Ein Maskenball – Nationaltheater München – 2016

Das Bett auf der Bühne 

– Verdis „Ein Maskenball“ (Un ballo in maschera) im Nationaltheater München – 

von Klaus J. Loderer

Wie "Don Carlo" in Düsseldorf stellte auch die nächste Verdi-Inszenierung ein Bett ins Zentrum des Bühnenbildes. Im neuen "Maskenball" im Nationaltheater München, dessen Premiere ich am Sonntag besucht habe, stand es in der Mitte eines großen runden Raumes mit Marmorfußboden, in dem sich eine geschwungene Treppe nach oben wand (Bühnenbild Heike Scheele). Auf den ersten Blick wirkte es so, als würde sich die Treppe in einen nicht sichtbaren ersten Stock winden, bei genauerer Betrachtung konnte man allerdings bemerken, daß man ab dem mittleren Treppenabsatz die Treppe von unten sehen konnte und die Decke des Raums dem Fußboden entsprach, auf dem natürlich auch wieder das Bett stand: oben war also der gleiche Raum noch einmal verkehrt herum. Nach der Pause lag im oberen Bett die Puppe des toten Riccardo, als Vorschau auf das drohende Ende. Die gesamte Oper spielte in diesem Einheitsraum. Am Anfang tummelt sich der ausgelassene Riccardo im blauen Morgenrock auf dem Bett. Im zweiten Akt bleibt er im Bett. Die Seherin Ulrica kommt die Treppe herab – eine Erscheinung fast wie Erda im Rheingold. Nach der Pause stolperte Regisseur Johannes Earth allerdings über sein eigenes Konzept. Das Bett war nun das Ehebett von Amelia und Renato. Dass dieser erstaunt ist, seine eigene Ehefrau in ihrem Schlafzimmer zu finden, aber nicht darüber staunt, Riccardo im Morgenrock dort zu finden, das ist wenig glaubwürdig. Eine nette Idee ist immerhin, daß Amelia eine neue Variante findet, ihre Eheprobleme zu lösen: so versucht sie Renato mit einem Kissen zu ersticken – und der Trank, den ihr Ulrica reicht, wirkt nun eher wie ein Gift für den Ehemann. In der letzten Szene steht das Bett dann weiterhin mitten im Ballsaal, in dem der Chor nun in sehr schönen Kostümen, die an die frühen Zwanziger Jahre erinnern, auftritt. Ohne Masken wundert man sich dann aber, warum sich die Leute eigentlich nicht erkennen, aber Logik ist ja viel zu banal, als dass man daran in einer Inszenierung Rücksicht nehmen könnte. Am Ende fällt dann als Leiche ein Riccardo-Statist auf das Bett (wie die Puppe oben) und der echte Riccardo betrachtet die Szene wie von außen und folgt Ulrica über die Treppe nach oben. Das war nun wiederum ein sehr sinnlicher Moment.

"Ein Maskenball" an der Bayerischen Staatsoper
© Wilfried Hös
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Immerhin sah die Aufführung hübsch aus. Die Kostüme von Gesine Völlm waren sehr elegant (zwischen den üblichen Vogelscheuchenfetzen ist das ja schon ganz innovativ) und das Art-Deco-Bühnenbild sah dekorativ aus. Man kann sich allerdings schon fragen, warum man, wenn man eine Inszenierung im Claus-Guth-Stil haben will, nicht gleich diesen engagiert. Der schafft es nämlich auch, seine komplizierten Spiegelungen und Verdoppelungen logisch durchzuführen. Denn so ist das Bühnenbild doch nur ein Abklatsch der Claus-Guth-Produktion des Holländers in Bayreuth.

Immerhin war der Maskenball musikalisch ein Ereignis. Piotr Beczala als Riccardo war nicht nur sehr elegant sonder auch im Gesang hinreißend. George Betean war als Renato ebenso bemerkenswert wie Anja Harteros als Amelia und Okka von der Damenau als Ulrica. Und Sofia Fomina trillerte einen  ausgezeichneten Oscar.


Besuchte Vorstellung: Premiere 6. März 2016

Nationaltheater München

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