Die Schöpfung – Eisenstadt – 2009

Gedenken an Haydns 200. Todestag

Höhepunkt des Haydn-Jahres: Festaufführung der »Die Schöpfung« in Eisenstadt

Zu den bekanntesten Werken des Komponisten Joseph Haydn gehört das Oratorium »Die Schöpfung«. Mit einer denkwürdigen Aufführung an Haydns 200. Todestag feierte Eisenstadt den bekannten Komponisten, der dort einen großen Teil seines Lebens verbrachte. Der große Saal des Esterházy-Schlosses bildete den festlichen Rahmen eines Konzerts, an dem der österreichische Bundespräsident Dr. Heinz Fischer, der slowakische Staatspräsident Ivan Gašparovic und der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl teilnahmen.

Die Aufführung der »Die Schöpfung« am 31. Mai bildete den Kern der Haydn-Gedenktage im Rahmen der diesjährigen Haydnfestspiele in Eisenstadt. Zum Programm gehörten Symphoniekonzerte mit dem Freiburger Barockorchester und der Academy of Ancient Music. Überhaupt steht Eisenstadt in diesem Jahr natürlich ganz im Gedenken an Joseph Haydn. Den Mittelpunkt bildet die vierteilige Ausstellung »Phänomen Haydn«. Ein umfangreicher Konzertzyklus erklingt in Schloss Esterházy. Die Bergkirche mit dem Haydn-Mausoleum bringt zahlreiche geistliche Werke Haydns. An seinem Todestag bildete die Schöpfungsmesse den Rahmen des Pfingstgottesdiensts.

Der Höhepunkt war aber »Die Schöpfung« am Pfingstsonntag. Dass dieses Oratorium in einem weltlichen Saal aufgeführt wird, hat übrigens eine alte Tradition. Da der Text freimaurerische Einflüsse aufweist und auf Miltons »Paradise Lost« basiert, durfte das Oratorium nicht in einer Kirche aufgeführt werden. Damit knüpft die Aufführungstradition übrigens an Händels Oratorien an, die ebenfalls in Theatern aufgeführt wurden. Die Uraufführung in privatem Rahmen fand 1798 im Palais des Fürsten Schwarzenberg in Wien statt. Die Öffentlichkeit konnte erst 1799 bei einer Aufführung im alten Burgtheater teilnehmen. Stilistisch steht »Die Schöpfung« am Ende von Haydns Werk. Sie bildet mit ihren ungewöhnlichen Harmonien das abschließende Meisterwerk Haydns und verweist mit ihren lautmalerischen Stimmungsbildern und musikalischen Illustrationen auf die Programmmusik des 19. Jahrhunderts. Eine Meisterleistung sind schon die einleitenden C-Moll-Akkorde, Sinnbild des chaotischen Ursprungs der Welt, aus der sich die Schöpfungsgeschichte entwickelt. Wie undenkbar sind ohne diese Klangmodulationen ein halbes Jahrhundert später Wagners Tristanvorspiel.

In Eisenstadt erfolgte die jetzige Aufführung im inzwischen Haydnsaal genannten großen Saal des Schlosses. Haydn war dort über viele Jahre als Hofkapellmeister der Fürsten Esterházy tätig. Der prächtige Barocksaal ist heute eine der wichtigen Stätten der Haydnpflege. Für die Österreich-Ungarische Haydn-Philharmonie und ihren Gründer Adam Fischer ist der Saal eine wichtige Heimstatt. Auch jetzt hatte der ungarische Dirigent Adam Fischer als ausgewiesener Haydn-Kenner die Leitung inne.

Mit besonderer Leuchtkraft und Durchsichtigkeit führte Fischer den Wiener Kammerchor und die Haydn-Philharmonie durch die umfangreiche Partitur. Die mit den Anfangsakkorden aufgebaute Spannung hielt Fischer über die ganze Aufführung durch. Mit schwärmerischer Üppigkeit gestaltete Fischer die lautmalerischen Effekte des Stücks. So erfuhr nach dem leisen Rezitativ im unvermittelten Crescendo zum Wort »Licht« der Orchesterpart einen besonders leidenschaftlichen Ausbruch. Zur hohen Qualität der Aufführung trugen natürlich auch die Solisten bei. Star der Aufführung war der Bassbariton Thomas Quasthoff. Die Sopranpartie übernahm Annette Dasch. Als Tenor trat Christoph Strehl auf.

»Eine Stimmung wie beim Neujahrskonzert« urteilte man in Österreich überschwänglich. Dazu trug auch bei, dass das Konzert in mehreren Ländern live im Fernsehen zu sehen war.

Übrigens erklang Haydns Schöpfung am Pfingstsonntag nicht nur in Eisenstadt. In einem weltweiten Verbund wurde die Schöpfung am 31. Mai in mehreren Ländern gespielt: darunter in Antwerpen, Warschau, Athen, Rom, Boston, Toronto und Seoul. In Wien erklang das Werk am Sonntagabend an geschichtsträchtigem Ort: in der alten Universitätsaula, in der auch schon 1808 die berühmte Aufführung zu Haydns Geburtstag stattfand. Das Konzert soll der letzte Auftritt Haydns in der Öffentlichkeit gewesen sein. Joseph Haydn starb am 31. Mai 1809 in den frühen Morgenstunden. Geschützdonner umtobte an diesem Tag Wien. Französische Truppen nahmen die Stadt ein. Vor Haydns Haus hielten französische Soldaten Wachen. Angeordnet hatte dies Napoleon persönlich – aus Verehrung für den Komponisten.

Klaus J. Loderer


Besuchte Vorstellung: 31. Mai 2009
Schloß Eisenstadt


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