Die lustige Witwe – Das Budapester Operettentheater im Deutschen Theater München – 2004
»Die lustige Witwe« am Deutschen Theater in München
Gastspiel des Budapester Operettentheaters
Wer einmal eine Operettenaufführung sehen wollte, in der der
Schwerpunkt der Inszenierung weder auf der politischen Problematik noch auf
selbstzerstörerisch veranlagten Charakter lag, der war beim Gastspiel des
Budapester Operettentheaters am Deutschen Theater in München genau richtig. Die
eher traditionelle Inszenierung von Lehárs Operette »Die lustige Witwe« hat das
Premierenpublikum am 10. August wohl auch besonders geschätzt, wie der tosende
Beifall anklingen ließ. In Budapest pflegt man Operette eben noch auf eine
gefällige Art und Weise. Miklós Fehér (Bühne) und Fanni Kemenes (Kostüme)
hatten dabei ein feines Gespür bewiesen, in ihrer Ausstattung die Zeit um 1900
lebendig zu machen. Mit pfiffigen Ideen konnte das Bühnenbild schnell
verwandelt und den jeweiligen Situationen angepasst werden. Natürlich erntete
das »Töfftöff«, mit dem Graf Danilo zu seiner Auftrittsarie hereintorkelte
viele Lacher. Die »Witwe« durfte dagegen stilecht in einer Kutsche erscheinen.
Zsuzsa Kalocsai verkörperte die Hanna Glawari stimmsicher als »Grande Dame«,
die aber vor Verführungsversuchen nicht zurückschreckt, um den Mann ihres
Lebens, eben den Grafen Danilo Danilowitsch (jener, der so gerne zu Maxim geht)
endlich in den Hafen der gemeinsamen Ehe zu bringen. Dessen Darsteller József
Virágh gab sich vielleicht fast etwas zu routiniert in seiner Tenorhauptrolle.
So aalglatt dauergrinsend sollte ein Graf Danilo vielleicht doch auch nicht
sein, sonst gerät er in die Reihe der Millionenliebhaber, der er doch nicht
sein möchte.
Noch eine dritte Hauptrolle brachte diese besondere
Inszenierung hervor, nein, nicht Valencienne und Camille de Rossillon, auch
nicht Nyegyus - sondern: Olga Kromov. Bleibt diese Rolle sonst eher durch die
häufige Aufforderung ihres Ehemanns: »Olga, Du kokettierst schon wieder!« in
Erinnerung, sorgte Marika Oszvald schnell dafür, dass man diese Olga nicht so
schnell vergisst. In einem sonst gestrichenen Duett mit Károly Peller als ihr
Geliebter Raoul de Saint-Brioche zeigte sie nicht nur ihr Talent als Soubrette
sondern auch jenes als komödiantische Akrobatin. Singen, Tanzen, Beinewerfen,
damit spielte sich auch diese »Marika« in die Herzen des Publikums. Hin und weg
war das Publikum im dritten Akt, wenn das Grisettenballett aus dem Maxim einen
Privatauftritt bei Frau Glawari gibt und nun nicht, wie sonst üblich, durch die
Botschaftergattin Valencienne ergänzt wurde, sondern von Frau Kromov, die vom
Grisettenverehrer Nyegus schon als Exgrisette geoutet worden war. Zwei Zugaben
wurden eingefordert, danach ließ sich Marika Oszvald demonstrativ auf den
Bühnenboden plumpsen und hinaustragen.
Zu den bekannten Witwen-Ohrwürmern kamen in dieser Aufführung
noch einige dazu, gab es doch eine sehr ausführliche Fassung mit einigen
Nummern, die üblicherweise nicht zu hören sind, und breitem Raum für das
Ballett im zweiten Akt. László Makláry dirigierte das Orchester des Budapester
Operettentheaters flott aber differenziert und trug eifrig zum besonderen
Operettenzauber bei. Zeigte das Publikum schon beim Zwischenapplaus seine
Zustimmung, bedankte es sich zum Schluss mit stürmischem Beifall, sodass das
Ensemble um einige Reprisen des Finales nicht herumkam.
Die nicht mehr ganz frische Inszenierung Miklós Szinetárs
überzeugte also immer noch. Übrigens ist das Budapester Operettentheater
regelmäßig im Deutschen Theater in München zu Gast. Der Auftritt in diesem
Sommer war sogar ein Jubiläum. 1984, also vor 20 Jahren, fand das erste
Gastspiel statt. Freuen wir uns also auf das nächste Sommergastspiel.
Klaus J. Loderer
Besuchte Vorstellung: 10. August 2004
Deutsches Theater München
(Gastspiel Budapester Operettentheater)
(Gastspiel Budapester Operettentheater)