle Geschichte mit: er blieb nach 1920 bei Ungarn, wurde 1947 der Tschechoslowakei zugeschlagen und ist inzwischen ein Stadtteil von Preßburg. Stephanie zog sich später nach Pannonhalma zurück, wo sie im August 1945 starb.

Der Band schafft einen interessanten Einblick in die wechselvolle Geschichte der Habsburger-Dynastie, dargestellt durch die Untersuchung der Wohnungen ihrer Mitglieder. Dabei wurde ein weiter Bogen von der Renaissance bis ins 20. Jahrhundert gespannt. Neben den Kaisern wurden auch die Bauaktivitäten der zahlreichen Erzherzöge berücksichtigt, wodurch nun ein umfangreiches Konvolut der Wohnungsgeschichte einer Dynastie entstand.

Klaus J. Loderer

Ingrid Haslinger, Gerhard Trumler:
So lebten die Habsburger
Kaiserliche und Königliche Schlösser in der österreichisch-ungarischen Monarchie
1. Aufl. Christian Brandstätter Verl. Wien 2007
(Publikationsreihe Museen des Mobiliendepots)
ISBN 978-3-85447-651-1
263 S., überw. Ill.

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