Salieris Falstaff – Theater an der Wien – 2016
Heruntergekommener Ritter umgarnt zwei Frauen
Antonio Salieris „Falstaff“ im Theater an der Wien
von Klaus J. Loderer
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Her Majesty is not amused: „Falstaff“ von Salieris im Theater an der Wien: Christoph Pohl als Falstaff
Foto: Herwig Prammer
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Für Shakespeares Falstaff-Stoff hat sich Salieri eine muntere Musik ausgedacht,
die schon in der Ouverture vor sich hin tänzelt, kein Wunder, daß Regisseur
Torsten Fischer sich zum Tanz als wichtigem Element der Inszenierung
inspirieren ließ. Man mag sich an eine Tanzstunde erinnert fühlen, wenn der
Vorhang sich öffnet und die Damen und Herren des Chors in Ballgarderobe an den
Wänden des großen Saals (ein Saal zwischen Stadthalle, Schulaula und
Vereinshaus) entlang sitzen – oder eben in Vorbereitung eines festlichen
Ereignisses, wie man gleich erfährt. Die Highsociety von Windsor erwartet den
Besuch ihrer Majestät. Da ist man dann gleich im hier und jetzt. Es ist nicht Elizabeth
I., die diese Komödie übrigens sehr amüsiert haben soll, sondern Elizabeth II.,
die hier hereinschneit, gefolgt von Prinzgemahl und Prince Charles, und auch
Prinzessin Kate ist unschwer zu identifizieren. In diese noble Versammlung
geraten dann Laurel und Hardy, also Bardolf und Falstaff, die die Party schnell
aufmischen, also sich über Handtaschen und Bar hermachen. Aus der königlichen
Familie schälen sich dann die Paare Ford und Slender heraus.
Das Bühnenbild ist mittels der verschiebbaren Rückwand verkleiner- und
vergrößerbar. So kann dann Mrs Fords Bett auf der Bühne nach vorne rücken. Oder
im großen Raum wird Platz für eine großes Bassin, das dann am Ende des ersten
Akts mit einem Wasserfall gefüllt wird – wenn Sir John in die Themse befördert
wird. Es ist aber kein Wasser, mit dem das Bassin gefüllt wird, sondern eine
Unmasse weißer Kunststoffkugeln. Aus diesem Themse-Schwimmbad kriecht dann im
zweiten Teil Falstaff hervor. Und das Schwimmbad wird eifrig genutzt, um alle
mögliche Personen hineinzuwerfen.
Sehr eindrücklich inszeniert Torsten Fischer die Eifersucht des Mr. Ford. Der
taucht als Mr. Bond bei Falstaff auf, um seine Frau verführen zu lassen. Diese
war auch schon da, um Falstaff einzuladen – übrigens als Deutsche (der deutsche
Text und das teutonoitalische Geschwafel von Falstaff sind einfach köstlich).
Mr. Fords Eifersuchtsalpträume sind dann auch bildlich auf der Bühne
dargestellt, was besonders deutlich wird, wenn Mrs. Ford den gesamten
Herrenchor auf ihrem Bett verführt – so die Vorstellung des Mr. Ford.
Alles Zutaten zu einer unterhaltsamen Komödie, durch die dann immer wieder ihre
Majestät marschiert, mal not amused, mal very amused.
Musikalisch war das auch eine erfreuliche Aufführung mit René Jacobs am Pult,
der natürlich für feine Nuancenzeichnung berühmt ist und Musik des 18.
Jahrhunderts auch spannend zu dirigieren in der Lage und gewillt ist. Sehr fein
die Akademie für alte Musik Berlin. Und sehr spielfreudig und exakt der
Arnold-Schönberg-Chor.
Christoph Pohl singt einen frischen Falstaff, der zuerst ziemlich rundlich
ausgefüttert als Oliver Hardy herumtappst, dann aber zur Überraschung der Damen
Ford und Slender sich aus der Polsterung herausschält und zu ihrer Überraschung
plötzlich gar nicht mehr so unattraktiv aussieht. Es ergeht ihm dann trotzdem
übel am Ende: In der finalen Zaubershow wird er zur zersägten Jungfrau. Wer die
Fäden in der Hand hat, das ist aber Falstaffs Begleiter Bardolf, der die Partie
gewissermaßen als verhinderter Flamencotänzer durchtanzt und uns und die
Protagonisten als Tanzmeister durch das Stück geleitet.
Besuchte Vorstellung: 16. Oktober 2016
Theater an der Wien
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