Friedhofskapelle Backnang

Die Friedhofkapelle in Backnang wurde renoviert 

Neue Prinzipalstücke von Bildhauer Matthias Eder 

Der 22. November 2014 war ein überraschend sonniger und warmer Herbsttag. Die Strahlen der Sonne brachen durch die farbig verglasten Spitzbogenfenster und tauchten den Innenraum der frisch renovierten Friedhofkapelle auf dem Backnanger Stadtfriedhof in ein mildes Licht. Hell und licht wirkte der Raum trotz der braun gefassten Holzdecke. Die Reden waren gehalten und die Segensworte gesprochen worden, und durch die nun endlich geöffnete Tür strömten die Gäste der feierlichen Wiedereinweihung der über viele Jahre schändlich zweckentfremdeten Kapelle in den Innenraum und staunten freudig überrascht. Sie ließen sich gefangen nehmen von der fröhlichen Stimmung des Raums. Und sie bewunderten die modernen Zutaten, den schlanken Block für das Gedenkbuch und den breit gelagerten Altarblock weiter hinten, beide in feiner Materialität. Sie ließen den Blick wandern über die Kerze im Chor und über das Marmorrelief bis zum Rundfenster, dessen Glasbild in kräftigen Farbtönen mystisch leuchtete.


Der von Matthias Eder gestaltete Altarblock in der Friedhofskapelle Backnang
Foto: Klaus J. Loderer

In mehrjähriger Arbeit wurde die neogotische Backnanger Friedhofkapelle renoviert. Zur Unterstützung des Projekts hatte sich 2008 ein Förderverein gebildet, der die Renovierung mit 165000 Euro unterstützte. Insgesamt kostete die Renovierung 580000 Euro.

Teil der Renovierung war auch eine Konzeption zu einer neuen Nutzung. In den letzten Jahrzehnten war die Kapelle als Lagerraum benutzt worden. Für die Trauerfeiern steht die größere Aussegnungshalle zur Verfügung. Dem Förderverein, der eng mit dem Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsoge zusammenarbeitete, schwebte von Anfang an eine Erinnerungsstätte an die Gefallenen und Opfer des Zweiten Weltkriegs vor. An diese erinnert nun ein in der Kapelle ausliegendes Gedenkbuch mit den Namenslisten. Zur Neugestaltung wurden verschiedene Künstler zu einem Wettbewerb eingeladen. Der Entwurf des Leonberger Bildhauers Matthias Eder wurde von der Jury schließlich zum Sieger gekürt.


Blick in den frisch renovierten Innenraum der Backnanger Friedhofkapelle. Der Künstler Matthias Eder sitzt links
Foto: Klaus J. Loderer

Die Jury bevorzugte den Entwurf des Leonberger Steinbildhauers Matthias Eder. Er ging vom zu erhaltenden zentralen Kreuz im Fußboden aus und betonte so »die Konzentration auf die Mitte«. Für die beiden Prinzipalstücke Altar und Pult für das Gedenkbuch schlug er eine bipolare Anordnung im Raum vor. Da der Altarwürfel im Chor zu eingezwängt gewirkt hätte, wurde dieser vor den Chorbogen gerückt. An der Seite Richtung Türmchen steht eine schlankere Stele zur Aufnahme des Gedenkbuchs. Mit der besonderen Materialität, mit Harz zusammengesetzte kleine Sandsteinstücke, sollte eine massige Wirkung der beiden Quader vermieden werden. In den Fußboden eingelassene Begriffe sollen den Besucher mahnen. Im Chorbogen wird ein metallener Kerzenleuchter aufgestellt. An den Wänden entlang angeordnete »Hocker« sollen zum Sitzen einladen.

Noch einige biographische Worte zu Matthias Eder. Er wurde 1968 geboren. Nach einer Steinbildhauerlehre bei seinem Vater, dem Bildhauer Leonhard Eder, und der Meisterprüfung studierte er an der Akademie für gestaltende Handwerke in Aachen und an der Stuttgarter Kunstakademie. Seit 2000 ist er als freischaffender Künstler tätig. Er arbeitet in Leonberg im ehemaligen Frauengefängnis, das er zu einem privaten Kunstzentrum ausgebaut hat. Neben zahlreichen Skulpturen hat er für mehrere Kirchen die Prinzipalstücke entworfen, so für die evangelische Kirche in Lohrbach, die Pauluskirche in Konstanz, die evangelische Stadtkirche in Ludwigsburg und für die Peterskirche in Heidelberg.

Klaus J. Loderer


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