Don Giovanni – Ständetheater Prag – 2017

Mozarts „Don Giovanni“ im Ständetheater in Prag 

Ein weißer Neutralraum bietet den Hintergrund für den ersten Teil von Mozarts Don Giovanni im Ständetheater in Prag, übrigens das Uraufführungstheater dieser Oper. Klappen in den Seitenwänden ermöglichen Auftritte und Abgänge (Bühnenbild Jakub Kopecky). Eine Klappe an der Rückwand ist offen, durch einen Brandschaden, wie die rauchgeschwärzten Stellen andeuten. Mit Rauch und Asche wird gelegentlich gespielt. So rieselt die Asche des Komturs von oben auf den Boden. Rechts findet sich eine Art Minigewächshaus zum Schutz einer schwarzen Tulpe. Es kann in der Höhe wachsen, um gelegentlich Personen aufzunehmen und korrespondiert am Ende des Akts mit einem weiteren Gewächshaus im Hintergrund mit Bank und Storchennest. Auch Tulpen tauchen immer wieder auf: Der Bühnenfußboden tut sich auf und Tulpen stellen sich auf. Es ist ein Abend der Stilisierungen. Ein Bewegungschor ergänzt gelegentlich die Szene. Und auch die Figuren sind stilisiert. Die Kostüme kann man getrost als verunglückt bezeichnen, die nicht gerade schlanke Sängerin der Donna Anna wird völlig der Lächerlichkeit preisgegeben. Nicht viel besser Donna Elvira und Don Ottavio. Zerlinas Kleid überzeugt immerhin durch die Strickstruktur als bäuerliche Reminiszenz. Nur Leporello und Don Giovanni scheint die Sympathie der Kostümbildnerin Linda Boráros gegolten zu haben. Die Regie des Regieduos SKUTR folgt dann ungefähr der üblichen Handlung, manchmal derb akzentuiert: Zerlina zieht mehrmals demonstrativ das rote Höschen aus, wenn sie bei den Männern etwas erreichen möchte. Ob die Schlußszene des ersten Teils funktioniert, wenn Don Giovanni Zerlina auf dem Tisch, von allen sichtbar, verführt, sei einmal dahingestellt.

Für den Kleidertausch von Leporello und Don Giovanni im zweiten Akt hatte man eine nette Idee mit den Pappmasken, wodurch beide tatsächlich das Gesicht tauschten. Die Szene, in der Don Giovanni die Kumpanen Masettos verwirrt und irreleitet, ist gestrichen. Am Ende gab es dann einige alberne Ideen. Mangels Requisiten gibt es den Grabhügel des Komturs als Abendessen. Statt einer Höllenfahrt stirbt Don Giovanni im Vordergrund während im Hintergrund ein gleich gekleideter Knabe in einem verbrannten Gewächshaus sitzt. Die Schlussszene ist dann ganz gestrichen.

Von den Sängern sind vor allem Jiri Hájek als Don Giovanni und Jan Stáva als Leporello mit guten Leistungen zu nennen. Das Orchester des Nationaltheaters Prag bot unter der Leitung von Jan Chalupecky eine solide Leistung.

Klaus J. Loderer

10. Oktober 2017 (126. Vorstellung seit der Premiere am 9. Juni 2012)
Ständetheater Prag

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