Das Bett auf der Bühne
– Verdis „Ein Maskenball“ (Un ballo in maschera) im Nationaltheater München –
Wie "Don Carlo" in Düsseldorf stellte auch die nächste Verdi-Inszenierung ein Bett ins Zentrum des
Bühnenbildes. Im neuen "Maskenball" im Nationaltheater München, dessen Premiere
ich am Sonntag besucht habe, stand es in der Mitte eines großen runden Raumes
mit Marmorfußboden, in dem sich eine geschwungene Treppe nach oben wand
(Bühnenbild Heike Scheele). Auf den ersten Blick wirkte es so, als würde sich
die Treppe in einen nicht sichtbaren ersten Stock winden, bei genauerer
Betrachtung konnte man allerdings bemerken, daß man ab dem mittleren
Treppenabsatz die Treppe von unten sehen konnte und die Decke des Raums dem
Fußboden entsprach, auf dem natürlich auch wieder das Bett stand: oben war also
der gleiche Raum noch einmal verkehrt herum. Nach der Pause lag im oberen Bett
die Puppe des toten Riccardo, als Vorschau auf das drohende Ende. Die gesamte
Oper spielte in diesem Einheitsraum. Am Anfang tummelt sich der ausgelassene
Riccardo im blauen Morgenrock auf dem Bett. Im zweiten Akt bleibt er im Bett.
Die Seherin Ulrica kommt die Treppe herab – eine Erscheinung fast wie Erda im
Rheingold. Nach der Pause stolperte Regisseur Johannes Earth allerdings über
sein eigenes Konzept. Das Bett war nun das Ehebett von Amelia und Renato. Dass
dieser erstaunt ist, seine eigene Ehefrau in ihrem Schlafzimmer zu finden, aber
nicht darüber staunt, Riccardo im Morgenrock dort zu finden, das ist wenig
glaubwürdig. Eine nette Idee ist immerhin, daß Amelia eine neue Variante
findet, ihre Eheprobleme zu lösen: so versucht sie Renato mit einem Kissen zu
ersticken – und der Trank, den ihr Ulrica reicht, wirkt nun eher wie ein Gift
für den Ehemann. In der letzten Szene steht das Bett dann weiterhin mitten im
Ballsaal, in dem der Chor nun in sehr schönen Kostümen, die an die frühen
Zwanziger Jahre erinnern, auftritt. Ohne Masken wundert man sich dann aber,
warum sich die Leute eigentlich nicht erkennen, aber Logik ist ja viel zu
banal, als dass man daran in einer Inszenierung Rücksicht nehmen könnte. Am
Ende fällt dann als Leiche ein Riccardo-Statist auf das Bett (wie die Puppe
oben) und der echte Riccardo betrachtet die Szene wie von außen und folgt
Ulrica über die Treppe nach oben. Das war nun wiederum ein sehr sinnlicher
Moment.
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"Ein Maskenball" an der Bayerischen Staatsoper © Wilfried Hösl |
Immerhin sah die Aufführung hübsch aus. Die Kostüme von Gesine
Völlm waren sehr elegant (zwischen den üblichen Vogelscheuchenfetzen ist das ja schon
ganz innovativ) und das Art-Deco-Bühnenbild sah dekorativ aus. Man kann sich
allerdings schon fragen, warum man, wenn man eine Inszenierung im
Claus-Guth-Stil haben will, nicht gleich diesen engagiert. Der schafft es
nämlich auch, seine komplizierten Spiegelungen und Verdoppelungen logisch
durchzuführen. Denn so ist das Bühnenbild doch nur ein Abklatsch der
Claus-Guth-Produktion des Holländers in Bayreuth.
Immerhin war der Maskenball musikalisch ein Ereignis. Piotr Beczala als
Riccardo war nicht nur sehr elegant sonder auch im Gesang hinreißend. George
Betean war als Renato ebenso bemerkenswert wie Anja Harteros als Amelia und
Okka von der Damenau als Ulrica. Und Sofia Fomina trillerte einen ausgezeichneten Oscar.
Besuchte Vorstellung: Premiere 6. März 2016
Nationaltheater München
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