Graf von Luxemburg – Oper Dortmund – 2014

Aus dem Atelier wird ein Luxushotel 

Léhars Operette»Der Graf von Luxemburg« an der Oper Dortmund 

Wie aus einem Stadtviertel mit armen Künstler ein angesagtes In-Viertel wird, das sieht man in der Dortmunder Inszenierung von Franz Lehárs Operette »Der Graf von Luxemburg«. Gentrifizierung ist dafür der akademische Begriff. Was auf der Bühne im ersten Akt das Atelier der armen Maler René und Armand ist, wird im zweiten Akt der Ausstellungsraum der Modedesignerin Angèle und im dritten Akt zu einem Luxushotel. Dafür gönnt uns Bühnenbildner Toto sogar ein Paris-Panorama hinter dem großen Atelierfenster.


Lucian Krasznec als René und der Chor in »Der Graf von Luxemburg« an der Oper Dortmund
Foto: Thomas M. Jauk Stage Picture

Ein armer Maler müsste René (mit wunderbarem Tenor: Lucian Krasznec) nicht sein, denn er ist der Graf von Luxemburg, der aber sein Vermögen durchgebracht hat, was ihn nicht hindert munter den Karneval zu genießen. Es taucht sogar eine neue Geldquelle auf in Form des russischen Fürsten Basil (Hannes Brock), der für seine angebetete aber nicht standesgemäße Angèle (Julia Amos) einen Adelstitel benötigt und sie deshalb mit René verheiratet. Er darf seine neue Ehefrau aber nicht sehen, wodurch er in bester Operettenmanier im zweiten Akt natürlich seiner Frau den Hof macht und sich sofort in sie verliebt. Als man sich erkennt, kommt es gleich zum ersten Streit wegen des vermeintlichen Opportunismus von Angèle. Im dritten Akt finden dann doch noch die Paare zueinander, René bekommt Angèle und Armand (Fritz Steinbacher) seine Juliette (Marie-Christine Haase).

Mit dem eher netten Hinweis auf die Gentrifizierung von Paris stimmt Regisseur Thomas Enzinger sanft sozialkritisch auf seine spritzige Komödie ein. Da wurde die Operette etwas modernisiert und entstaubt und heraus kam ein wunderbar kurzweiliges Bühnenschmankerl. Aus der Zeit vom Anfang des Jahrhunderts (die Operette wurde 1909 im Theater an der Wien uraufgeführt) wurde ein nicht so genau definiertes Art-Deco-Ambiente. Aus der Opernsängerin Angèle wurde eine emanzipierte Modedesigerin. Im zweiten Akt gibt es dann auch keine Ariensoirée sondern eine Modeschau.

Gab der Chor schon im ersten Akt eine muntere Karnevalsrotte, wurde diese noch ergänzt durch ein Tanzensemble, das pantomimisch die Handlung ergänzte. Und wer im dritten Akt befürchtete, dass nun nur noch ein langweiliges Happy End kommt, wurde überrascht von einer quirligen Johanna Schoppa als Gräfin Stasa Kokozow mit feuerroten Haaren, die sich mit wunderbar russischem Akzent vorstellte. In der Originalhandlung erfährt man nur, dass Fürst Basil eine uralte Gräfin heiraten soll. In Dortmund wird diese persönlich eingeführt und mischt noch einmal die Handlung auf. Und mit ihrem witzigen Couplet hatte Johanna Schoppa das Publikum sofort auf ihrer Seite – auch das aus Schalke.

Klaus J. Loderer
Besuchte Vorstellung: 5. Februar 2014
Oper Dortmund 



Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Skandal: Enrico Caruso und die spektakuläre Trennung von Ada Giachetti

Vor der Oper: das historische Café Rommel in Erfurt

Buchbesprechung: Paul Abraham, der tragische König der Operette – eine Biographie von Klaus Waller